Kirchheim

Ethische Fragen bei Demenzforschung

Michael Hennrich bei der Senioren-Union

Der Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich der CDU-Fraktion diskutiert bei der Senioren-Union über die Frage „Ist Demenzforschung ethisch verantwortbar?“

Kirchheim. Demenzerkrankungen stehen zunehmend im Mittelpunkt der Gesundheits- und vor allem der Pflegepolitik. Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff werden auch Demenzkranke verbesserte Leistungen erhalten. Zukünftig steht die Frage „Wie viel Betreuung braucht es?“ im Mittelpunkt, ist sich der Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich sicher. Die Entwicklung von Demenz-Arzneien sowie die medizinische Versorgung sind seiner Ansicht nach zu forcieren.

Die Europäische Union verbietet die klinische Forschung

Die Senioren-Union im Landkreis Esslingen lud zu diesem brisanten Thema den Bundestagsabgeordneten Michael Hennrich nicht ohne Grund zur Diskussion ein: Hennrich ist Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages. Er stellte in seinem Vortrag eine Frage in den Mittelpunkt: „Ist die klinische Forschung an nicht einwilligungsfähigen Demenzerkrankten ethisch vereinbar?“

Die EU verbietet die klinische Forschung bei dauerhaft Behinderten, zum Beispiel bei geistig behinderten Menschen oder Kindern. Allerdings nur dann, wenn es sich um eine sogenannte „fremdnützige“ Forschung handelt, der Patient also keinen eigenen Vorteil aus den Forschungsergebnissen ziehen kann. Die EU hat aber offengelassen, ob eine fremdnützige Forschung an Personen, die nicht mehr einwilligungsfähig sind, jedoch einmal waren, zulässig ist. Diese Frage soll national geregelt werden.

Dazu liegt nun ein Entwurf des Bundesgesundheitsministers Herrmann Gröhe vor, der diese Demenzforschung im Rahmen einer Patientenverfügung geregelt haben will. Dies würde bedeuten, dass in einer Patientenverfügung die Zustimmung zur Forschung für den Fall einer Demenzerkrankung bereits vorab erteilt wird.

Daraus entwickelte sich eine Diskussion über die Frage, ob dies der richtige Weg ist. „Denn so fände weder eine umfangreiche ärztliche Aufklärung statt, noch ist es dem Erkrankten möglich, seine Zustimmung wieder rückgängig zu machen“, erklärte Hennrich.

Daraus entwickelte Michael Hennrich zusammen mit Kollegen den alternativen Vorschlag, dass eine schriftliche Zustimmung im Rahmen einer Patientenverfügung nur nach einer umfassenden ärztlichen Aufklärung möglich ist. Dieser Vorschlag fand dann in Folge auch eine relativ breite Zustimmung.

Hennrich verschwieg nicht, dass es auch einen von kirchennahen Abgeordneten motivierten Vorschlag gibt, keinerlei fremdnützige Forschung an Demenzkranken zuzulassen.

Somit bewegt sich die Diskussion um drei Alternativen. Der Abgeordnete betonte, dass die Pharmaindustrie kein Nutznießer dieser Forschung wäre, da diese praktisch keine Grundlagenforschung betreibe.

Ziel der Forschung an Demenzkranken sei aber die Grundlagenforschung: „Wie entstehen Demenzerkrankungen? Wie können sie verzögert werden?“, gab er zu bedenken.

In der Diskussion erläuterte Hennrich den Tabubruch, dass bisher keinerlei fremdnützige Forschung zugelassen ist und jetzt das Fenster ein kleines Stück geöffnet werden soll.

In der großen Mehrheit unterstützten die Mitglieder der Senioren-Union den Abgeordneten Hennrich mit seinem Vorschlag, die ärztliche Aufklärung verpflichtend einzuführen, bevor in einer Patientenverfügung eine Zustimmung gegeben wird. pm