Kirchheim

Gärtnern mit gutem Gewissen

Landschaftsbau Steine liegen derzeit bei der Gartengestaltung im Trend. Wer dabei auch auf Recyclingprodukte setzt, kann sich beim eigenen Bauprojekt Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreiben. Von Daniela Haußmann

Foto: Daniela Haußmann

Gartenmoden kommen und gehen, doch ein Material erfreut sich seit Jahren wachsender Beliebtheit: Steine. Ob Trockenmauern, Kieswege, Beeteinfassungen, Garagenzufahrten oder Steinbeete - die Nachfrage an Schotter und Co. steigt. Das registriert auch Phi­lipp Köber, der rings um die Fachwerkstadt öffentliche und private Grünflächen gestaltet. Der Geschäftsführer von Köber Garten- und Landschaftsbau greift gerne auf Ersatzbaustoffe zurück. Pro Jahr setzt das Unternehmen 10 000 Tonnen Recyclingmaterial ein. Da auch in und um die Teckstadt immer mehr Privatleute bereit sind, in die Verschönerung des heimischen Außenbereichs zu investieren, hat die Gesteinsnachfrage in den vergangenen Jahren angezogen. Umso wichtiger ist es aus Sicht von Philipp Köber, auch im Garten- und Landschaftsbau sorgsam mit Ressourcen umzugehen.

So kann man beispielsweise aus alten Ziegeln nicht nur Dekorsplitt herstellen zur Gestaltung von Plätzen und Wegen. Dem roten Baumaterial lässt sich ebenso gut als Pflanzensubstrat ein zweites Leben einhauchen. Philipp Köber ist überzeugt: „Primärrohstoffe lassen sich nicht vollständig durch Recyclingprodukte ersetzen. Aber dort, wo ihr Einsatz ohne Qualitätseinbußen möglich ist, sollte auf Ersatzbaustoffe zurückgegriffen werden.“

Nach Angaben des Industrieverbandes Steine und Erden (ISTE) Baden-Württemberg liegt der jährliche Gesteinsbedarf deutschlandweit bei circa 700 Millionen Tonnen und europaweit bei rund 4 500 Millionen Tonnen. - Zahlen, die für Walter Feeß deutlich machen, dass jeder, der sich für Ersatzbaustoffe entscheidet, die Rohstoffsicherheit für nachfolgende Generationen verbessert. Der Geschäftsführer von Feeß Erdbau argumentiert: „Um Transportwege kurz und damit den Kraftstoffverbrauch, den CO2-Ausstoß sowie die Feinstaub- und Verkehrsbelastung so gering wie möglich zu halten, sollten die Ressourcen genutzt werden, die in den Gebäuden naheliegender Städte lagern. Sie sind ein riesiges, menschengemachtes Rohstofflager.“

Seit Oktober 2015 betreibt der Träger des Deutschen Umweltpreises auf seinem Kirchheimer Recyclinghof eine Bodenwaschanlage. Mit Wasser wird der steinige Erdaushub, der auf Baustellen rings um die Teckstadt anfällt, in seine Bestandteile zerlegt, wie Alexander Feeß erklärt. Lehm, Kies, Sand, Splitt und Schotter müssen so nicht auf Deponien verfrachtet werden, die ohnehin über begrenzte Kapazitäten verfügen, wie der Bauingenieur zu bedenken gibt.

Stattdessen kann beispielsweise Uwe Stiefelmeyer die Wertstoffe, die in seinem Erdaushub lagern, dank der Anlage etwa beim Bau von Terrassen, Garagenzufahrten oder Gartenwegen verwenden. Im Hinblick auf die Ökobilanz ist das absolut sinnvoll, wie der Geschäftsführer des Weilheimer Unternehmens Prengel Gärten deutlich macht: „Unser Sand und Kies kommen aus der Ulmer, Biberacher oder Karlsruher Gegend. Diese Transportstrecke lässt sich einsparen, indem auf Sekundärrohstoffe zurückgegriffen wird, die baustellennah zur Verfügung stehen.“ Was für fossile Rohstoffe gilt, gilt auch für mineralische: Sie sind endlich. „Deshalb sollten die Möglichkeiten, die die Wiederaufbereitung von Baustoffen vor Ort bietet, auch genutzt werden“, findet Philipp Köber, der genau wie Uwe Stiefelmeyer von der hohen Qualität der Recyclingprodukte überzeugt ist. Schließlich handle es sich um geprüftes, güteüberwachtes und zertifiziertes Material. Aus ihm lässt sich problemlos Recyclingbeton herstellen, der in einem puristischen Garten für Walter Feeß geschmackvolle Akzente setzen kann.

