Kirchheim

Ein Leben im Dienst des Teckboten

Nachruf Dr. Claus Gottlieb war von 1957 bis 2002 Verleger der Kirchheimer Zeitung.

Dr. Claus Gottlieb ist im Alter von 94 Jahren verstorben. Foto: pr

Kirchheim. Dr. Claus Gottlieb ist am Mittwoch im Alter von 94 Jahren verstorben. Fast die Hälfte seines Lebens – ganze 45 Jahre lang – hat er als Verleger die Geschicke des Teckboten gelenkt, in seiner ihm eigenen, ruhigen und sachlichen Art. 1957 war er im Alter von 28 Jahren in das Familienunternehmen eingetreten, als Vertreter der vierten Generation. Bis 1976 beziehungsweise 1977 war er der „Junior“ an der Seite von Dr. Max Gottlieb und Willy Wirtz jun. Trotzdem hat er bereits frühzeitig große Verantwortung übernommen, denn der Bau des Verlagsgebäudes in der Alleenstraße 158 war Ende der 50er-/Anfang der 60er-Jahre ganz wesentlich sein Werk.

Die Notwendigkeit für den Neubau war ihm beim Eintritt ins Unternehmen bewusst geworden: 1957 herrschte im „Alten Teckboten“ so eine drangvolle Enge, dass er noch nicht einmal einen eigenen Schreibtisch hatte. Vorrangig ging es Claus Gottlieb allerdings immer um seinen Betrieb, um nicht zu sagen, um seine Betriebe. Verlag und Druckerei, beides lag ihm in gleicher Weise am Herzen, und in beiden Sparten konnte ihm keiner so leicht etwas vormachen.

Das zeigte sich schon bei seinem beruflichen Werdegang, der sowohl dem Druckerei- als auch dem Zeitungswesen gewidmet war. Auf die zweijährige Buchdruckerlehre in Geislingen, wo er auch seine spätere Ehefrau Ursula kennenlernte, folgte 1951 der Wechsel nach München. Dort besuchte er die Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker, die er 1953 als Diplom-Buchdrucker verließ. Parallel dazu absolvierte er an der Universität München ein Zeitungswissenschaftliches Studium, das er bereits 1955 mit einer Promotion über die familieneigene Zeitung abschloss.

Erste berufliche Sporen erwarb sich Dr. Claus Gottlieb 1956 und 1957 als Verlagsleiter beim Oberbadischen Volksblatt in Lörrach, bevor er 1957 in die elterliche Firma eintrat. Neuerungen während seiner 45-jährigen Tätigkeit für Verlag und Druckerei des Teckboten betrafen die Zeitungsdruckmaschinen ebenso wie die fortschreitende Digitalisierung in allen Bereichen des Unternehmens. In den 1980er-Jahren folgte der Neubau in der Einsteinstraße – zunächst mit einer Halle für die Rotationsmaschine und im zweiten Bauabschnitt mit weiteren Gebäudeteilen für die Akzidenzdruckerei.

Berufsbedingt übte Claus Gottlieb zahlreiche ehrenamtliche Tätigkeiten aus. So war er beim Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger Mitglied im Hauptausschuss sowie Vorsitzender des Anzeigenausschusses, Delegierter beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, Aufsichtsrats- und später Vorstandsmitglied des Südwestdeutschen Zeitungsverbands, ordentliches Mitglied im Aufsichtsrat der Stuttgarter Zeitungsverlags-GmbH, Mitglied des Vorstands der Bezirksvereinigung Stuttgart des Verbands der Druckindustrie und Vorsitzender der Meisterprüfungskommission für das Druckgewerbe der Industrie- und Handelskammer Stuttgart. Wesentlich war auch sein Engagement als Mitglied im Redaktionsbeirat der Südwest Presse. Seit Februar 1968 bezieht der Teckbote seinen Mantelteil von der Südwest Presse aus Ulm. Zuvor war der Teckbote Teil des Südwestdeutschen Zeitungsverbands gewesen.

Neben allen diesen Aufgaben fand Claus Gottlieb noch Zeit, sich als ehrenamtlicher Arbeitsrichter beim Arbeitsgericht Stuttgart zu betätigen, als Vorsitzender des Verkehrsvereins Teck-Neuffen und als Vorstandsmitglied des Kirchheimer City-Rings. Nicht zu vergessen sein Engagement als Gründungsmitglied des Lions-Clubs Nürtingen-Kirchheim oder auch als Mitglied im Schneelaufverein Lenninger Tal. Die Berge waren seine Leidenschaft – außerhalb der beruflichen Zwänge. Ob Wandern im Sommer oder Skifahren im Winter: Dort fand Claus Gottlieb Erholung vom Arbeitsalltag. Eine weitere Möglichkeit zur Ablenkung bot ihm das Klavierspiel. Sorgen, die ihn drückten, baute er beim Musizieren ab.
 

Wahre, tiefe Menschlichkeit

In Erinnerung werden alle, die ihn kannten, Claus Gottliebs wahre und tiefe Menschlichkeit behalten. Mitarbeiter waren für ihn stets Menschen und keine Handlungsgehilfen. Auch Kunden, Geschäftspartner oder Lieferanten bekamen von ihm keine groben Worte zu hören. Anders, als es heute in Unternehmen oft der Fall ist, schielte er nicht nur auf Geschäftszahlen und kurzfristige Erfolge. Ob im Betrieb oder in der Familie – stets war es ihm wichtig, alle Menschen gleichberechtigt und fair zu behandeln.

Die Unternehmensnachfolge ist mehr als geglückt: Ende 2002 konnte sich Claus Gottlieb aus der Geschäftsführung zurückziehen – im Vertrauen, dass sein Sohn Ulrich Gottlieb den Kurs beibehalten wird, und in dem Bewusstsein, dass er ihm als „Senior“ in keine Entscheidung hineinreden will.

Bei nachlassender Gesundheit konnte Claus Gottlieb vor wenigen Wochen noch seinen 94. Geburtstag im kleinen Kreis begehen. Es war sein Abschied – von der Familie, von Freunden und von Weggefährten. Andreas Volz