Kirchheim

Drohende Klage bremst Foodtrucks aus

Veranstaltung Beschwerden von Anwohnern verhindern die dritte Auflage des Kirchheimer Streetfood-Festivals auf dem Rollschuhplatz. Nun sorgt der Umzug auf die Hahnweide für Diskussionen. Von Günter Kahlert

Truck-Essen auf dem Rollschuhplatz genießen, hier 2017, ist passé. Wegen des Lärms drohen die Anwohner mit Klage.Archiv-Foto: Ge
Truck-Essen auf dem Rollschuhplatz genießen, hier 2017, ist passé. Wegen des Lärms drohen die Anwohner mit Klage.Archiv-Foto: Genio Silviani

Zweimal hat das Streetfood-Festival auf dem Rollschuhplatz stattgefunden, jetzt ist es bereits wieder Geschichte. Zumindest an diesem Standort. Der Kirchheimer Event-Profi Gunnar Stahlberg zieht mit dem Foodtruck-Tross auf die Hahnweide - aber nicht freiwillig.

Bis Ende Februar scheint alles normal, die Vorbereitungen zur dritten Ausgabe der Veranstaltung laufen bestens. Die Foodtrucks sind ausgesucht und haben den Termin an Pfingsten reserviert. Die Resonanz 2017 war bemerkenswert, mehr als 15 000 Besucher kamen an den sechs Tagen auf den Rollschuhplatz, ein großer Teil von auswärts. - Eigentlich ein Ergebnis, das nicht nur Gunnar Stahlberg Laune macht, sondern auch dem Stadtmarketing. Alles scheint also klar zu sein, die endgültige Genehmigung nur noch Formsache.

Dann der Anruf von Bürgermeister Günter Riemer: 2018 keine Foodtrucks auf dem Rollschuhplatz. „Das war für mich ein Schock“, schildert Gunnar Stahlberg das Telefonat. Was war geschehen? Auf Nachfrage kommt der Bürgermeister schnell auf den Punkt. Anwohner hatten sich beschwert, und bei den darauffolgenden Gesprächen im Kirchheimer Rathaus wurde es massiv: Klageandrohung auf Basis der „Freizeitlärmrichtlinie“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI). Klingt kompliziert, ist es auch. Ein elfseitiges Werk, das eindeutig ein Fall für Fachingenieure und Rechtskundige ist. „Unsere Juristen haben das geprüft und meinten, wir hätten vor Gericht ziemlich schlechte Karten“, erzählt Günter Riemer. Dass die Stadt keinen langwierigen und teuren Prozess riskieren will, erscheint vor diesem Hintergrund logisch. Also keine erneute Genehmigung für das Streetfood-Festival an diesem Standort.

Vergisst Kirchheim die Jungen?

Für Andreas Kenner, Kirchheimer Gemeinderat und SPD-Landtagsabgeordneter, könnten die Vorgänge zu einem prinzipiellen Problem für die Stadt werden. „Wir diskutieren die Überalterung der Stadtgesellschaft, und dann lagern wir eine Veranstaltung, die in hohem Maße 20- bis 30-Jährige anzieht, wegen einiger, weniger Beschwerden und der Klageandrohung eine Bürgers auf die Hahnweide aus. Das ist paradox!“, meint Kenner. Nach einem Bericht im Teckboten über die Aktivitäten des Kirchheimer Stadtmarketings platzte ihm der Kragen. Er schrieb einen offenen Brief an die Gemeinderatskollegen und die Stadtverwaltung. „All die aufgeführten Angebote haben ihre Berechtigung, sind jedoch unbestritten etwas für die Generation 50+ XXL“, so Kenner, „wir müssen aufpassen, nicht zur Seniorenstadt zu werden.“ Veranstaltungen wie das Streetfood-Festival seien die „allerbeste Werbung“ für die Stadt, nie habe man in Kirchheim über Pfingsten mehr Menschen von außerhalb hier gesehen. Andreas Kenner möchte das ganze Thema auch in den Gemeinderat bringen: „Wir müssen uns klar darüber werden, wo wir eigentlich hin wollen und welches Leben wir in der Stadt wollen.“

Natürlich wurde nach dem Telefonat zwischen Gunnar Stahlberg und Günter Riemer eilends nach Alternativen gesucht. Schlossplatz? Ist zu klein und birgt das gleiche Problem. Martinskirchplatz? Wurde von der evangelischen Kirchengemeinde abgelehnt. Am Schlossgymnasium? Logistische Probleme, etwa mit Strom. Ziegelwasen? Dort ist die Zahl der zulässigen Veranstaltungen bereits erreicht.

Am Ende wurde es die Hahnweide, genauer gesagt das Gelände, das jeden Mittwoch für die Baumschulbörse des Landesverbandes der baden-württembergischen Baumschulen genutzt wird. Das bedeutet für Gunnar Stahlberg und sein Team zusätzlichen Planungsaufwand und höhere Kosten. „Das Gelände hat einen komplett anderen Charakter und eine andere Infrastruktur als der Rollschuhplatz. Wir müssen allein 11 000 Euro für einen Stromgenerator bezahlen“, meint der Event-Macher bedauernd. Aber er zieht es durch, am Pfingstwochenende vom 17. bis 21. Mai.

Ob der Rollschuhplatz mit der Verlegung des Streetfood-Festivals als Veranstaltungsort schon aus dem Schneider ist, erscheint ungewiss. Günter Riemer: „Wir wissen von einer weiteren Gruppe von Anwohnern, die gerade eine Unterschriftensammlung veranstaltet, um eine Klage vorzubereiten. Die drücken massiv.“ Man fragt sich, welche Veranstaltung als nächste vom Rollschuhplatz verschwindet.