Doch wiederaufbereitete Baustoffe finden dort ihre Grenzen, wo Brunnen, Trockenmauern, Terrassenplatten oder Treppenstufen ins Spiel kommen. Diese Bauwerke sind fast ausschließlich aus Natursteinen gebaut, die in natürlichen Lagerstätten abgebaut werden. „Stehen aus anderen Projekten keine gebrauchten Platten, Stufen oder Mauersteine zur Verfügung, ist Primärmaterial die einzige Lösung. Und das muss“, laut Köber, „nicht zwangsläufig aus fernen Ländern zu uns transportiert werden. Heimischen Natursteine weisen eine deutlich bessere Ökobilanz auf und bieten ebenfalls eine große Auswahl an Farben und Strukturen.“

Gesteine aus Abbaustätten werden sich nie vollständig durch Recyclingmaterial ersetzen lassen. Trotzdem will die Wahl im Hinblic
Gesteine aus Abbaustätten werden sich nie vollständig durch Recyclingmaterial ersetzen lassen. Trotzdem will die Wahl im Hinblick auf die Ökobilanz gut überlegt sein. Baden-Württemberg bietet eine enorme Gesteinsvielfalt, die keine Wünsche offen lässt. Foto: Daniela Haußmann

Drei Fragen an ISTE-Chef Thomas Beißwenger

ISTE-Geschäftsführer Thomas Beisswenger. Foto: pr

1.Welche Vorteile bieten heimische Natursteine?

Südwestdeutschland bietet eine reiche Auswahl an qualitativ hochwertigen Natursteinen. Seit Jahren wächst das Bewusstsein für heimische Lebensmittel - warum sollte das nicht auch Maßgabe beim heimischen Naturstein sein? Wer bei Bauprojekten auf Steine zurückgreift, die verbrauchsnah gewonnen werden, hilft, CO2 zu sparen und betreibt damit Klimaschutz. Außerdem werden bei lokal und regional erzeugten Rohstoffen die europaweiten Arbeits-, Sicherheits-, Umwelt- und Qualitätsstandards eingehalten.

2.Welche Probleme können auftreten, wenn es bei Importgestein zu Reklamationen kommt?

Steine, deren Ursprung außerhalb Europas liegt, werden mit dem Schiff transportiert. Es kommt vor, dass bei der Verladung beispielsweise Kanten abgeschlagen werden. Bis Ersatz geliefert wird, können Monate ins Land ziehen. In dieser Zeit steht der Abbau im Steinbruch nicht still. Das hat zur Folge, dass das Ersatzgestein in Farbe und Struktur nicht unbedingt der ersten Lieferung entspricht. Wer in heimischen Abbaustätten einkauft, hat einen Ansprechpartner, der leicht erreichbar ist.

3.Hat das heimische Material für jeden etwas zu bieten?

Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau hat unter dem Titel „Naturwerksteine in Baden-Württemberg“ ein 800 Seiten starkes und 3,5 Kilo schweres Buch herausgebracht, das eine riesige Auswahl bietet: graue und rote Granite, Porphyre, Gneise, Travertine, fossilreiche und marmorartig texturierte Kalksteine in grauen bis beigen oder rötlichen Farbtönen und ein farbenreiches Spektrum an Buntsandsteinen. Wer seinen Garten individuell gestalten will, muss nicht auf Importware zurückgreifen.dh