Kirchheim
Digitale Steinzeit in den letzten Zügen

Breitbandversorgung Der Ausbau des Glasfasernetzes im Landkreis geht zügig voran. In den kommenden beiden Jahren soll in fast jeder Gemeinde der Startschuss fallen. Von Bernd Köble

Bempflingen ist nicht überall. Der 3400-Einwohner-Flecken am südwestlichen Rand des Landkreises Esslingen ist Modellgemeinde bei der Breitbandversorgung. Wer in Bempflingen im Internet surft, der surft seit diesem Jahr schnell, sofern er einen entsprechenden Anschluss beantragt hat. Genauer: mit einer Download-Geschwindigkeit von bis zu einem Gigabit pro Sekunde - dank Glasfasertechnik. Bempflingen ist eine von wenigen Ausnahmen, denn die Realität beim Datenfluss sieht noch immer anders aus. Lediglich zwei Prozent der Anschlüsse im Kreis verfügen über Glasfaser. Das ist im europäischen Vergleich erschreckend wenig. Die gute Nachricht: Es geht voran. Der Breitbandausbau verzeichnet deutliche ­Fortschritte. Das war die Botschaft bei der vierten Verbandsversammlung des Zweckverbands Breitbandversorgung im Landkreis Esslingen, die gestern coronabedingt zum ersten Mal per Videokonferenz stattfand. Immerhin reibungslos und ohne Standbilder.

Die Entwicklung in Zahlen: 55 Projekte sind derzeit in Planung. 53 000 Anschlüsse kamen seit Gründung des Zweckverbands im Februar 2019 hinzu. Allein in diesem Jahr wurden von der Tele­kom als Partner mehr als 420 Kilometer Glasfaserkabel verlegt und 103 Netzverteiler in Betrieb genommen. Das meiste davon in Gewerbegebieten und in Städten wie Kirchheim, Esslingen oder Ostfildern. Aber eben nicht nur dort. Auch in Lichtenwald oder Wolfschlugen. Im Dettinger Gewerbegebiet sind die Bauarbeiten bereits abgeschlossen, für Weilheim werden derzeit Fördermittel beantragt, dort läuft noch die Planungsphase.

Für Landrat Heinz Eininger heißt das: Die ursprünglichen Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet. „Dass zuerst die großen Städte ausgebaut werden und erst in den Jahren bis 2030 die kleineren Kommunen an der Reihe sind, ist nicht eingetreten“, stellt Eininger zufrieden fest. Er sei zuversichtlich, dass innerhalb der nächsten zwei Jahre in nahezu jeder Gemeinde im Kreis zumindest der Startschuss falle. 36 der 44 am Zweckverband beteiligten Kommunen sollen bereits 2022 angeschlossen sein. Viele davon kommen durch den Anschluss förderfähiger Schulen zum Zug - und dank Millionen von Bund und Land. 778 Millionen Euro steckt allein Baden-Württemberg in die Breitbandversorgung. Im Landkreis Esslingen wurden bisher rund 29 Millionen Euro in den Ausbau investiert.

Wie schnell es geht, hängt nicht nur an Bauvorhaben einzelner Gemeinden, an die die Arbeiten in der Regel gekoppelt werden, sondern auch am Interesse der Kunden. Der Erfolg der sogenannten Vorvermarktung ist wichtiger Motor. IHK und Kreishandwerkerschaft haben deshalb in den zurückliegenden Monaten kräftig die Werbetrommel in ihren Mitgliedsbetrieben gerührt. Offenbar mit Erfolg: In 15 Gewerbegebieten im Landkreis sind bereits die Bagger am Werk, in acht weiteren steht der Baustart kurz bevor. Für die Bevölkerung bedeutet das in den kommenden Jahren vielerorts: Augen und Ohren zu und durch. Nicht jeder freue sich über Baukrach und Löcher in der Straße, gibt der Landrat zu bedenken. Vielleicht hilft es ja, wenn man die Dinge beim Namen nennt. Für Eininger hieße das: „Zukunftslärm“.