Kirchheim

Für ein gutes Bier wird gern mehr gezahlt

Gastronomie Von der Bierpreisbremse halten viele Kirchheimer nichts. Sie legen mehr Wert auf ein gutes Ambiente. Produzenten sehen das anders. Von Thomas Krytzner

Vielen Gästen im Hirschgarten ist der Bierpreis egal - solang‘s schmeckt. Foto: Thomas Krytzner
Vielen Gästen im Hirschgarten ist der Bierpreis egal - solang‘s schmeckt. Foto: Thomas Krytzner

War das ein Aufschrei in München, als der dortige Bürgermeister Josef Schmid die Bierpreisbremse einführen wollte. Der Stadtrat lehnte den Vorstoß mit großer Mehrheit ab. Auch in Kirchheim hätte der Münchner Politiker mit seinem Ansinnen auf harte Bierdeckel gebissen. Weder die Besucher der Kirchheimer Biergärten noch die Betreiber oder Produzenten können sich für eine Deckelung der Preise für das deutsche Nationalgetränk begeistern. Laut Angaben der amtlichen Biersteuerstatistik trank jeder Deutsche 2016 rund 105 Liter des Gerstensaftes. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich knapp auf Platz zwei hinter Tschechien. Es ist also ein wichtiges Thema.

Im Hirschgarten sitzt Hans Maurer aus Kirchheim und genießt sein Hefeweizen: „Bei der Menge, die ich trinke, ist der Preis zweitrangig“, schmunzelt er, bevor er den zweiten Schluck nimmt. Andrea Hloch pflichtet ihm bei: „Die Preise wurden zwar erhöht, das haben wir auch gemerkt, aber für mich müssen die Atmosphäre und das Ambiente im Biergarten stimmen.“ Auch Ute Maurer hält nichts von einer Bierpreisbremse: „Wozu noch sparsam sein. Bei der Bank gibt es eh kaum noch Zinsen für Gespartes, da legen wir das Geld lieber in Bier an.“

Vier Euro sind die Grenze

Für Peter Hloch ist die Münchner Politposse eine Frechheit: „Ein solcher Vorschlag ist unrealistisch. Die Regierung kann sich doch nicht in die Kalkulation der Wirte einmischen.“ Die beiden Ehepaare sind zufällig im Biergarten. „Sonst kehren wir eher in der Innenstadt ein.“ Und zum Trotz ordern sie gleich eine zweite Runde des Weizengetränks. „Weil‘s hier einfach gemütlich ist.“

Marc Schmidt von der Braurevolution in Notzingen ist anderer Meinung. Er findet die Bierpreisbremse hilfreich: „Wenn die Halbe immer mehr kostet, bleiben irgendwann die Gäste weg“, sagt er. Er vermutet, dass der Mindestlohn hauptsächlich für die Erhöhungen verantwortlich ist. „Anfang des Jahres wurde das Bier schon teurer, und vor Kurzem drehten die Wirte nochmals an der Preisschraube.“

Der Bierproduzent sieht die Preisgrenze für einen halben Liter Hefeweizen bei vier Euro. „Aktuell bieten die Wirte das Bier noch unterhalb dieser magischen Grenze an. Das hat aber auch psychologische Gründe: 3,90 Euro sieht für den Gast einfach besser aus.“ Es droht weiteres Ungemach für die Bierliebhaber, wie Marc Schmidt voraussagt: „Wasser ist der Hauptrohstoff für Bier, und es gibt Gerüchte, dass der Wasserpreis erhöht werden könnte.“ Für die Braurevolutionäre hätte dies aber kaum Auswirkungen, bestätigt Schmidt: „Erst bei mehreren 100 000 Litern Wasser würde sich ein höherer Preis für uns bemerkbar machen.“

Der Bierproduzent kann mit den momentanen Kosten leben. Wenn er eine Halbe trinke, zahle er für ein gutes Bier gerne den aktuellen Preis. Die Gastronomen würden dabei auch noch genug verdienen. Er verspricht: „Wir heben unsere Bierpreise noch nicht an. Wir wollen einen fairen Preis, damit sich alle unser Bier leisten können.“ Passend zum Thema Preispolitik heißen zwei der Biersorten der Braurevolution „Aufruhr“ und „Meuterei“.

Fast zum Meuterer wird Horst Preuschoff aus Kirchheim, wenn er an die Preisgrenze denkt: „Bei vier Euro ist Schluss und Feierabend.“ Er zieht Hefeweizen vor und trinkt sein Bier meist am Wochenende am liebsten zu Hause.

„Schaue nicht auf den Preis

Urige Kastanienbäume spenden im Hirschgarten an der Dettinger Straße kühlenden Schatten. Dieser ist auch nötig, damit Inhaber Reinhard Segatz bei der ganzen Bierpreisdiskussion einen kühlen Kopf bewahrt. Denn: Er ärgert sich. „An einem Feiertag haben alle frei und alle sind unterwegs, sodass man kaum auf die Autobahn kommt.“ Und was hat das mit Bierpreisen zu tun? Segatz liefert die Erklärung: „Da fährt man weite Strecken für einen oder zwei Tage, verbraucht einen Haufen Benzin und ärgert sich dann über 10 oder 20 Cent mehr fürs Bier.“ Er findet, dass es viel schlimmer ist, irgendwohin zu gehen, wo einem das Bier nicht schmeckt, nur um am Preis zu sparen. „Da trinke ich meinen Gerstensaft lieber da, wo es vielleicht teurer ist, dafür schmeckt es mir.“

Segatz wirkt dem steigenden Bierpreis mit einem Gag - der bei den Gästen sehr gut ankommt - entgegen: „Die Sparfüchse unter den Biertrinkern können sich an der Theke eine 2-Liter-Bierflasche im Eis-Eimer zum Sonderpreis abholen.“ Für Reinhard Segatz gibt es keine Preisgrenze: „Wenn ich irgendwo hingehe, um Bier zu trinken, will ich Spaß haben. Da schaue ich nicht auf den Preis.“ Von den Stammgästen gab es bisher, wie der Biergartenchef erklärt, keine Beschwerden, dass das Bier zu teuer sei. „Sie bezeichnen den Hirschgarten öfters als Wohnzimmer, und da wird nicht gemeckert.“ Na denn, prost!