Kirchheim
Die Täuflinge der Kloster-Deifel haben nichts zu lachen

Fasnet Zahlreiche Besucherinnen und Besucher sowie Zünfte kamen zur 19. Narrentaufe nach Kirchheim – gute Musik und eklige Prüfungen inklusive. Von Sabine Ackermann

"Deifel, zwei Jahre warst du in den Tiefen der Hölle gefangen, komm heraus und zeig dich dem Volk und beginn mit der Fasnet in Kirchheim“, ruft Holger Böhm seinen vermutlich garstigsten Mephisto nach zweijähriger Untätigkeit durch den Nebel ans Tageslicht – 80 Mitglieder, darunter etwa 60 Aktive, und vier Täuflinge. „Heute sind fast alle da“, freut sich der Zunftmeister der Kloster-Dei­fel über das „bunte Wahnsinnsbild“ der zahlreichen Besucherinnen und Besucher sowie befreundeten Narrenzünfte, die mit Kind und Kegel aus Nah und Fern gekommen sind. „Schön, dass es auch dich hierher geschlagen hat, in sechs Wochen bist du dran“, begrüßt Holger Böhm den hinter der Bühne stehenden Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader. Dann war es Zeit, die Häs abzustauben, mit einem dreifachen: „Kloster-Dei­fel, wo na? D’Höll na! Fürchtet euch nicht“, holt der Zunftmeister im Namen der streng kontrollierenden Häswartin seine Dei­fel auf die Bühne, die sich dann bewaffnet mit Klobürsten gegenseitig vom Staub befreien.

Die wilden Kloster-Deifel drehen nach zwei Jahren Zwangspause voll auf. Foto: Sabine Ackermann

Nach der Geschicklichkeitsprüfung – an ein Seil gebundene Christbaumkugeln aus eigener Kraft in einen umgeschnallten Becher zu befördern – war Trinken und Essen angesagt. In weißer Schutzausrüstung gekleidete Vollstrecker versorgten die vier Täuflinge, deren Hände hinterm Rücken zusammengebunden waren, als erstes mit einem berauschenden Getränk, wozu einer motivierend sagt: „Ich würde es nicht trinken, Krötenschleim, Stierblut und Gurkenwasser“. Danach wurde jedem Täufling löffelweise ein speziell angerichteter Brei aus Haferflocken, Thunfisch und Mehlwürmern, pikant gewürzt mit Chili, Knoblauch und Zwiebeln in den Mund geschoben. Hatten sie das mehr oder weniger freiwillig geschluckt, bekamen sie hinterher noch eine Würz-Ladung voller Ketchup und Senf, garniert mit feiner Asche und Sägespänen auf die Kleidung.

Das Schlimmste ist geschafft: Nach der Prozedur durch die Vollstrecker dürfen die Täuflinge ihr Häs anziehen und müssen nur noch eine Sektdusche über sich ergehen lassen. Foto: Sabine Ackermann

Davor und zwischendurch sorgen die „Guggamusigger Rommdreibr“ aus Rechberghausen für Stimmung, was augenscheinlich Emil, den jüngsten Spross der Narrenzunft „Mühlenhexen“ aus Mühlhausen im Täle, schwer beeindruckt. Zuschauen, kurz sammeln und dann loslegen – unglaublich, wieviel Rhythmus der zuckersüß gekleidete Bub, der in sechs Wochen zwei Jahre alt wird, im Blut hat und diesen kontinuierlich vor seinem begeisterten Publikum auf dem Marktplatz umsetzt. „Das hier ist eine sehr schöne Veranstaltung“, findet Claudia Lunardi, und Emils Oma ergänzt: „Unsere Täuflinge werden am Mühlenrad mit Filswasser getauft.“ Gleichfalls aus dem Nachbarkreis, waren die „Vulkanierer Aichelberg“ bei der Kirchheimer Narrentaufe dabei. Weitere Narrenzünfte waren unter anderem „D’Gartazwergla“ aus Unterensingen, die „Plochinger Waldhornhexa“ und natürlich die „Wasserburg-Hexa“, die sich 2012 in Kirchheim gegründet haben und keinesfalls in Konkurrenz zu den Deifeln stehen, sondern sie mit ihrer Anwesenheit unterstützen wollen. Natürlich ist auch ein bisschen Schadenfreunde dabei, wenn, wie „Groscha-Hex“ Denise Handke bereits im Vorfeld vermutete, es für die Täuflinge etwas „quer durch die Metzgerei püriertes zu essen gibt.“

„Am schlimmsten waren die Sägespäne“, verrät Kim Weber aus Kirchheim, die mit 13 Jahren das Küken unter den Täuflingen ist. „Wir sind stolz auf sie, sie setzt die Tradition fort“, freuen sich Horst und Sabine Draeger aus Wernau, dass ihre Tochter Winona alles mitgemacht hat. Und was sagt die 22-jährige frischgebackene Deifelin zu dieser Prüfung? „Das Trinken war schlimm, es schmeckte extrem bitter und säuerlich.“ Ganz unterschiedlich bewertete das Ehepaar Kevin und Bianca Lange aus Dettingen die Prüfung. Während die 25-Jährige für das Prozedere nur das Wort „hässlich“ übrig hat, nimmt es ihr vier Jahre älterer Gatte bedeutend lockerer: „Ich habe es mir schlimmer vorgestellt.“ Zunftmeister Horst Böhm zeigt sich mit dem Ablauf und insbesondere mit seinen Täuflingen zufrieden: „Die haben alles klasse mitgemacht.“

 

InfoDie Kloster-Deifel haben in Kirchheim zwei weitere fixe Termine: Am Sonntag, 12. Februar, findet der große Fasnetsumzug mit 2000 Narren statt, Start um 14.14 Uhr am Ziegelwasen. Am Donnerstag, 16. Februar, wird um 17.17 Uhr das Rathaus gestürmt.