Kirchheim
Grundsteuererklärung: „Arbeitstechnisch der Super-GAU“

Bürokratie Mit der Abgabe ihrer Grundsteuererklärung müssen sich derzeit viele Immobilien- und Grundstücksbesitzer herumplagen. Die Frist endet am 31. Januar. Dann drohen Verspätungszuschläge. Von Heike Siegemund

Region. Am Dienstag, 31. Januar 2023, endet die Frist für die Abgabe der Grundsteuererklärung. Doch auch in der Region haben bisher längst noch nicht alle Immobilien- und Grundstücksbesitzer ihre Daten über das Online-Portal Elster übermittelt: Wie Elmar Wankmüller, Leiter des Finanzamts Nürtingen, auf Nachfrage mitteilt, seien - Stand 23. Januar - 65,5 Prozent der Erklärungen zur Grundsteuer B (also für nicht landwirtschaftliche genutzte Grundstücke) eingegangen.

Wer seine Grundsteuererklärung noch nicht gemacht hat, sollte dies jetzt schnell erledigen, rät der Amtsleiter. Nachdem im Herbst vergangenen Jahres die Frist verlängert wurde, sei eine erneute Fristverlängerung nun nicht mehr möglich. Reicht man seine Erklärung nicht bis zum 31. Januar ein, gebe es im ersten Quartal dieses Jahres zunächst eine Erinnerung von Seiten des Finanzamts. „Spätestens nach der Erinnerung sollten versäumte Erklärungen unverzüglich nachgeholt werden“, betont Wankmüller. „Andernfalls könnte es zu Verspätungszuschlägen und zu einer Schätzung des Grundsteuerwertes durch das Finanzamt kommen.“ Und eine solche Schätzung fällt in der Regel stets höher aus – ist also zum Nachteil des Steuerpflichtigen.

Das Problem bei der Grundsteuererklärung ist jedoch: Viele Menschen tun sich schwer; vor allem für Ältere ist allein schon die Registrierung bei Elster eine große Herausforderung – sofern sie überhaupt über die technischen Voraussetzungen verfügen, also einen Computer mit Internetverbindung besitzen. Ist die Hürde mit der Registrierung geschafft, kommen die nächsten Schwierigkeiten: Es warten zum Teil unverständliches Behördendeutsch, verwirrende Fragen – zum Beispiel nach Zähler und Nenner des Flurstücks - und am Ende womöglich Fehlermeldungen. Auch das Zusammentragen der notwendigen Flurstückdaten hat es für viele in sich.

„Der Informationsbedarf in der Bevölkerung ist enorm“, sagt auch Wankmüller. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Finanzamts unterstützen die Menschen bei ihren zahlreichen Fragen so gut wie möglich, betont er. Es komme derzeit wöchentlich zu mehr als 1000 teletonischen Anfragen; außerdem gehen hunderte Anfragen pro Woche „per Post, über das elektronische Kontaktformular und über E-Mail beim Finanzamt Nürtingen“ ein. Dies sei eine große Herausforderung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Finanzamts. Aufgrund der Vielzahl der Anrufe und Anfragen könne es zu Wartezeiten kommen. „Das bedauern wir sehr. Wir bitten insoweit um etwas Geduld und Verständnis.“ Wankmüller betont aber auch: Viele Anfragen ließen sich vermeiden, wenn bestimmte Informationsquellen genutzt werden (siehe Kasten). „Hierdurch erspart man sich auch die Warteschleife in der Hotline des Finanzamts.“

Weil viele Grundstückseigentümer alleine nicht weiterkommen, holen sie sich Hilfe von Steuerberatern. Auch Linda Laessing von der Steuerberatungsgesellschaft KKG in Weilheim berichtet, dass manche schon an der Elster-Registrierung scheitern. „Seit Mitte Dezember bekommen wir fast täglich neue Aufträge.“ Vom Finanzamt Hilfe zu erhalten, sei für die Grundstückseigentümer sehr schwierig. „Man darf den Finanzbeamten aber keine Schuld geben. Sie müssen das Ganze nur umsetzen und sind selber überlastet.“ Auch die Steuerberater werden von den zahlreichen Anfragen überrollt: „Arbeitstechnisch ist das der Supergau“, konstatiert Linda Laessing.

Was sie befürchtet: Möglicherweise gehe das gleiche Spiel in ein paar Jahren wieder von vorne los. Damit spielt sie auf eine Musterklage an, die der Verband Haus und Grund, der Bund der Steuerzahler sowie der Verband Wohneigentum auf Landesebene angestrengt haben, weil sie das Landesgrundsteuergesetz für verfassungswidrig halten. „Stand heute können wir nicht absehen, was mit dem Gesetz passiert“, sagt die Steuerberaterin. Sie empfiehlt deshalb allen Eigentümern von Immobilien und Grundstücken, mit Hinweis auf die Verfassungswidrigkeit Einspruch gegen ihren Grundsteuerwertbescheid einzulegen. Denn nur dann könnten sie von einem neuen, möglicherweise günstigeren Grundsteuergesetz profitieren. Vorlagen für Mustereinsprüche seien zum Beispiel bei Haus und Grund erhältlich.

Auch Michael Hennrich, Vorsitzender des Landesverbands von Haus und Grund, betont: „Wir haben verfassungsrechtlich große Bedenken“. Ein Einspruch könne sich daher lohnen, den man deshalb „auf jeden Fall prüfen sollte“. Mit Blick auf die Abgabe der Grundsteuererklärung gesteht Hennrich: „Auch ich selbst habe einen Steuerberater hinzugezogen“. Bei Haus und Grund sei der Beratungsbedarf derzeit enorm: „Es ist zurzeit das Top-Thema“. Generell sei es schwer nachvollziehbar, warum jetzt jeder Immobilien- und Grundstücksbesitzer eine Steuererklärung abgeben muss – „denn die Daten liegen eigentlich alle vor. Der Staat hat die Grundstücksgrößen und Bodenrichtwerte“.

Spannend werde nun die Frage, ob die Grundsteuer für jeden steigt. Da die Hebesetze der Kommunen für 2025 bisher fehlen, lässt sich die künftige Grundsteuer noch nicht berechnen. Hennrich: „Man fischt hier noch im Trüben. Rechnen muss man aber mit allem.“

Wo und wie man sich informieren kann

Bei der elektronischen Abgabe der Grundsteuererklärung sollte man darauf achten, dass man die richtige Auswahl der Anlagen zur Erklärung trifft, betont Elmar Wankmüller, Leiter des Finanzamts Nürtingen: Während für Grundstücke die Anlage Grundstück (GW-2 BW) benötigt wird, sind die Angaben zu land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken auf der Anlage GW-3 BW einzutragen. In Ausnahmefällen sei auch die Abgabe einer Papiererklärung möglich: Hier sei auf die Verwendung der baden-württembergischen Vordrucke zu achten.

Ein häufig auftretender Fehler betreffe die Angaben zur Grundstücksnutzung. Werde das Grundstück überwiegend zu Wohnzwecken genutzt, können die Eigentümer dies auf der Anlage Grundstück auswählen. In diesem Fall werde die Steuermesszahl um 30 Prozent reduziert. Dadurch verringere sich die ab 2025 zu zahlende Grundsteuer.

Beim Ausfüllen der Erklärung seien die unter www.grundsteuer-bw.de abrufbaren Ausfüllhilfen sowie die dort verfügbaren Erklärvideos und Beispielfälle hilfreich. Die für die Erklärungsabgabe erforderlichen Bodenrichtwerte seien ebenfalls unter www.grundsteuer-bw.de abrufbar. hei