Kirchheim
Grippe-Impfung: „Influenza ist vermeidbar“

Medizin Ärzte raten in diesem zweiten Corona-Herbst dringend zur Grippeimpfung. Allerdings ist der Impfstoff für die Älteren häufig knapp. Von Antje Dörr

Die Erkältungssaison ist bereits im vollen Gange, die Covid-Zahlen steigen und die Grippesaison steht vor der Tür. In vielen Arztpraxen rund um die Teck werden in diesen Tagen viele Spritzen gegen Influenza gesetzt. Die Nachfrage nach der Impfung sei hoch, sagt Dr. Laura de Jong, Hausärztin in der Weilheimer Praxis Dr. Driesel. „Viele fragen von sich aus nach“, sagt sie. Die Hausärztin begrüßt das große Interesse, denn die Impfung sei auch in diesem zweiten Corona-Herbst besonders wichtig. „Ein Teil der Influenza-Infizierten wird schwer erkranken und auf der Intensivstation behandelt werden müssen“, sagt sie. Letztlich würden aber Betten für Covid-Kranke, andere respiratorische Infekte, die im Winter immer zunehmen, und die übrigen Intensiv-Patienten gebraucht werden. „Die Influenza ist vermeidbar. Impfstoff ist sicher und wirksam“, betont de Jong. 

 

Unsere Immunsysteme sind nicht auf die Influenza vorbereitet.
Dr. Laura de Jong
Hausärztin
 

Ein weiterer Grund, der für die Impfung spricht, ist aus de Jongs Sicht die  ausgefallene Grippe-Welle im vergangenen Jahr. „Unsere Immunsysteme sind diese Saison nicht auf die Influenza vorbereitet“, sagt die Medizinerin. Durch die Hygienemaßnahmen sei das Immunsystem nicht trainiert und daher noch anfälliger als sonst. „In unserer Praxis behandeln wir gerade deutlich mehr Patienten mit grippalen Infekten als in den Jahren zuvor“.

Die Stiko empfiehlt die Influenza-Impfung Menschen über 60 Jahren, Immungeschwächten, Schwangeren und medizinischem Personal. „Alle anderen impfen wir bei Wunsch auch“, sagt Laura de Jong. Letztlich sei ein schwerer Verlauf zwar nicht in dem Maße wahrscheinlich, aber eben auch nicht ausgeschlossen. Außerdem schütze man durch die eigene Impfung natürlich auch andere, da man selbst weniger häufig erkranke und andere nicht anstecken könne.

Im vergangenen Jahr war die Impfstoff-Lieferung nur schleppend in Gang gekommen. Auch in diesem Jahr läuft offenbar nicht alles rund. „Der hochdosierte Impfstoff Efluelda für die Älteren ist öfter knapp“, sagt Laura de Jong. Der Vierfach-Impfstoff für die Jüngeren sei in ausreichendem Maß verfügbar. 

Das berichtet auch Dr. Matthias Kühnle, Inhaber der Eberhard-Apotheke in Notzingen und der Kirch-Apotheke in Hochdorf. Menschen, die sich auf Rezept eine Einzeldosis Efluelda in der Apotheke besorgen wollen, schauen derzeit in die Röhre. Das betreffe Privatpatienten. „Efluelda als Einzeldosis gibt es momentan einfach nicht“, sagt er. Den Sprechstundenbedarf der Hausärzte dagegen habe er sehr gut abdecken können, sowohl bei Efluelda als auch beim klassischen Impfstoff.

Dass offenbar zu wenig Einzeldosen des hochdosierten Impfstoffs produziert worden sind, schiebt Dr. Kühnle auf ein „Hin und Her der politischen Empfehlungen“, das sich Anfang des Jahres abgespielt hat. „Ganz am Anfang wussten wir von Efluelda gar nichts, da wurde von den Praxen der klassische Impfstoff bestellt“, erinnert sich Kühnle. Als die Planung abgeschlossen war, sei angekündigt worden, dass älteren gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten nur noch der neue hochdosierte Impfstoff verabreicht werden dürfe. „Und dann wurde nochmal umgeschwenkt: Efluelda wurde zwar weiterhin empfohlen, aber bei Knappheit durften doch wieder andere Impfstoffe verabreicht werden“. Bei Impfstoffen müsse man immer ein halbes bis dreiviertel Jahr im Voraus planen. „Wenn man zu der Planungsunsicherheit noch so ein Hin und Her hat, ist das unschön“, ärgert sich Kühnle.

Einen Versorgungsengpass gebe es jedoch nicht. „Der klassische Grippe-Impfstoff ist uneingeschränkt verfügbar“, betont Kühnle. Er rät davon ab, sich gar nicht gegen Influenza impfen zu lassen, nur weil es den Efluelda-Impfstoff nicht gibt. „Da ist ein völlig falsches Bild entstanden, was die Qualität der Impfstoffe angeht. Wir sollten die Diskussion, die wir beim Corona-Impfstoff geführt haben, nicht wiederholen“, sagt er. 

Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Grippe-Impfung?

„Die jährliche Influenzawelle hat in Deutschland in den vergangenen Jahren meist nach der Jahreswende begonnen“, schreibt das Robert Koch Institut (RKI). Nach der Impfung dauere es 10 bis 14 Tage, bis der Impfschutz vollständig aufgebaut sei. Um rechtzeitig geschützt zu sein, werde deshalb empfohlen, sich ab Oktober bis Mitte Dezember impfen zu lassen. „Sollte die Impfung in diesen Monaten versäumt werden, kann es auch zu Beginn oder im Verlauf der Grippewelle noch sinnvoll sein, die Impfung nachzuholen. Schließlich ist nie genau vorherzusagen, wie lange eine Influenzawelle andauern wird“, so das RKI. adö