Kirchheim
„Frieren muss bei uns niemand“

Kirche Die explodierenden Energiekosten treffen Kirchengemeinden mit ihren großen und oft alten Gebäuden besonders hart. Mit intelligenten Maßnahmen versuchen die Gemeinden, gegenzusteuern. Von Peter Dietrich

Energiekosten, sagt der evangelische Pfarrer Axel Rickelt, seien für die Kirchengemeinden mit ihrem alternden Gebäudebestand schon länger ein drängendes Thema. Er sieht eine doppelte Herausforderung: die gesellschaftliche Aufgabe, einer drohenden Energieknappheit entgegenzuwirken, und den Versuch, die enorm gestiegenen Kosten im Griff zu behalten.

In den Gebäuden der evangelischen Gesamtkirchengemeinde gibt es Gas-, Holzpellets- und Ölheizungen, ein Pfarrhaus wird gerade auf Wärmepumpe umgestellt. Der mit Abstand größte Gasverbraucher, die Martinskirche, wird in diesem Winter gar nicht beheizt und bleibt zu. Gottesdienste werden in den anderen evangelischen Kirchen und 14-tägig in St. Ulrich gefeiert, an Heiligabend auch im Freien.

„Wir werden den Empfehlungen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg folgen und für Gottesdienste auf maximal 16 oder 18 Grad heizen, in Büros auf nicht mehr als 20 Grad“, sagt Axel Rickelt. Die bekannten Decken aus der Martinskirche lägen dann in den anderen Kirchen bereit. Andere Treffen finden wie gewohnt statt, aber ohne oder mit verkürzter Vorheizzeit. „Vielleicht ist es besser, einen Gemeinderaum zu heizen, als zehn Wohnzimmer, in denen jeder einsam und alleine sitzen würde.“ Gebäudeschließungen oder die Abschaltung von Heizungen sind nicht geplant. „In vielen Häusern befinden sich auch Dienst- oder Mietwohnungen.“

Die Vesperkirche ab Ende Januar in der Thomaskirche werde natürlich beheizt, versichert Rickelt. Auch wenn dies teurer werde als früher, sei dies gut angelegtes Geld. „In diesem Winter werden sich wohl noch mehr Menschen als sonst auf die günstige Mahlzeit, die Gemeinschaft und eben auch auf einen warmen Platz freuen.“

Die Adventgemeinde Kirchheim heizt ihr Gemeindehaus in der Jesinger Straße mit Erdgas. „Der Kessel ist schon etwas älter“, sagt der Gemeindeleiter Christian Limmer. Er sei sehr wartungsintensiv und solle ersetzt werden. „Geplant ist entweder ein neuer moderner Brennwertkessel mit Erdgas oder eine Pelletheizung.“ Allerdings würde das Pelletlager viel Platz brauchen.

Die Kosten würden, wie bei den meisten Freikirchen, durch Spenden der Gottesdienstbesucher gedeckt. Der Hausmeister achte schon immer  darauf, dass sparsam geheizt werde. Bei der Planung der Raumbelegung werde darauf geachtet, Heizzeiten effizient zu nutzen. „Bei uns muss jedoch niemand frieren, sonstige Einschränkungen sind derzeit nicht geplant“, versichert der Gemeindeleiter. Nach der Pandemie seien der Austausch und gemeinsame Gottesdienst wichtiger denn je. „Davon lassen wir uns auch durch steigende Energiekosten nicht abhalten.“

„Frieren muss bei uns niemand“, versichert auch Günter Öhrlich, Pastor der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde. „Das Programm läuft wie geplant. Unser Hausmeister hat eine Liste gemacht, wie wir Energie sparen können, für die Leute, die die Räume nutzen. Wir haben eine große Fensterfront, bei Sonnenschein soll der Rollladen immer oben sein. Wir achten darauf, dass Eingangstüre und Windfang geschlossen sind, die Gemeindebüros heizen wir nur noch auf 19 Grad.“ Dennoch rechnet Günter Öhrlich beim Gas statt bisher rund 5000 Euro im Jahr künftig eher mit 13 000 Euro. „Beim Strom ist es für 2022 noch nicht ganz so schlimm.“

„Bei der Ulrichskirche bin ich ganz sorglos“, sagt der katholische Pfarrer Franz Keil. Vor gut einem Jahr hat die Gemeinde in Kirche und Gemeindehaus investiert: Sie nutzt nun Erdwärme, Strom für die Wärmepumpe liefert die Photovoltaikanlage auf dem Gemeindehausdach. „Das Pfarrhaus ist leider noch nicht dabei“, sagt Franz Keil. Wegen der hohen Kosten habe es aus der kirchlichen Verwaltung harte Kritik gegeben: „Wie könnte ihr so etwas machen?“ Doch von ganz oben, vom Bischof und aus Rottenburg, sei Unterstützung gekommen. „Das haben wir gut geschafft, bei den jetzigen Preisen amortisiert sich das Projekt noch schneller“, sagt Franz Keil. Für andere Kirchen ohne eine solche Heizung bleiben ihm ein Tipp und eine Hoffnung: „Wenn viele Leute kommen, wird es warm.“