Kirchheim

Eine schmuddelige Angelegenheit

Stadtbild Die Brunnen in Kirchheim sind nicht überall eine Augenweide. Manche sind ausgetrocknet, und am ­Rossmarkt blühen die Algen, sodass Eltern dort ihre Kinder nicht planschen lassen können. Von Iris Häfner

Der Sommer war heiß, das Bedürfnis nach Abkühlung dementsprechend groß. Deshalb fiel es vielen Eltern mit Kindern besonders ins Auge, in welch unbefriedigendem Zustand viele Brunnen in Kirchheim sind - insbesondere die zweifelhafte Wasserqualität. Das forderte beim einen oder anderen Erziehungsberechtigten die Reaktionsfähigkeit: Sie mussten schneller als der Nachwuchs sein, um ihn vor einem spontanen Sprung ins verlockende Nass abzuhalten.

Im gesamten Stadtgebiet mit den vier Teilorten gibt es 15 Brunnen, bis auf den bei der AOK sind zurzeit alle in Betrieb. „Die Pflege und Wartung erledigt unser eigenes Personal, sprich die Kollegen vom Bauhof“, sagt Dennis Koep, Pressesprecher der Stadt Kirchheim. Alle Brunnen werden mit Frischwasser gespeist. Trinkwasserqualität haben sie deshalb aber noch lange nicht, denn frisches Nass fließt nur in der Menge nach, wie verdunstet. Den gewünschten Pegelstand müssen die Bauhofmitarbeiter im Blick haben und gegebenenfalls den Zufluss von Hand regeln; nicht an allen funktioniert das automatisch. Umwälzpumpen sorgen dafür, dass es aus den Hähnen und Fontänen trotzdem ordentlich sprudelt. Zur Aufgabe der Bauhofmitarbeiter gehört auch, den Müll in und um die Brunnen einzusammeln und die Technik zu überprüfen.

Lediglich rund 25 000 Euro im Jahr wendet die Stadt Kirchheim für alle Brunnen auf. So verwundert auch ihr entsprechender Zustand nicht. Algen feiern beispielsweise am Rossmarkt-Brunnen fröhliche Urständ, der Gänsebrunnen in der Herdfeldstraße stand über Wochen ganz still. „Wir erkennen gleich, wenn kein Wasser mehr fließt. Dann müssen wir feststellen, was kaputt ist, entsprechende Angebote einholen und den Auftrag vergeben. Zurzeit dauert die Lieferung von Pumpen sehr lange“, begründet Dennis Koep, warum einige „Quellen“ längere Zeit nicht ihren Dienst tun. Ein oder zwei Ersatzpumpen vorrätig zu haben, mache keinen Sinn, da jede Anlage individuell sei.

„Die Brunnen sind ein Thema, sie sind stadtbildprägend und in gewisser Weise auch ein Aushängeschild der Stadt“, ist sich die Verwaltung mittlerweile bewusst. Sie sollten deshalb möglichst funktionieren und nicht als Algenparadies und Müllhalde enden. „Einen gewissen Standard sollten sie schon erfüllen. In die Technik des Marktplatz-Brunnens haben wir investiert“, sagt der Pressesprecher. Aus diesen Gründen sollen im Haushaltsjahr 2019 zusätzliche Mittel eingestellt werden. Wie viele das sind, wird im Zuge der Haushaltseinbringung ans Licht kommen.

Die Technik in den Anlagen ist nicht zu unterschätzen, neben Pumpen sind teilweise auch Filter eingebaut sowie Zeitschaltuhren, die auch die Beleuchtung regeln. Der Postplatzbrunnen hat eine Zusatzeinrichtung, damit sich die Rädchen drehen und nicht wie in der Vergangenheit „festbacken“. Die Anlagen sind meist in einem Schacht direkt am oder unter dem Brunnen angelegt, in den die Bauhofmitarbeiter mithilfe einer Leiter einsteigen können. „Die müssen der DIN-Norm eines Technikraums entsprechen. Es darf nicht zu feucht werden und nicht für jedermann zugänglich sein“, so Dennis Koep.

Den Vorwurf, dass die Kinder nicht in den Brunnen planschen können, weist der Pressesprecher zurück: „Dafür haben wir extra auf drei Spielplätzen einen Wasserspielbereich eingerichtet.“ Zu finden sind sie bei der Teck-Realschule an der Ecke Bulkesweg/Aichelbergstraße, auf dem Schafhof im Bussardweg und in Jesingen in der Schönbergstraße.

Der Rathausbrunnen in Dettingen ist ein beliebter Treffpunkt und das „Sommerfreibad“ für Kinder

Der Rathausbrunnen in Dettingen ist nicht nur Aushängeschild an zentraler Stelle im Ort, sondern auch ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. Vor allem im Sommer sind dort jauchzende Kinder zu hören, die schon morgens unter den Stierhörnern quietschvergnügt planschen. Manche Radtour von Auswärtigen führt hier extra vorbei, denn die Kinder wollen bei den wasserspeienden Bronze-Tieren unbedingt einen Zwischenstopp einlegen.

Dieses Vergnügen lässt sich die Gemeinde rund 10 000 Euro jährlich kosten. Etwa die Hälfte sind Personalkosten. „Der Brunnen ist ortsbildprägend und unser Aushängeschild. Den muss ich pflegen, sonst kann ich‘s lassen“, sagt Kämmerer Jörg Neubauer. Ab Ostern achtet der Bauhof auf die steigenden Temperaturen. Sobald die Minusgrade sich in Grenzen halten, wird der Brunnen zum Laufen gebracht. Das Gleiche gilt für den Herbst - nur andersrum. Droht Dauerfrost, wird die Anlage abgeschaltet.

Herr des Brunnens ist Florian Immrich. Seit die neue Technik installiert ist, muss er alle zwei Wochen etwa fünf Stunden für die Pflege rechnen. Früher musste er wöchentlich ran, damit die Algen keine Chance hatten. „Das Laub der Platanen muss aus dem Feinfilter raus und der Vorfilter gereinigt werden. Den Rest macht die kluge Anlage selber“, skizziert der Brunnenwart grob seinen Arbeitsaufwand. Die Anlage speist beispielsweise Chlor für die gute Wasserqualität ein. „Das ist etwa 10 Prozent im Vergleich zu Schwimmbädern“, sagt Florian Immrich. Sensoren messen ph- und Chlorwert und schütten dann bei Bedarf das Chlorgas aus, das aus Salz gewonnen wird. „Da gibt es nix auf Reserve, das explodieren könnte“, beruhigt er.

Die Rathausmitarbeiter, einschließlich Bürgermeister Rainer Haußmann, bekommen hautnah das fröhliche Treiben direkt vor ihrer „Haustüre“ mit. „Im Sommer baden hier täglich Kinder und haben ihren Spaß. Das ist das Dettinger Sommerfreibad“, sagt Jörg Neubauer. ih