Carolin Kolb ist Jugendreferentin in der Katholischen Gesamtkirchengemeinde in Kirchheim und seit fünf Jahren für die jungen Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) zuständig. Von den zwei Stellen ist derzeit nur eine besetzt – mit der 18-jährigen Leonie Gubo. Die Jugendreferentin schätzt den großen Spielraum, den sie im Rahmen des FSJ mit ihren Schützlingen genießt: „Es gibt keinen Lehrplan und keine Prüfung.“ So könne sich jeder Jugendliche mit seinen Gaben und Fähigkeiten einbringen. Oft waren beide Stellen mit zwei Jungs besetzt, Leonie Gubo ist die dritte junge Frau in fünf Jahren.
Für Carolin Kolb ist die Betreuung der jungen Menschen spannend, wobei nicht nur die FSJler etwas lernen, sondern auch sie selbst. „Für manche sind die flexiblen Arbeitszeiten schwierig.“ Wenn etwa jemand jedes Wochenende mit dem Sportverein unterwegs ist , kann es zu Kollisionen kommen. „Daher betone ich das im Bewerbungsgespräch nun immer besonders.“ Grundsätzlich komme das Engagement von Bewerbern im Sport- oder Musikverein aber gut an, es zeige die Freude am Kontakt mit Menschen. „Das muss gar nichts Kirchliches sein.“
Der 18-jährigen Leonie Gubo gefällt die Flexibilität. So hat sie auch mal einen halben Tag unter der Woche frei. Sie wusste, was sie erwartet, denn sie war schon vorher in der Kirchengemeinde ehrenamtlich aktiv, mit den Ministranten und beim Zeltlager. Trotzdem gibt es für sie auch immer Neues zu entdecken, etwa die Sitzungen des Kirchengemeinderats oder die wöchentliche Mitarbeit in den Pfarrbüros von St. Ulrich und Maria Königin. Nur in den Kindergarten darf sie derzeit wegen Corona nicht, und auch die Begleitung des Pfarrers ins Seniorenzentrum muss derzeit entfallen.
Dafür gibt es immer wieder ganz viele Materialtüten zu packen, etwa mit Bastelutensilien. „Dabei ist ihre Mitarbeit ein Segen“, sagt Carolin Kolb. Zum einen steuert Leonie Gubo gute Ideen zum Inhalt bei, zum anderen beweist sie Ausdauer – auch wenn es mal um 400 Tüten geht. Sie hat auch keine Scheu vor der Technik. Die Onlinetermine absolviert sie mit dem eigenen Laptop, und sie war beim Aufbau eines kleinen Studios für den Erstkommuniontag dabei. Natürlich sei es schade, sagt sie, dass sie die Menschen nicht persönlich treffen kann. Um so schöner ist es dann, wenn es tatsächlich mal wieder „vor Ort“ geht, etwa zur Sternsinger AG an der Grundschule in Ohmden.
Wegen den derzeit eingeschränkten Arbeitsbereichen hat die Gesamtkirchengemeinde nur eine der beiden Stellen besetzt. Aber Leonie Gubo hatte sich früh beworben, sie wollte auf jeden Fall ein FSJ ablegen. Nach ihrem Abitur am Ludwig-Uhland-Gymnasium wusste sie noch nicht genau, wie es beruflich weitergehen sollte. Ihre Zeit im FSJ seit September 2020 hat sie für die Orientierung genutzt und beginnt nun im Herbst 2021 eine Ausbildung zur Hotelkauffrau. Als neue Umgebung hat sie sich das Allgäu ausgeguckt, und prompt in Schwangau eine Stelle gefunden. „Als ich im Vorstellungsgespräch auf Wochenend-Dienste angesprochen wurde, konnte ich mit meinen FSJ-Erfahrungen super punkten“, berichtet Leonie Gubo lachend.
Die beiden Kirchheimer Stellen gehören zum Programm „FSJ pastoral“. Die Teilnehmer sollen viele verschiedene Bereiche einer Kirchengemeinde kennenlernen. Die Hoffnung ist, dass einige so ihren zukünftigen Beruf entdecken. In kirchlichen Diensten ist bislang allerdings noch kein FSJler gelandet. „Leider“, sagt Carolin Kolb, das sei wirklich schade. Einer sei nach seinem Jahr hier zur Polizei gegangen, wo er ebenfalls sehr viel mit Menschen zu tun hat und die Erfahrungen aus dem FSJ gut gebrauchen kann. Wer sich bewerbe, müsse nicht katholisch sein, sagt die Jugendreferentin. Er oder sie müsse sich aber mit der kirchlichen Arbeit identifizieren. Eine Gewissensprüfung gibt es aber nicht. Die gab es früher mal für Kriegsdienstverweigerer. Als die Wehrpflicht dann ausgesetzt wurde, fiel auch die Zivildienststelle in Maria Königin weg und wurde in eine FSJ-Stelle umgewandelt. Später kam die zweite Stelle in St. Ulrich hinzu. Für die Teilnehmer gibt es ein einheitlich geregeltes Taschengeld, auch die Monatskarte wird übernommen. Leonie Gubo macht ihre Arbeit Spaß, auch die selbstständige Organisation von Projekten wie „Darf’s ein Kilo mehr sein?“.
Darf’s ein Kilo mehr sein läuft noch bis zum 17. Mai
Vier- bis fünfmal im Jahr gibt es für die Teilnehmer der Freiwilligendienste in der Diözese Rottenburg-Stuttgart gemeinsame Kurse, die nach Regionen geordnet sind. Leonie Gubo aus Kirchheim ist in der „Region Mitte“ mit 25 bis 30 anderen jungen Menschen zusammen in einer Gruppe. Zu jedem FSJ-Jahr gehört ein Projekt, das die Jugendlichen vor Ort selbst organisieren. Für das Projekt „Darf’s ein Kilo mehr sein?“, das es auch schon an anderen Stellen gab, wurde ein Dreierteam gebildet. Demnach werden aktuell sowohl in Kirchheim als auch in Böblingen und in Rottweil Lebensmittel gesammelt.
Die Idee der Aktion ist, beim Einkauf etwas doppelt zu kaufen und die eine Hälfte für Bedürftige zu spenden. So freut sich in Kirchheim etwa der Tafelladen über haltbare Produkte, die ansonsten meistens Mangelware sind. Bis Montag, 17. Mai, wird noch gesammelt, und zwar an drei Sammelstellen in den Kirchen Maria Königin, St. Ulrich und Peter und Paul. Schon am Abend des ersten Sammeltages konnte Leonie Gubo viele gespendete Sachen mitnehmen. Abschluss der Aktion ist eine gesammelte Übergabe an den Tafelladen. Bei der Werbung hat Leonie Gubo sich helfen lassen, alles andere hat sie selbst organisiert. pd