Kirchheim
Gefallener Engel in der Martinskirche sorgt für Bestürzung

Gemeinde Pfarrer Jochen Maier geht von einem versuchten Diebstahl aus. „Manchen sind auch diese Orte nicht heilig.“ Von Thomas Zapp

Kirchheim. Es war Montagnachmittag gegen 17 Uhr, als Gemeindemitglied Wilhelm Mündler währen seines Schließdienstes die zerbrochenen Goldflügel auf dem Boden der Martinskirche fand. Sie gehörten zu einem der sechs Gipsengel an der Barockkanzel der Martinskirche aus dem späten 17. Jahrhundert. Jemand hat ihn offenbar heruntergerissen. „Um 16 Uhr war ich noch in der Sakristei und habe nichts gesehen, es muss sich also in dieser Stunde abgespielt haben“, sagt ein hörbar erschütterter Kantor Ralf Sach.

War es Zerstörungswut? Pfarrer Jochen Maier hält das für unwahrscheinlich. „Es sieht so aus, als hätte jemand versucht, den Engel abzusägen, denn es gibt eine glatte Schnittfläche“, sagt er. Vermutlich sei dem Dieb die Gipsfigur dann aus der Hand gefallen und auf dem Boden zerschellt. Das macht die Sache jedoch keinesfalls besser. „Es macht einen traurig, dass manchen Leuten auch diese Orte nicht mehr heilig sind. Sie können nicht anerkennen, dass manche Bereiche ihre eigene Würde haben, die nicht der persönlichen Bereicherung dienen dürfen“, sagt Jochen Maier. Die Gemeinde hat Anzeige erstattet, aber die Polizei konnte den Mitgliedern wenig Hoffnung machen, den Täter oder die Täterin ausfindig zu machen.

Die Kirche ist tagsüber für jedermann geöffnet und eine Kamera gibt es nicht. Das soll auch trotz des traurigen Vorfalls so bleiben. Auch eine Schließung während des Tages ist kein Thema für die Gemeinde. „Die Martinskirche ist an zentraler Stelle ein offener Rückzugsort, an dem jeder und jede zur Ruhe kommen kann. Das ist für uns elementar wichtig. Wir setzen da eher auf soziale Kontrolle durch die anderen Besucher.“ Das klappe in den meisten Fällen. Aber eben auch nicht immer: Vor Jahren war während der Musiknacht schon einmal ein Engel zerstört worden. Damals hatte allerdings jemand versucht, über die Kanzel in die Sakristei zu gelangen und dabei einen Engelskopf abgetreten.