Kirchheim
(Fast) alles dicht und Hilfsgelder: So haben sie den Lockdown gemeistert

Corona-Hilfen Drei Jahre ist es her, dass auch in Kirchheim und Umgebung die ersten Geschäfte schließen mussten. Drei Betroffene ziehen Bilanz. Von Thomas Zapp

Als im März 2020 das erste Mal ein so genannter Lockdown für Unternehmen verhängt wurde, waren manche Branchen besonders betroffen. „Als erster zu, als letztes wieder aufgemacht“: Tattoo-Studios wie das „2020 Tattoo“ von Rebecca und Frank Stauß in Kirchheim waren wegen der besonderen körperlichen Nähe zwischen Dienstleister und Kunden mit am längsten geschlossen. Zwei Dinge ärgern die Unternehmer bis heute: Die Gutscheine und der „Referenzmonat“ November 2019. Mit den Gutscheinen versuchten sie damals – auch auf Anraten der Stadt Kirchheim -, den ersten „kleinen“ Lockdown im März 2020 zu überstehen. Das hatte allerdings zur Folge, dass sie Umsatz generierten. „Das wurde direkt auf die Corona-Hilfen angerechnet und später abgezogen“, erzählt Frank Stauß. Nach kurzer Zeit stoppten sie die Aktion wieder, sonst wären ihnen von den 9000 Euro Pauschalhilfe so gut wie gar nichts mehr übriggeblieben. Mehr als die Hälfte muss nun trotzdem zurück gezahlt werden.

Im „großen“ Lockdown von November 2020 bis Mai 2021 hatten die Kirchheimer dann ein anderes Problem: Als Grundlage für die Höhe der Hilfen wurde der Umsatz vom November 2019. „Da waren wir aber noch zu zweit und das Studio lief erst wenige Monate“, erzähl Frank Stauß. Mittlerweile hatten sie drei weitere Angestellte, ein größeres Studio und dementsprechend einen größeren Kostenapparat, das Kurzarbeitergeld für die Angestellten wurde von den Hilfen abgezogen. „Unser Steuerberater sagte nur, dass wir eigentlich die Leute entlassen müssten, damit die Hilfen ausreichen“, erinnert sich Frank Stauß. Genau das taten sie aber nicht, sondern nahmen einen Kredit auf, um laufenden Kosten zu decken und Mitarbeiter zu halten. Die Prämien für Marketing, Digitalisierung und Hygienemaßnahmen kamen sofort. „Das war ja ganz schön, aber unsere Miete konnten wir davon trotzdem nicht bezahlen.“ Zwar sind sie nun nicht mehr schuldenfrei, aber das Durchhalten hat sich für Rebecca und Frank Stauß gelohnt. „Uns geht es besser als je zuvor“, sagt er, betont aber auch: „Ohne unsere treue Kundschaft hätte es nicht geklappt.“

„Hier im Ort hilft man sich“

Sie gehörten ebenfalls zu den als ersten betroffenen Branchen: Ab dem 21. März 2020 wurden sämtliche Gaststätten geschlossen, nur ein Hol- und Lieferservice war noch gestattet. „Das war ein einschneidender Moment“, erinnert sich Jesse Burgmann, Inhaber des Weilheimer Restaurants Burgmann’s. Sofort beschränkte er sich auf sein Take-Away-Geschäft, was bei ihm 10 bis 20 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachte. Die erste Hilfe kam schnell, aber: „Es war nicht im Ansatz das, was Du zu normalen Zeiten umgesetzt hast.“ Denn: Die typischen „Mitnahme“-Effekte des Restaurantbetriebs wie Wasser, Kaffee oder Wein fielen weg.

Beim langen Lockdown im November wurde es dann komplizierter. „Meine Steuerberaterin hatte mir geraten, erst zum Ende des Zeitraums die Hilfen zu beantragen, dann ist die Gefahr einer Rückforderung geringer“, erinnert sich der Unternehmer. Das war nicht das einzige Problem. „Es war ein echtes Bürokratiemonster.“ Also nahm er einen Kredit auf. „Das ging zwar ohne Prüfung, aber den muss ich natürlich jetzt auch zurückzahlen.“ Dafür konnte er sein Personal halten und hatte es in Bereitschaft, als der Betrieb wieder voll startete. Das zahlte sich für ihn im wahrsten Sinne des Wortes aus.

Das hat ihn auch einige graue Haare gekostet, wie er sagt. Zum emotionalen Stress kam auch die Verantwortung für die Mitarbeiter. Aufgeben war jedoch nie eine Option für den vierfachen Familienvater. „Ich wusste, wenn’s wieder losgeht, wird es gut.“ Vor allem die „sensationelle Unterstützung“ seiner Gäste haben ihm Freude bereitet: „Hier im Ort hilft man sich.“ Gelitten hat jedoch sein Vertrauen in die Gleichbehandlung aller Unternehmen.  „Die Maßnahmen für Gastronomen waren eine Ungerechtigkeit für eine ganze Branche. Das vergisst man nicht so schnell.“

„Umdenken hat gut getan“

Über Instagram und Facebook habe ihre Tochter Katja Dongus viel mit den Kundinnen kommuniziert und immer wieder aktuelle Angebote reingestellt, erzählt Christine Kobler. Das habe dem Kirchheimer Damenmodegeschäft Kabine 03 über die Lockdowns geholfen. Es sei teilweise ein „Mordsaufwand“ gewesen, aber es sei besser gewesen, als zu schließen und die Hände in den Schoß zu legen. „Eigentlich haben wir die Zeit ganz gut überstanden“, sagt sie heute. Hindernisse gab es viele: Als Umkleiden tabu waren, boten sie Mode zum Abholen an und bauten ihr „Concept Store“ aus, erweiterten das Angebot um Süßigkeiten, Kerzen, Seifen, Wein, Taschen oder Wohnaccessoires, was besser für „Click and Collect“ geeignet war als Mode, auf Bestellung verschickten sie auch Waren. Der Erfolg von damals hat heute allerdings einige Nebenwirkungen: Die Hilfen müssen sie zumindest zum Teil zurückzahlen, wieviel genau, das weiß das Mutter-Tochter-Team noch nicht. Dennoch kann Christine Kobler der Krise Positives abgewinnen: „Das Umdenken hat uns gut getan.“