Kirchheim
„Hilfe für Guasmo“ bedeutet: Hilfe, die ankommt

Ehrenamt Die Gründerin des Vereins „Hilfe für Guasmo“, Ursula Hauser, gab den Stab weiter an das Kirchheimer Ehepaar Susanne und Bernhard Riehm. Sie besuchten Familien vor Ort in Ecuador. Von Helga Single

Susanne und Bernhard Riehm erinnern sich gut an ihren ersten Besuch 2014 in Ecuador. Sie waren erschüttert über die bittere Armut. Bis heute hätte sich nicht viel daran geändert, sondern ganz im Gegenteil, stellten sie bei ihrem Antrittsbesuch dieses Jahr fest.

Seit Anfang 2020 sind sie die neuen Gesichter des Vereins „Hilfe für Guasmo“ und bilden die Doppelspitze im Vorstand. „Wegen Corona konnten wir erst jetzt die vereinsinternen Projekte besuchen“.

Der Verein verhilft Kindern und Jugendlichen aus armen Verhältnissen zu schulischer und beruflicher Qualifikation. Als im Jahr 1987 in der Hafenstadt Guayaquil, im Südwesten von Ecuador, mit der Modernisierung einer Nähwerkstatt im Armenviertel Guasmo alles anfing, ahnte niemand, dass daraus eine Erfolgsgeschichte würde. Mit den ersten Spenden wurde in ein Bildungszentrum investiert. Weitere Projekte in Guayaquil folgten. Später kamen Hilfsprojekte in Oriente im Amazonasgebiet dazu.

Die Dozentin für Französisch und Deutsch und ihr Mann Bernhard, von Beruf Informatiker, starteten ihre Rundreise in Guayaquil, eine der größten Städte Ecuadors. Seitdem sie das letzte Mal da gewesen waren, sei eine Skyline moderner Bürogebäude entstanden, die in krassem Gegensatz zu den Armenvierteln steht, wo ärmliche Wohnverhältnisse nach wie vor dasselbe triste Bild boten, wie bei ihrem ersten Besuch.

Die Menschen, die es sich leisten können, bedienten den gehobenen „American Lifestyle“ und wohnten in streng bewachten Anlagen, in denen sie sicher vor steigender Kriminalität seien. Die Bewohner der Armenviertel blieben schutzlos ausgeliefert. In der Pandemie spielte die daraus resultierende Arbeitslosigkeit den Drogenkartellen in die Hände. Anschläge und zunehmende Gewalt schüchterten die Bevölkerung ein. Die Eltern schickten ihre Kinder auf private oder halbstaatliche Schulen, da die Ausbildung an staatlichen Schulen unbefriedigend sei und Kriminalität zum Alltag gehörten. „Die armen Familien können das Schulgeld, auch wenn es nicht so hoch ist, ohne unsere Hilfe nicht stemmen“, berichtete Susanne Riehm. Sie wünschten sich nichts Sehnlicheres als eine gute Schulbildung für ihre Söhne und Töchter und Chancen auf ein besseres Leben.

Im persönlichen Kontakt mit den Menschen hätten sie erlebt, wie dringend notwendig Hilfe sei. Während die Gewaltbereitschaft in Guayaquil ein großes Thema ist, spielt es in Oriente, dem zweiten Gebiet ihrer Reise, keine Rolle. Dort werden ausschließlich Mädchen gefördert, die aus sehr armen Familien mit sehr geringem Einkommen kommen.

Den Teufelskreis durchbrechen

Traditionelle Denkmuster der Amazonasfamilien erschweren den Schulbesuch, denn „Mutterschaft wertet die Frauen auf“. Bei der Begegnung mit Helen, einer langjährigen Stipendiatin und ihrer Familie zeigte sich eine positive Entwicklung des Lebensstandards über die Generationen hinweg. Helen wohnt bei ihrer Schwester und arbeitet in einem Lebensmittelgeschäft. Wenn es ihre Zeit zulässt, arbeitet sie für ihr Fernstudium in Psychologie.

In Ecuador ist in allen Bildungseinrichtungen die Beschäftigung von Psychologen vorgeschrieben und somit sind ihre Berufsaussichten sehr gut. Die 16-jährige Brithany wohnt zusammen mit der Mutter und der Schwester. Sie ist eine hervorragende Schülerin und wird seit diesem Schuljahr vom Verein unterstützt. Früher wohnte die ganze Familie in einer Schilfhütte, die sie inzwischen gegen ein gemauertes Haus eintauschten. Die Lebensumstände seien weiterhin spartanisch, aber die beiden Mädchen teilen sich einen Drucker und Computer und hätten somit wichtige Voraussetzungen zum Lernen.

Mit der Finanzierung in Schulbildung wurden Grundlagen geschaffen, die den Teufelskreis aus Armut, Drogensucht, Kriminalität durchbrechen. Über eine persönliche Patenschaft seien die Riehms selbst zum Verein gekommen und übernahmen nach und nach mehr Funktionen. „Ein bis zwei Mal im Jahr bekommen die Paten Briefe und es entstehen schöne Beziehungen“. „Der Kontakt zur „großen weiten Welt“ sei für die Kinder spannend und die Familien setzen ihre Hoffnung auf uns“, berichteten sie. Zukünftig seien Besuche im Abstand von zwei Jahren geplant, denn über einen persönlichen Kontakt vor Ort „lässt sich mehr bewegen“, finden sie.

 

Der Verein „Hilfe für Guasmo“

Die Anfänge des Vereins reichen in das Jahr 1986. Die Kirchheimer Firma Graupner legt eine Stiftung von 100 000 DM auf, die Ursula Hauser fortan verwaltet. