Kirchheim

Er sagte noch: „Lass mich in Ruhe“

Gewalt Ein Überfall im Vollrausch – oder nicht? Das Opfer eines brutalen Angriffs am Bahnhof erinnert sich kaum an die Täter.

Symbolbild

Kirchheim/Stuttgart. Am zweiten Tag der Verhandlung gegen drei 16- bis 20-jährige Männer, die im Januar am Kirchheimer Bahnhof einen 50-Jährigen brutal beraubten, haben die Richter jetzt das Opfer vernommen. Die Täter sollen bei dem Überfall stark betrunken gewesen sein, sagen sie selbst. Das 50-jährige Opfer, das als Baggerfahrer in Kirchheim tätig ist, konnte vor der 4. Großen Jugendstrafkammer allerdings keine Angaben zum Trunkenheitsgrad seiner Angreifer machen. Er erinnert sich nur genau daran, dass er in jener Nacht in der Gaststätte „Imperial“ im Bahnhof am Spielautomat war und dort rund 30 Euro Gewinn einstrich. Bereits in der Gaststätte habe ihn einer der drei Angeklagten angesprochen und ihn aufgefordert, das Automatenspielen bleiben zu lassen. „Ich habe ihm gesagt, er solle mich in Ruhe lassen“, sagte er aus.

Nachdem der Mann kurz danach das Lokal verließ und seine Freundin anrief, seien zwei der jungen Männer hinter ihm her gelaufen. Wieder sei er angesprochen worden. Die Männer hätten ihn aufgefordert, sein Handy rauszurücken. Als er seinen Gang beschleunigte, wurde er von hinten geschubst. Er wurde geschlagen und fiel zu Boden. Danach traten ihn die drei Verfolger mit ihren Füßen, wie sich der Zeuge noch vage erinnert. Er habe etwa zehn Minuten auf dem Boden gelegen und noch gehört, wie ein Passant über ihn lachte. Beim Aufstehen habe er bemerkt, dass seine Geldbörse weg war.

Erkennungszeichen: Tattoo

Seine Verletzungen konnte der 50-Jährige jetzt im Zeugenstand genau beschreiben: Nasenbluten, Kopfplatzwunden und Hämatome. Kurzzeitig hatte er bei der Attacke das Bewusstsein verloren. Drei Tage sei er im Krankenhaus versorgt worden. Im Stuttgarter Gerichtsaal konnte der 50-Jährige die Angeklagten allerdings nicht mehr als jene Männer erkennen, die ihn überfielen und malträtiert hatten. Er wisse nur noch, dass einer von ihnen in der Tatnacht eine Schildmütze trug und am Arm ein Tattoo hatte. Der Hauptangeklagte, der auch beim Betreten des Gerichtssaals eine Schildkappe trug, musste auf Geheiß der Vorsitzenden Richterin seinen Arm vorzeigen. Sein Tattoo war deutlich zu sehen.

Den Überfall auf den 50-Jährigen hatte der 18-Jährige. wie seine Bekannten auch, bereits am ersten Verhandlungstag zugegeben. Die Drei konnten dem Gericht am ersten Verhandlungstag jedoch nicht genau erklären, warum sie die Tat ausgeführten. Was sie noch wussten: Dass sie ziemlich viel Alkohol getrunken hatten. Wie betrunken sie in der Tatnacht tatsächlich waren, muss ein Sachverständiger klären. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt. Bernd Winckler