Kirchheim
Frauenkulturtage: „Du bist unbezahlbar“

Weltfrauentag Die Wilden Schwestern und der Chor Melodija feiern mit Frauen verschiedenster Nationen.

Kirchheim. „Jeder Mensch ist ein Unikat und von unermesslichem Wert. Darum hast auch Du jeglichen Respekt verdient, vergiss das bitte nie!“ Für Sätze wie diese erntet das Kirchheimer Ensemble Wilde Schwestern um Theaterpädagogin Katja Schuler immer wieder Szenenapplaus.

Viele Frauen und Männer sind der Einladung zum Fest am Weltfrauentag gefolgt. Die Aula der Alleenschule ist bis auf den letzten Platz belegt. Mit dem traditionellen, antialkoholischen Begrüßungsdrink werden alle Besucher und Besucherinnen herzlich zum Fest empfangen.

Neben der guten Laune wird jedoch schnell klar, dass dieser Abend auch einen sehr ernsten Hintergrund hat: Neben Broschüren, die Hilfe bei häuslicher Gewalt bieten, liegen Flyer zum Thema Femizide und Menschenrechtsverletzungen an Frauen aus. Karin Zweibrücker von Amnesty International und das Team um Renate Hirsch von Chai und Frauen-helfen-Frauen sind vor Ort und informieren über ihre Arbeit.

 

Zu viele Frauen werden auf der Welt unterdrückt, missbraucht oder sogar ermordet.
Raja Alabam
Geflüchtete aus Syrien
 

Katja Schuler vom Brückenhaus bereichert alljährlich die Veranstaltung mit ihrer Theatergruppe Wilde Schwestern: „Wir suchen uns jedes Jahr ein neues Thema aus, mit dem wir uns dann verstärkt beschäftigen und auseinandersetzen“, erklärt Regisseurin Schuler.

„Das Thema zum diesjährigen Weltfrauentag lautet Wertschätzung und Respekt.“ Diesen verdient sich gleich zu Anfang Rednerin Raja Alahham, die vor drei Jahren aus Syrien nach Deutschland kam und charmant durch den Abend führt. Ein wenig nervös begrüßt sie das Publikum in der Aula der Alleenschule auf Deutsch und fügt stolz hinzu:

„Ich danke meinem Mann und meinem Sohn, dass sie mich immer unterstützen und an mich glauben. Zu viele Frauen werden auf der Welt noch unterdrückt, missbraucht und sogar ermordet, weil sie Frauen sind. Ich stehe heute hier und freue mich, dass wir den Weltfrauentag gemeinsam feiern und etwas bewegen können.“ Daraufhin betreten die Mitglieder des Melodija-Chors die Bühne und begeistern durch einen erfrischenden Auftritt mit drei russischen und ukrainischen Volksliedern.

Voller Leidenschaft begleiten Nina Schechtel und Nina Sukova am Bajan und animieren das Publikum zum Mitsingen.

Danach ergreift Sozial-Bürgermeisterin Christine Kullen das Wort und macht auf die Situation der Frau in der Gesellschaft aufmerksam. „Es ist an der Zeit, bestehende Frauenbilder zu hinterfragen, und gleichzeitig sollten wir das Feiern von ‚Frausein‘ nicht vergessen.“

Dann beginnen die Wilden Schwestern einen Theaterreigen von fünf Szenen, die das Ensemble seit November gemeinsam erarbeitet hat: „Du bist nicht gut genug, das kriegst Du niemals hin, Du bist talentfrei“, faucht Amanda Hossain als „das Selbst“ von Vanessa Gül, die verzweifelt versucht, sich gegen diese Sätze zu wehren, und mit einer bewegenden Gesangseinlage beeindruckt.

Coach Renata alias Alexandra Müller macht ihrer Klientin Oana Codreanu in einer schauspielerischen Glanzleistung klar, dass lediglich ihre Rundumerneuerung zu mehr Ansehen im Alltag führen wird. In einer anderen Szene machen die Frauen darauf aufmerksam, dass man seinen eigenen Wert niemals vergessen und sein Gegenüber nicht klein machen sollte.

Mit einem kraftvollen Schrei nach Respekt endet das Schauspiel-Ensemble und das Publikum wird abermals mit Kalinka in eine fröhlich-melancholische Welt katapultiert.

Die sympathische Syrerin Raja betritt ein letztes Mal die Bühne und lädt die Anwesenden im Anschluss zum gemütlichen Beisammensein am iranischen Buffet ein. Mit einem Luftsprung hinter der Bühne macht sie ihrer Erleichterung über den Verlauf des harmonischen Abends Luft und mischt sich gut gelaunt unter die Gäste.  Anja Schulenburg