Kirchheim
Grüne planen für die Zeit nach Corona

Landtagswahl Zum Wahlkampfauftakt im Kreis Esslingen sprechen Ministerpräsident Kretschmann und der Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz über die Pandemie und über ihre Zukunftsvorstellungen. Von Andreas Volz

Politische Schwergewichte haben die Grünen im Landkreis Esslingen zu bieten. Das machte gestern zum virtuellen Wahlkampfauftakt Minis­terpräsident Winfried Kretschmann deutlich, der im Wahlkreis Nürtingen antritt: „Außer mir kandidieren hier auch noch unser Fraktionsvorsitzender Andreas Schwarz im Wahlkreis Nürtingen sowie seine Stellvertreterin und unsere wirtschaftspolitische Sprecherin Andrea Lindlohr im Wahlkreis Esslingen.“

Zunächst ging Kretschmann auf das alles beherrschende Thema ein: Corona. Zufrieden zeigte er sich darüber, dass die Inzidenzzahlen jetzt unter 100 Infizierten pro 100 000 Einwohnern liegen: „Wir sind bei knapp über 80 und damit nach Niedersachsen das Bundesland mit der niedrigsten Inzidenz.“ Das sei aber kein Anlass zur Entwarnung: „Die Lage bleibt fragil. Große Unsicherheitsfaktoren sind die neuen Mutanten.“

In diesem Fall weiß der Minis­terpräsident nur zu genau, wovon er spricht: „Zehn Minuten vor der Pressekonferenz, wo ich verkünden wollte, dass wir Grundschulen und Kindertagesstätten in kleinen Schritten wieder öffnen wollen, ereilte uns die Nachricht, dass in Freiburg ausgerechnet in einer Kindertagesstätte die neue Mutante des Virus aufgetreten ist.“ Er zieht daraus folgenden Schluss: „Man sieht, so eine Pandemie ist einfach nicht berechenbar.“

Nächstes Problem: „Der Impfstoff kommt langsamer als gedacht - wobei wir als Land gar nichts dafür können.“ Auf Nachfrage wehrte er sich auch vehement dagegen, die Zuteilungen in einzelnen Landkreisen auseinanderzudividieren: „Wo führt uns das hin? Wenn wir mit den Kreisen anfangen, geht das noch runter auf die einzelnen Kommunen. Fakt ist: Die Impfstoffe, die wir bekommen, werden verimpft, so schnell wie möglich.“

Auf den Wahlkampf als eigentliches Thema kam Winfried Kretschmann erst verspätet zu sprechen, und auch das fing mit Corona an: „Die Einschränkungen werden noch längere Zeit bleiben. Aber es wird ein Leben nach der Pandemie geben.“ Für diese Zeit gelte es die richtigen Weichen zu stellen. Der Ministerpräsident setzt auf „Dekarbonisierung, Digitalisierung und Demokratisierung“. Dekarbonisierung heißt nichts anderes als „weg von der Kohle“. Die Grünen setzen auf Solaranlagen für jedes Dach und auf mehr öffentlichen Nahverkehr.

„Außerdem müssen wir mit der Transformation der Automobilindustrie weiterkommen“, sagt der Ministerpräsident und verweist auf den „Strategiedialog Automobilwirtschaft“. Um einen vergleichbaren Dialog gehe es auch bei der Gesundheitswirtschaft im Land. Für mehr Demokratisierung solle unter anderem das System der Bürgerräte mit zufällig ausgewählten Personen sorgen.

Als Wahlkämpfer zeigte sich Winfried Kretschmann, als er nach der Konkurrenz durch die Klimaliste gefragt wurde: „Jeder kann zu einer Wahl antreten. Das ist sein gutes Recht. Das brauche ich als Ministerpräsident nicht zu beurteilen. Aber als Wahlkämpfer kann ich nur sagen: Die Klimaschutzpartei sind wir Grünen.“

Sonderlob für Andreas Schwarz

Bevor er sich aus der Konferenz ausklinken musste, verwies der Ministerpräsident für weitere Fragen auf seinen Fraktionsvorsitzenden: „Der weiß über alles Bescheid. Mit dem rede ich ja jeden Tag.“ Ohnehin seien die Fraktionsvorsitzenden in der Öffentlichkeit stark unterschätzt: „Das sind ganz wichtige Leute. In der Haushaltskommission zum Beispiel geht für mich ohne den Segen von Andreas Schwarz gar nichts.“

Dieser knüpfte nun auch im Wahlkampfmodus nahtlos an den Ministerpräsidenten an: „Für Klimaschutz und eine innovative Wirtschaft“, lautet sein Wahlslogan, und für eine innovative Wirtschaft setzt er auf eine Stärkung der Hochschulen: „Die Wirtschaft soll von deren Know-how profitieren können, und deswegen geben wir den Hochschulen mehr Planungssicherheit und schaffen mehr Studienplätze.“ In der Verkehrspolitik geht es Andreas Schwarz nicht nur um die Tangentialverbindung der S-Bahn zwischen Kirchheim und dem Flughafen, sondern auch um die Förderung der Elektromobilität und der Brennstoffzelle - „vor allem für den Güterverkehr“.

Ansonsten will der Kirchheimer Abgeordnete die Kommunen stärken, durch Wohnraumförderung und einen Fokus auf frühkindlicher Bildung. Dazu gehört unter anderem die Digitalisierung mittels elektronischer Lernplattformen. Wegen der Demokratisierung plädiert Andreas Schwarz für ein generelles Wahlrecht ab 16 Jahren, und in der Pandemie rät er zur Briefwahl: „Das ist mit Abstand die sicherste und einfachste Wahl.“