Kirchheim

„Für den Süden wäre das eine Katastrophe“

Interview Michael Hennrich, Vorsitzender von Haus und Grund, warnt vor einer Grundsteuer nach Verkehrswert.

Michael Hennrich (CDU)
Michael Hennrich (CDU) Foto: pr

Kirchheim. Grundeigentümer warnen in der Diskussion über die gesetzlich verordnete Grundsteuerreform vor einem Modell, das sich nach dem Verkehrswert von Grundstücken und Immobilien richtet. Der Kirchheimer Michael Hennrich ist CDU-Abgeordneter in Berlin und seit 2008 Vorsitzender von Haus und Grund in Württemberg.

 

Herr Hennrich, Sie sind selbst Eigenheimbesitzer hier in Kirchheim. Was haben Häuslesbesitzer und Mieter zwischen Alb und Neckar von der vom Verfassungsgericht verordneten Reform zu befürchten?

Michael Hennrich: Das hängt natürlich vom jeweiligen Modell ab. Es ist klar, das ein künftiges Steuermodell auf jeden Fall aufkommensneutral sein muss, weil es sich dabei um eine wichtige Einnahmequelle für die Kommunen handelt. Es sollte aus meiner Sicht auch marktneutral sein, das heißt, Grundstücksfläche und Gebäudeflächen sollten berücksichtigt werden. Ich warne aber davor, den Verkehrswert als Berechnungsgrundlage heranzuziehen. Für den Süden wäre das mit Blick auf die Preisentwicklung eine Katastrophe. Es wäre außerdem das am schwersten zu realisierende Modell, weil permanent nachjustiert und die Werte fortgeschrieben werden müssten, was einen gewaltigen Bürokratieaufwand bedeutete.

 

Wer wären die Verlierer und wer die Gewinner?

Der Besitzer eines kleinen Reihenhäuschens dürfte von einer Reform eher profitieren. Die 300-Quadratmeter-Villa mit großem Grundstück würde wohl deutlich teurer.

Was halten sie vom Vorschlag, nur den Bodenwert heranzuziehen?

Dabei ergibt sich ein ähnliches Problem, weil auch Grundstückswerte fortgeschrieben werden müssten. Nehmen Sie an, Sie haben ein Grundstück in unverbauter Ortsrandlage, und plötzlich wird die Ortsumgehung gebaut oder Sie haben die ICE-Baustelle als Nachbarn. Darin läge auch viel juristisches Streitpotenzial. Ich sehe das sehr skeptisch.

 

Dabei hat Ihre Partei im Koalitionsvertrag eine Art Bodensteuer bereits verankert. Die Grundsteuer C soll es Kommunen ermöglichen, brachliegende Grundstücke höher zu besteuern.

Das ist richtig. Aus politischer Sicht ist das nachvollziehbar, weil es darum geht, dringend benötigtes Bauland zu erschließen. Dies setzt aber nur bei Grundstücken an, die nicht bebaut sind. Wir bei Haus und Grund halten das trotzdem für problematisch, weil Eigentümer bestraft würden, denen vielleicht das Geld für Investitionen fehlt, während Spekulanten die Steuer aus der Portokasse bezahlen.

 

Kommt das Urteil der Verfassungsrichter zur Unzeit angesichts von Investitionsstau und Wohnungsnot?

Es kommt zumindest nicht überraschend. Dass sich an der Besteuerungsgrundlage etwas ändern muss, war schon lange klar. Ich sehe aber durchaus Gefahren, wenn es um Investitionen in den Wohnungsbau geht. Wenn etwa überlegt wird, ob die Grundsteuer künftig nicht mehr auf Mieten umgelegt werden soll, halte ich das für falsch. Das würde den Wohnungsbau bremsen und dazu führen, dass sich potenzielle Bauherren mit Investitionen zurückhalten.

 

2019 sind Kommunalwahlen. Wird die Grundsteuerreform das bestimmende Thema?

Bis Ende 2019 müssen laut Gericht Lösungen auf dem Tisch liegen. Das wird ganz sicher ein großes Thema im Wahlkampf werden und für manch spannende Diskussion auch in den Gemeinderäten sorgen. Die Stadt Stuttgart hat schon angekündigt, dass sie im kommenden Jahr die Grundsteuer senken will. Wir bei Haus und Grund freuen uns natürlich über jede Kommune, die diesem Beispiel folgt. Bernd Köble