Kirchheim

„Es wird niemand verhungern“

Handel Die meisten Lebensmittelgeschäfte in Kirchheim bleiben wohl an Heiligabend geschlossen. Kirchenvertreter aus der Region begrüßen das. Von Heike Siegemund

In Kirchheim empfiehlt es sich, vor Heiligabend einzukaufen.Archivbild: Jörg Bächle
In Kirchheim empfiehlt es sich, vor Heiligabend einzukaufen. Archivbild: Jörg Bächle

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Auf den letzten Drücker Zutaten für das Festtagsmenü kaufen: Das wird dieses Jahr an Heiligabend schwierig, denn der 24. Dezember fällt heuer auf einen Sonntag. Zwar ist es in Baden-Württemberg rechtlich möglich, dass Lebensmittelgeschäfte an diesem Tag bis zu drei Stunden bis maximal 14 Uhr geöffnet sein dürfen. Allerdings haben große Discounter wie Lidl und Aldi bereits angekündigt, dass ihre Filialen an Heiligabend geschlossen bleiben. Und auch in Kirchheim sieht es aus, als ob das Gros der Geschäfte von der Ausnahmeregelung keinen Gebrauch macht.

Der Aufwand wäre zu groß

„Jetzt können wir einmal an Heiligabend frei haben. Das sollte man uns doch gönnen“, sagt beispielsweise Pascal Grauert, Inhaber des Edeka-Markts an der Neuen Straße in Nabern. Seine Mitarbeiter seien froh und dankbar, dass sie dieses Jahr an Heiligabend nicht arbeiten müssen und sich stattdessen in aller Ruhe auf das Weihnachtsfest einstimmen können. Abgesehen davon würde es sich auch wirtschaftlich nicht lohnen, den Lebensmittelmarkt für drei Stunden zu öffnen. „Der Aufwand wäre viel zu groß.“ Insgesamt hält Pascal Grauert die Diskussion für unsinnig: „An den drei Tagen verhungert niemand. Man muss halt vorher gut planen.“

Das sieht Jürgen Till, der den Edeka-Markt an der Stuttgarter Straße in Ötlingen betreibt, ähnlich: „Es gibt immer Kunden, die noch irgendwas brauchen. So gesehen könnten wir Tag und Nacht offen haben.“ Vor Heiligabend könne man an sechs Tagen Lebensmittel einkaufen. In dieser Zeit seien seine Mitarbeiter stark gefordert. Da sei es nur in Ordnung, wenn sie an Heiligabend nicht auch noch auf der Matte stehen müssten. „Der logistische Aufwand wäre immens. Außerdem wäre es auch von der Frische der Produkte her schwierig, nur drei Stunden lang zu öffnen“, ergänzt Jürgen Till. Bliebe zum Beispiel Obst und Gemüse an Heiligabend übrig, „müssten wir das wegwerfen“. Deshalb sieht er von einer Ladenöffnung an Heiligabend wahrscheinlich ab, will gleichzeitig aber noch abwarten, wie die Konkurrenz in Kirchheim reagiert und dann entscheiden. „Aber ich denke, die Sache verläuft im Sande.“

Für die Mitarbeiter von Edeka im Öschweg steht indes schon jetzt fest: Sie haben am 24. Dezember frei, können Vorbereitungen treffen und den Tag genießen. „Wir freuen uns. Sonst müssen wir fast immer arbeiten an Heiligabend“, sagt Tanja Kavci, stellvertretende Betreiberin des Supermarkts. Auch sie betont: „Wir bestellen täglich frisches Obst und Gemüse. Da hätten wir mehr Kosten als Gewinn, wenn wir nur drei Stunden lang geöffnet hätten.“ Angedacht sei stattdessen, die Öffnungszeiten am Samstag vor Heiligabend auszuweiten und vormittags eine Stunde früher oder abends eine Stunde länger zu öffnen. „Darüber denken wir momentan noch nach.“

Kirchenvertreter sprechen sich gegen offene Geschäfte an Heiligabend aus

Margarete Oberle, Stellvertreterin der Dekanin im evangelischen Kirchenbezirk Kirchheim, hält die Ausnahmeregelung an Heiligabend aus Sicht der Verbraucher für nicht erforderlich: „Ich werte sie vielmehr als weitere Aufweichung des Sonntagsschutzes.“ Sie selbst wuchs in einer Familie auf, die ein Einzelhandelsgeschäft betrieb, und weiß deshalb, wie hektisch der 24. Dezember für die Mitarbeiter ist. „Sie kommen mittags abgehetzt nach Hause und müssen sich in Hektik auf das private Fest im häuslichen Kreis und den Kirchgang vorbereiten.“ Die Entscheidung vieler Geschäfte, an Heiligabend heuer nicht zu öffnen, begrüßt sie: „Das ist auch ein Zeichen der Wertschätzung ihrer Belegschaft, darunter viele Frauen mit Kindern, die nach vier langen verkaufsoffenen Samstagen im Advent oft am Rande der Belastbarkeit sind.“

Paul Magino, Leiter des katholischen Dekanats Esslingen-Nürtingen sagt: „Ich habe Verständnis dafür, wenn an einer bestimmten Anzahl an Sonntagen im Jahr die Geschäfte geöffnet haben. Aber ausgerechnet an Heiligabend - das halte ich für daneben.“ Ihm sei bewusst, dass Heiligabend für manche Menschen nicht mehr den Stellenwert habe wie früher, sagt Magino und verweist auf den „Heiligen Morgen“, der alljährlich auch in Kirchheim feuchtfröhlich gefeiert wird. „Heiligabend hat in mancherlei Hinsicht seinen Charakter verloren“, bedauert er. „Aber das braucht man nicht auch noch zu fördern.“ Grundsätzlich sei kein großes Organisationstalent nötig, um vor dem 24. Dezember die benötigten Lebensmittel für drei Tage einzukaufen. „Es ist dieses Jahr für die Menschen, die im Verkauf tätig sind, ebenfalls möglich, entspannt in das Weihnachtsfest hineinzugehen“, ergänzt Magino.hei