Kirchheim
Heizungen: Fachmann rät zum Abwarten

Vorschriftendschungel Heizungstechniker Andreas Bezler und seine Kollegen sind ständig im Einsatz. Der Beratungsbedarf zur gesetzlichen Lage ist bei der Kundschaft derzeit enorm hoch. Von Gabriele Böhm

„Da kennt sich bald niemand mehr aus“, sagt Andreas Bezler, Geschäftsführer von Bezler Heizungstechnik in Jesingen. In seinem Unternehmen für Heizungs- und Sanitärtechnik, Bad, Klima und Elektro, das 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, dreht sich seit geraumer Zeit nicht mehr alles um die handwerkliche Arbeit.

 

Die Regierung setzt überall auf Strom,
aber woher soll der kommen?
Fachmann Andreas Bezler macht sich vor allem
im Blick auf den Winter Sorgen.
 

Es geht auch um die Beschäftigung mit den neusten Vorschriften zu Heizungsbau und -sanierung und ihre Bedeutung für die Kundschaft. Jetzt hat die Regierung die Thematik neu verhandelt: „Wir schwimmen ein Stück weit“, sagt Bezler, der selbst auch Vorträge hält. Selbst beim Fachverband müsse man sich immer erst neu auf die aktuelle Situation einstellen. Die Verunsicherung der Kundschaft kann er daher verstehen und wünscht sich, dass der Gesetzgeber schnells den gesamten Bereich und die Übergangsfristen verbindlich klären möge: „In Berlin denkt man sich etwas aus, das wir dann verstehen und umsetzen müssen.“

„Ab 2044 gibt es ein generelles deutschlandweites Verbot für fossile Brennstoffe bei Heizkesseln im Gebäudebestand“, erläutert der Experte. „In Baden-Württemberg gibt es ein zusätzliches Klimagesetz, wonach schon ab 2039 keine fossilen Brennstoffe mehr verheizt werden dürfen.“ Spätestens 2039 beziehungsweise 2044 müsse man also derartige Brennkessel im Haus stilllegen. „Das bedeutet, dass man zwar noch bis Ende 2023 einen klassischen Öl- oder Gaskessel einbauen darf, dass es aber dafür keine Fördergelder gibt und die Laufzeit nur wenige Jahre betragen würde.“ – Sowohl in punkto Nachhaltigkeit als auch für den Geldbeutel eine schlechte Bilanz.

Eine Wärmepumpe hält er für ideal in einem Neubau. Doch in ein bestehendes Gebäude könne sie nicht ohne Weiteres eingebaut werden. „Die alten Stahlheizkörper sind auf eine Vorlauftemperatur von 60 bis 70 Grad ausgelegt. Mit dieser Temperatur schickt der Heizkessel das Wasser nach oben, wo die Wärme an die Raumluft abgegeben wird.“ Die Wärmepumpe aber könne nur rund 40 bis 45 Grad erreichen: „Mit den alten Heizkörpern bekommt man das Haus nicht warm.“ Hohe Stromkosten entstehen, wenn die alten Heizkörper nicht gegen solche mit Niedrigtemperatur ausgetauscht werden. Im einen Fall habe man also hohe Betriebskosten, im anderen höhere Investitionen.

Stattdessen bietet sich eine Pelletheizung an, mit der auch mit den alten Heizkörpern ausreichende Temperaturen erzielt werden könnten. „Sowohl das Rohmaterial Holz als auch entsprechende Pelletwerke gibt es bei uns in der näheren Umgebung“, meint Bezler. Die Schaffung von Pellets aus Abfallholz könne auch regionale Arbeitsplätze schaffen oder erhalten.

Er fordert, dass Kunden wählen können. Die Fördersätze müssten angeglichen werden. Stand heute würden Wärmepumpen höher gefördert als Pelletheizungen. „Aber wenn alle  auf eine Wärmepumpe umsteigen, bekämen wir Probleme mit der Strombeschaffung.“ Um die Sache noch komplizierter zu machen, gebe es einen Klimabonus der Stufen eins bis drei, orientiert an Alter der Anlage, Besitzverhältnissen und Nutzung.

Er rät dazu, alte Öl- und Gasheizungen weiter zu betreiben, bis Klarheit besteht: „Man sollte nichts überstürzen, sondern die nächsten zwei bis drei Jahre abwarten.“ Gehe eine Heizung kaputt, müsse man im Einzelfall prüfen, ob es noch Ersatzteile gebe und sie als Übergangslösung repariert werden könne.

Generell stellt sich folgende Frage: „Die Regierung setzt überall auf Strom, aber woher soll er kommen?“ Im Sommer sieht Bezler aufgrund der Photovoltaik-Anlagen auf vielen Dächern kein Problem. „Aber zwischen November und Februar, wenn man am meisten Heizenergie braucht, scheint die Sonne am wenigsten.“ In dieser Zeit gebe es auch weniger Wind für Windkraftanlagen. Nicht gefördert würden Schweden- und Kaminöfen aufgrund ihres Ausstoßes an Feinstaub und ihrer nicht regelbaren Verbrennung von Holzscheiten: „So etwas ist ineffizient.“

Heizungsbauer zählten aktuell zu den gefragtesten Handwerkern überhaupt, und das wird wohl auch so bleiben. Die Industrie sei auf den Bedarf an neuen Heizungen nicht vorbereitet gewesen. „Wer eine Umstellung plant, sollte sich deshalb auf Wartezeiten von mehreren Monaten bis zu zwei Jahren einstellen“, rät Bezler.