Kirchheim

Feuerwerk bringt Bürger auf die Palme

Pyrotechnik Sechs Feuerwerke hat es in diesem Jahr bisher in Kirchheim gegeben. Für eine Stadt keine hohe Zahl. Trotzdem fühlen Anwohner sich belästigt. Von Antje Dörr

Schießen erlaubt: An Silvester gibt es für Feuerwerk keinerlei Beschränkungen.Archiv-Foto: Carsten Riedl
Schießen erlaubt: An Silvester gibt es für Feuerwerk keinerlei Beschränkungen.Archiv-Foto: Carsten Riedl

Feuerwerk ist bei Hochzeiten mittlerweile ebenso beliebt wie das obligatorische Steigenlassen von Luftballons. Doch während Ballons geräuschlos in den Himmel schweben, macht ein Feuerwerk ordentlich Krach. Ärgerlich für Anwohner, deren Kinder plötzlich senkrecht in den Betten sitzen oder deren Hunde Alarm schlagen.

Das jüngste Feuerwerk in der Kirchheimer Innenstadt liegt rund eine Woche zurück. Am Samstag, 7. Juli, feiert ein Paar im Kirchheimer „Ochsen“ Hochzeit. Die Braut ahnt nichts von dem Feuerwerk, das ihr frischgebackener Ehemann für sie organisiert hat. Gegen 22 Uhr wird sie auf die nahegelegene Klosterwiese „entführt“. Dort beginnt gegen 22.30 Uhr die Überraschung. Rund sechs Minuten dauert das Spektakel.

Verantwortlich ist Tony Zeccola, Kirchheimer Pyrotechniker und Inhaber der Firma „Pyrounion“, der zwei Mal jährlich nach dem Gallusmarkt und beim Laternenfest Raketen in den Himmel steigen lässt. Nach dem Feuerwerk kommen zwei Männer auf Zeccola zu, beschweren sich über die Ruhestörung und bombardieren ihn mit Fragen. „Sie wollten wissen, wer ich bin, was das hier solle, wer das genehmigt hat“, sagt Zeccola. Die Männer, die sich als Anwohner der Klosterwiese herausstellen, seien verbal sehr aggressiv und penetrant gewesen, nicht nur ihm, sondern auch dem Bräutigam gegenüber.

Aufregung ist „völlig übertrieben“

Zeccola appelliert an die Vernunft der Betroffenen. „In Kirchheim gibt es in der Regel sechs Feuerwerke im Jahr“, sagt er. Es sei völlig übertrieben, sich darüber aufzuregen.

Allerdings: Bei sechs Feuerwerken wird es 2018 nicht bleiben. Bis einschließlich 7. Juli hat es bereits sechs Feuerwerke gegeben. Die Hochzeitssaison ist in vollem Gange, weitere sind geplant.

Tony Zeccola sagt, er nehme ohnehin schon Rücksicht, indem er das Kleinste verwende, was die Pyrotechnik hergibt. Er habe an diesem Samstag keine reinen Knallkörper oder Pfeifkörper verwendet, also nichts, was Schall erzeugt. „Dass die Effekte einen Zerleger haben, der beispielsweise die Sterne zum Sprühen bringt, lässt sich nicht vermeiden. Das knallt dann eben.“ Zeccola fühlt sich zu Unrecht angegriffen, eine Genehmigung von der Stadt brauche er als Pyrotechniker gar nicht. „Man kann mir nicht die Berufsfreiheit nehmen“, sagt er. Dass das Feuerwerk auf der Klosterwiese stattfand, sei anders geplant gewesen. „Eigentlich wollte der Bräutigam es auf der Bastion haben, aber dort gibt es vonseiten der Stadt eine Null-Toleranz“, sagt Zeccola.

