Sie will einfach keine Ruhe geben, die Plochinger Steige in Kirchheim. Stetig bewegt sich der Hang nach unten - und nimmt die Landesstraße zwischen Kirchheim und Wernau mit. Die Verkehrsteilnehmer werden unweigerlich Zeugen dieses natürlichen geologischen Prozesses. Das Abdriften hin zur Talseite ist nicht zu übersehen. Wer die Steige abwärts fährt, gerät automatisch in leichte Schieflage.
Das ist nicht zum ersten Mal der Fall. Kaum generalsaniert im Jahr 2014, folgten Belagsarbeiten auf Belagsarbeiten, um die gröbsten Unebenheiten wieder auszubügeln. Einzig der Bereich in der großen Kurve bleibt stabil. Die Straße wurde hier mit dem festen Gesteinskern des Hangs mittels starker Eisenstreben verankert, der Fachmann spricht von der rückverhängten Bohrpfahlwand. Während oben die Straße also hält, ist das Gegenteil direkt am Hang darunter der Fall. Nicht zu übersehen ist der beachtliche Hangrutsch. Die Pfeiler der betonierten Bohrpfahlwand liegen seit Jahren meterhoch frei. Das Erdreich ist schnell nach Ende der Bauarbeiten 2014 der Schwerkraft gefolgt. Das lose aufgeworfene Erdreich fand nirgends Halt.
„Die Plochinger Steige liegt in einem Bereich mit sehr anspruchsvollen geologischen Verhältnissen“, erklärt Josephine Palatzky, Pressereferentin beim Regierungspräsidium Stuttgart, das für die L 1207 zuständig ist. Grund für die Rutschung im Kurvenbereich ist eine in etwa zehn Metern Tiefe liegende natürliche geologische Rutschfläche. „Eine im Jahr 2014 durchgeführte Baugrunduntersuchung ergab, dass sich der Hang entweder auf der Grenzfläche zwischen zwei Schichten oder durch Wasserführung innerhalb der Kalksteinbänke im oberen Bereich des sogenannten Schwarzjura beta bewegt“, beschreibt Josephine Palatzky die Situation.
Aus diesem Grund wurde im Bereich der Ötlinger Halde daher die Bohrpfahlwand zur Stabilisierung des Straßenkörpers gebaut. „Die Bohrpfahlwand wurde so weit geführt, dass die tiefstmögliche Rutschbahn gehalten wird. Die Straße konnte durch diese Bohrpfahlwand stabilisiert werden, der tiefer liegende Hang jedoch nicht“, sagt sie zu den damaligen Bauarbeiten. Regelmäßig wird seitdem die Setzung an der Straße gemessen. Mit Kontrollmessungen an der Bohrpfahlwand können so eventuelle Veränderungen, zum Beispiel eine Schiefstellung der Pfähle, frühzeitig erkannt werden. „Derzeit wird eine erdstatische Beurteilung durchgeführt, deren Ergebnisse voraussichtlich im Frühjahr vorliegen werden“, so Josephine Palatzky.
„Auf Grundlage dieser Ergebnisse wird anschließend ein Sanierungskonzept für die Böschung in enger Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde und den anliegenden Grundstückseigentümer erstellt“, nennt sie einen groben Zeitplan und beruhigt: „Der Straßenkörper wird durch die abgerutschte Böschung nicht beeinträchtigt.“
Auch außerhalb des Kurvenbereichs treten aufgrund der geologischen Verhältnisse immer wieder Risse im Straßenoberbau auf. Zuletzt wurde daher 2018 ein Teil der Straße saniert. Auch für 2021 ist in Teilbereichen eine Erneuerung der Asphaltbefestigung vorgesehen. Die Arbeiten werden durch das Land Baden-Württemberg finanziert und vom Straßenbauamt des Landkreises Esslingen ausgeführt.
Die Regelungen zum Lkw-Verkehr machen sich nach Auskunft des Landratsamtes Esslingen am straßenbaulichen Zustand der Plochinger Steige nicht signifikant bemerkbar. Auf der Plochinger Steige dürfen große Brummis nur im direkten Lieferverkehr fahren. Durch die Sperrung der Ortsdurchfahrt Notzingen wird eine Fahrtrichtung über die L 1207 umgeleitet, und zwar von Wernau in Richtung Kirchheim. „Das dadurch erhöhte Verkehrsaufkommen hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Rissbildung an der Plochinger Steige“, sagt Josephine Palatzky.