Kirchheim
Einblicke gewährt

Ausstellung Kunst macht bekanntlich erfinderisch. Da sich das Kornhaus derzeit im Umbau befindet und somit geschlossen ist, zeigt der Kunstverein seine Werke in den Fenstern. Von Florian Stegmaier

Mit Umbau und Sanierung des Kornhauses tätigt die Stadt Kirchheim eine vielversprechende Investition in die Zukunft der kommunalen Kultur. Allerdings zieht die mehrjährige Schließung den zeitweiligen Verlust zweier repräsentativer Galeriegeschosse nach sich, die von mehreren Institutionen bespielt wurden.

Eine davon ist der Kirchheimer Kunstverein, der aus der Not eine Tugend macht und derzeit mit einer Mitgliederausstellung in den Galeriefenstern der Kornhausarkaden präsent ist. Eine vielfältige Werkschau, in der auch das allbeherrschende Thema dieses Jahres Resonanz findet.

Rosemarie Beißers „Begegnungsmelder“ erschließt sich als Kommentar zur gesellschaftlich gebotenen Distanzwahrung: zwei auf Anhaftung gerichtete Saugglocken grätscht ein textiler Puffer ins Distanzlose. Unter dem Motto „Begegnung“ steht auch Inge Koderas Diptychon, während Frank Hummel in seiner Arbeit „undicht“ auf die Verwerfungen reagiert, die die Coronazeit im Land der Dichter und Denker nach sich zieht. Die säkulare, an einen Impfstoff geknüpfte Heilserwartung wäre eine Steilvorlage für die „Piussisters“ Angela Hildebrandt und Petra Pfirmann, die in der Gruppenausstellung mit sogenannten „Gnadenbildern“ vertreten sind. Mit dem Titel „in the year 2020“ aktualisiert Birgitta Goercke einen sozialkritischen Gassenhauer der 60er-Jahre und setzt hinter das zeitgenössische Geschehen dasselbe Fragezeichen wie Marianne Mandoki-Cecconi, die ihrer verschleierten Frau aus der Serie „Okzident meets Orient“ die bange Perspektive „2020 und jetzt?“ mitgibt.

Nicht nur „schwere Last“

Doch keineswegs alle Exponate tragen an der „schweren Last“, um es mit einem Werktitel von Hildegard Tögel zu sagen. In ihrer All-over-Struktur entfalten die „dalles lumineuses“ von Ursula Raven eine ebenso zeitlose Ästhetik wie Jörg Neffs abstrakte Landschaften, Elisabeth Fahrners Erkundung elementarer Qualitäten des Feuers oder Beate Hepperles atmosphärisch dichte Küstenstimmung. Die Welt des Floralen loten Arbeiten von Stephanie Koelle, Monika Ziegler, Ilse Ehrmann, Roswitha Eberspächer und Ute Beate Barz in diversen Techniken aus.

Die fokussierte Präsentation in gleich großen Parzellen schafft ein Netz von Querverweisen. So greift die an ein alchemistisches Gefäß gemahnende „Wäscherin“ von Judith Wenzelmann organische Formen in der Malerei von Kerstin Starkert auf. Deren gedämpfte Farbigkeit korrespondiert wiederum mit dem konzentrierten Gestus der Wachsarbeiten von Hanni Derr und schlägt eine Brücke zur grafischen Finesse, wie sie im künstlerischen Beitrag von Sigrid Petsch zu erkunden ist. Stehen Elke Kochs Materialbilder gekonnt auf der Schwelle zwischen Zwei- und Dreidimensionalität, findet Iris Langes offensiver vollplastischer „Blick in den Spiegel“ in der „Sommersehnsucht“ von Richard Umstadt sein nach innen gekehrtes Gegenstück. Als gestaltgewordene Krise der Repräsentation und als Botschafterin eines erfrischend subversiven Humors steht die „Bürstenpflanze“ von Uwe Schwarz da.

Die Mitgliederausstellung des Kirchheimer Kunstvereins in den Arkadenschaufenstern des Kirchheimer Kornhauses ist noch bis Anfang kommenden Jahres zu sehen.