Aufgrund des Brandschutzes dürfen innerhalb des Alleenrings in der Regel keine Feuerwerkskörper abgebrannt werden, auch nicht von Pyrotechnikern. „Die Sicherheitsabstände zu den Fachwerkhäusern müssen gewährleistet sein“, sagt Christoph Lazecky vom Kirchheimer Ordnungsamt. Das erklärt, warum vor dem Kirchheimer Schloss, ebenfalls ein beliebter Veranstaltungsort für Hochzeiten, nur selten ein Feuerwerk stattfindet.

„Für eine Stadt wie Kirchheim sind fünf bis sieben Feuerwerke pro Jahr, wie wir sie aktuell haben, eine akzeptable Zahl“, findet Lazecky. Die Ecke Ziegelwasen und Klosterwiese habe dieses Jahr „Pech, weil es bisher vier Stück waren“. Aktuell plane die Stadtverwaltung nicht, die Zahl einzuschränken. „Letztendlich entscheidet das aber der Gemeinderat“, sagt Lazecky. Für die explosive Stimmung am Samstag vergangener Woche hat Lazecky eine Erklärung: „Auf der Klosterwiese fühlen sich die Anwohner gerade insgesamt nicht so gehört“, sagt er und nennt das Wohnheim für Flüchtlinge sowie das Hüpfburgen-Festival im vergangenen Jahr als weitere Konfliktpunkte. Sein Verständnis hält sich allerdings in Grenzen. „Wir haben beim Feuerwerk dieselbe unsachliche Debatte wie bei den Flüchtlingen“, sagt er - „Feuerwerk gern, aber bitte nicht vor meiner Tür.“

Lösung muss praktikabel sein

Feuerwerk anzukündigen, damit die Bürger sich besser darauf einstellen können, hält Lazecky für eine interessante Idee, aber nicht für praktikabel. „Für mich besteht die Gefahr, dass die Leute, die sich darüber ärgern, dann vor dem Feuerwerk hingehen und einen riesen Wind machen“, sagt Lazecky. „Das mag pessimistisch klingen, aber so, wie die Stimmung aktuell ist, kann ich mir das gut vorstellen.“ Tony Zeccola hat einen weiteren Einwand: „Gerade bei Hochzeiten ist Feuerwerk oft eine Überraschung. Die wäre verdorben, wenn man es ankündigt.“

Andreas Kenner, Klosterwiesen-Anwohner, SPD-Stadtrat und Landtagsabgeordneter, war auf Reisen, als das jüngste Feuerwerk stattfand. Er hat Verständnis für Anwohner, die sich von Feuerwerken gestört fühlen - vor allem, wenn sie, anders als beim Gallusmarkt, noch nicht einmal angekündigt sind. Kenner wünscht sich eine weitere Gemeinderatsdebatte über die Frage, warum solche Feuerwerke nicht genehmigungspflichtig sind. „Als Musiker kann ich mich ja auch nicht einfach mit meiner Band auf die Klosterwiese stellen und dort ein Konzert geben“, sagt er.

Professionelle Feuerwerker brauchen keine Erlaubnis

Privates Feuerwerk ist abgesehen von Silvester und dem 1. Januar grundsätzlich verboten. Laut Gesetz sind Ausnahmen möglich, über die das Ordnungsamt entscheiden muss. In Kirchheim sei die Praxis sehr restriktiv, sagt Pressesprecherin Jana Fiegenbaum: Privates Feuerwerk werde nicht genehmigt.

Pyrotechniker, professionelle Feuerwerker mit Sprengstofferlaubnis, wiederum dürfen ohne Erlaubnis der Stadt Feuerwerk abbrennen. Sie müssen es der Stadt nur anzeigen. In Kirchheim gibt es wegen des Fachwerks in der Innenstadt örtliche Einschränkungen. Dazu gibt es zeitliche Grenzen: In der Winterzeit muss das Feuerwerk um 22 Uhr beendet sein, in der Sommerzeit um 22.30 Uhr, mit Ausnahme der Monate Mai, Juni und Juli: Dann darf bis 23 Uhr geschossen werden.

Früher gab es beim Mitternachtsshopping und beim Haft- und Hokafeschd Feuerwerk. Seit ein paar Jahren wird darauf verzichtet. adö