Kirchheim
Erster Run auf digitales Häkchen

Corona Die Einführung des digitalen Impfpasses verläuft nach kurzen Anlaufschwierigkeiten problemloser als ­erwartet. In Kirchheim und Dettingen waren gestern drei Apotheken mit am Start. Von Bernd Köble

Urlaubsplanung für Ausgeschlafene: Fabian Grabensee ist einer der Ers­ten, die sich an diesem herrlichen Montagmorgen vor dem Eingang zur Adler-Apotheke in der Max-Eyth-Straße in die Schlange der Wartenden eingereiht haben. Strahlend blauer Himmel, buntes Treiben auf dem Wochenmarkt - da kommen Urlaubsgefühle auf. Der Physiotherapeut aus Kirchheim freut sich auf die bevorstehende Italienreise mit seiner Frau und dem dreijährigen Sohn. Das Paar ist bereits zweimal geimpft. Zum Jahreswechsel haben beide zudem eine Covid-Erkrankung überstanden und sind genesen. Sicherer geht’s also kaum. Damit es im Urlaub noch einfacher wird, will er sich nun gleich zum Start an diesem Montag einen digitalen Impfnachweis aufs Smartphone laden.

Früher Vogel fängt den Wurm? Eher einen Teilhappen. Einen QR-Code zum Einscannen erhält Grabensee zwar nicht, dafür jedoch die Zusage, diesen am Mittwoch hier abholen zu können, nachdem seine Daten registriert, Impfbuch und Personalausweis kopiert sind. Wer nicht erneut kommen kann, bekommt den Code per Post nach Hause geschickt. Eine Vorsichtsmaßnahme. Die Datenerfassung braucht ihre Zeit. Name und Geburtsdatum, Impfzeitpunkt, Art des Impfstoffs und die dazugehörige Registriernummer, das alles müssen die Apotheken-Mitarbeiter im Computer eintragen. „Wir wollen verhindern, dass sich hier Menschentrauben bilden“, begründet Apotheker Daniel Miller diesen Schritt. Das zeigt zweierlei: Die Nachfrage nach dem digitalen Sorgenfrei-Pass ist groß. Und: Grundsätzlich funktioniert die Technik pünktlich zum Start um 8 Uhr, auch wenn das System bereits nach einer Stunde wegen Überlastung zum ersten Mal abschmiert. Noch am Freitag überwogen klar die Zweifel, nachdem für keine der drei gelisteten Apotheken im Raum Kirchheim das Online-Portal freigeschaltet war und keiner wusste, wie und wann der Startschuss fallen würde. Neben der Adler-Apotheke sind auch die Pinguin-Apotheke und die Hirsch-Apotheke in Dettingen mit am Start. Die Liste dürfte in den kommenden Wochen erheblich länger werden. Mitte Juli sollen dann auch die Hausarzt­praxen dazustoßen.

Es ist der dritte Kaltstart für die Apotheken seit Dezember. Erst Maskenvergabe, dann Schnelltest-Kampagne und nun also der digitale Impfpass. Es war schon so viel mit der sprichwörtlichen heißen Nadel gestrickt. „Herr Spahn geht sehr schnell an die Öffentlichkeit und verspricht viel“, meint Daniel Miller. „Meist sind dann wir es, die Informationen als Letzte erhalten.“ Mit seiner Meinung ist er nicht allein. Sie gehört inzwischen zum Grundtenor in der Branche. Immerhin: Nach „ein bis zwei Orientierungstagen“ rechnet der Apotheker damit, dass alles wie ge­plant läuft. Danach sollen schrittweise auch die Mitarbeiter, die im Kornhaus Schnelltests anbieten, in der Lage sein, dort Zertifikate auszustellen.

In der Pinguin-Apotheke im Kirchheimer Nanz-Center hieß es zu Ladenöffnung gestern: Zuviele Kunden, zu wenig Zeit, um sich parallel um den Programmstart kümmern zu können. Am Vormittag mussten deshalb noch Kunden wieder weggeschickt werden, danach funktionierte es auch hier. Inzwischen bietet die Pinguin-Apotheke den digitalen Impfpass auch in ihrer Filiale im Teckcenter an, wie Inhaberin Heike Pfäffle-Planck bestätigt.

Knapp 30 ausgedruckte Zertifikate gingen bis Mittag in der Hirsch-Apotheke in Dettingen über die Theke - ganz ohne Werbung. „Es läuft“, vermeldet Apothekerin Anne Grees. Nach einem kurzzeitigen Programmabsturz am frühen Morgen musste niemand vertröstet werden. „Jeder, der mit seinem Impfbuch reinkam, ging auch mit einem QR-Code raus“, sagt sie. In der Mehrheit waren das Jüngere oder Kunden mittleren Alters. Auffallend: Fast alle wurden in einem der Kreisimpfzentren geimpft. Zwar erhält auch dort seit gestern einen Code, wer zum Zweittermin kommt. Patien­ten, die ihre Impfung bereits zu einem früheren Zeitpunkt in einem der Zentren abgeschlossen haben, erhalten den Zugang hingegen per Post zugeschickt. Darauf wollen viele offenbar nicht warten. Die Alternative: der Gang zur Apotheke.

Der Code, der per Corona-Warn-App oder CovPass-App gescannt werden kann, ist im Übrigen nicht nur für vollständig Geimpfte oder Genesene von Vorteil. Da es für jede der beiden Impfungen einen separaten QR-Code gibt, können ihn sich auch die­jenigen besorgen, die erst ein Mal geimpft sind. Manche Urlaubsländer, wie zum Beispiel Österreich, stellen auch in diesem Fall Reisenden Erleichterungen in Aussicht.