Kirchheim

„Gewinne auf Kosten der Gesundheit“

Medizin Der Arzt Dr. Thomas Strohschneider prangert ein „Krankenhaus-Monopoly“ an.

Symbolfoto

Kirchheim. „Eine gute und verantwortungsbewusste Medizin braucht ökonomisches Denken und Handeln“, betonte Dr. Thomas Strohschneider, Facharzt für Allgemein- und Gefäßchirurgie und Autor von „Krankenhaus im Ausverkauf“ bei seinem Vortrag im Diakonieladen in Kirchheim.

Die Öffnung der Krankenhauslandschaft für private Gewinnerzielung seit 1985 habe aber nicht das Ziel verfolgt, Patientenwohl und wirtschaftliches Handeln in eine bessere Balance zu bringen. Den weltweit agierenden Krankenhauskonzernen, die mit Milliarden­umsätzen und hohen Renditen mittlerweile etwa 40 Prozent der deutschen Krankenhäuser betreiben würden, gehe es nach Ansicht des Medizinexperten vorrangig um die Steigerung ihrer Gewinne.

Kalkuliert werde mit Renditevorgaben von 12 bis 15 Prozent. Die Voraussetzungen für diese Gewinnerwartungen seien gut: „Die Gesundheitswirtschaft in Deutschland ist seit 2011 – mit Ausnahme des Krisenjahres 2020 – jedes Jahr gewachsen“, stellt der Mediziner in seinem Vortrag fest. Ihr Anteil an der Gesamtwirtschaft habe sich von 11,2 Prozent im Jahr 2011 auf 12,1 Prozent im Jahr 2020 erhöht. „Jeder achte Euro des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) wird hier verdient.“

Hohe Renditen könnten die privaten Klinik-Konzerne nur durch „Kostenreduzierungen“ beim ärztlichen und pflegerischen Personal und durch die Konzentration auf „lukrative Krankheiten“ erzielen. Finanziell interessant seien vor allem die Orthopädie und die Kardiologie. „Verlustgeschäft“ seien dagegen „personalintensive Patienten und Patientinnen“ – Schwangere, „die vielfach heute schon keine wohnortnahe Klinik mehr vorfinden“, Kinder, für die „das Angebot an Kinderkliniken oder Fachabteilungen immer weiter reduziert“ wird und „mehrfach oder chronische Erkrankte“.

Hoher ökonomischer Druck

Diese „Fälle“ überlasse man den Kliniken in öffentlicher oder kirchlicher Trägerschaft. Diese stünden aber ebenso unter hohem ökonomischem Druck. Dr. Strohschneider: „Verantwortlich dafür ist zum einen das Fallpauschalen-System, das 2003 eingeführt wurde. Zum anderen erfüllen die Länder – auch Baden-Württemberg – seit vielen Jahren ihre gesetzliche Pflicht immer weniger, die Inves­titionskosten zu finanzieren. Es fehlen Milliardenbeträge.“ Hans Dörr vom Rosa-Luxemburg-Club Kirchheim versprach als einer der Träger der Veranstaltung dem Referenten und den etwa 50 Interessierten: „Wir kämpfen weiter mit Ihnen für ein besseres Gesundheitswesen.“ pm