Kirchheim
Harmonika und dynamische Wechselbäder

Konzert Steve Baker verzaubert mit seinen diversen Mundharmonikas das Publikum im Club Bastion. Aber auch gesanglich hat Baker mit rauher Stimme und ausdrucksstarken Texten viel zu bieten. Von Rainer Kellmayer

Wer meint, die Mundharmonika sei ein einfaches Kinderinstrument, der hat noch nie Steve Baker an der Bluesharp erlebt. Was der aus London stammende Musiker, der seit vielen Jahren in Deutschland lebt, im Club Bastion aus einem breiten Arsenal an Harmonikas zauberte, war Bläserkunst vom Feinsten: Gebannt lauschte das Publikum Bakers kreativen Exkursen und bewunderte den Tiefgang der Musik.

Nach Kirchheim mitgebracht hatte der Mundharmonika-König seine Band „The LiveWires“. Man spürte die Harmonie zwischen dem Chef und seiner aus Robert Carl Blank, Jeff Walker und Yogi Jockusch bestehenden Crew – ein Konsens, der der Musik ihren Stempel aufdrückte. Das Quartett verstand sich blind, und wenn Baker in bester Abstimmung mit Blank und Walker zum dreistimmigen Gesang ansetzte, entstanden Momente faszinierender klanglicher Dichte.

Sozialkritische Texte

Früher hat Steve Baker in unzähligen Konzerten und Studioproduktionen mit seiner Bluesharp den Sound von Musikgrößen wie Hannes Wader, Klaus Doldinger oder Chris Jones aufgepeppt. Doch irgendwann war ihm das zu wenig: Er wollte sich auch über den Gesang ausdrücken, seine lyrisch verpackten, politischen und sozialkritischen Texte vokal transportieren.

Außer „This Wheel’s On Fire“ – einer Hommage an Bob Dylan – präsentierte Steve Baker in der Bastion nur eigene Kompositionen. Mit der speziellen, gelegentlich recht rauen Färbung seiner Stimme gab er Titeln wie dem „Blind Man Blues“ oder „Too Broken To Mend“ Kontur. Dabei beeindruckte nicht nur die stimmliche Umsetzung, sondern auch die absolute Identifikation Bakers mit seiner musikalischen Welt: Der ausdrucksstark agierende Sänger ging völlig in seiner Musik auf.

Es war ein Glücksfall, dass Baker mit Robert Carl Blank einen Gitarristen an seiner Seite hatte, der für das stabile harmonische Gerüst sorgte und bei seinen Chorussen virtuoses Saitenspiel aufblitzen ließ. In stoischer Ruhe setzte Jeff Walker die Basstöne: unaufgeregt, jedoch mit präzisen gezupften Abstiegen in die tiefsten instrumentalen Lagen. Im Hintergrund agierend, jedoch stets präsent, gab Yogi Jockusch am Cajon mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks den Puls vor. Es war sehr wohltuend, dass die vier Herren dem Publikum nicht mit phonstarken Aktionen die Ohren zudröhnten, sondern ohne viel elektronischen Schickschnack für dynamische Wechselbäder sorgten. Da ging die Dynamik auch mal in ein feines Pianissimo zurück, um dann wieder Anlauf zu spannungsvollen Steigerungen zu nehmen.

Meditative Blueslinien standen neben fetzigen Boogie-Woogie-Rhythmen, und als die Band zum Instrumentaltitel „Doublecrossed & Blue“ ansetze, konnte man die individuelle Meisterschaft der Akteure bestaunen.

Baker und seine Crew drehten gegen Ende des Programms nochmals mächtig auf: Die fetzige Musik brachte das Publikum in Bewegung - es wurde getanzt, mitgesungen und mitgeklatscht. Für Steve Baker und The LiveWires gab es in der Bastion stürmischen Schlussapplaus. Und natürlich folgten die obligatorischen Zugaben.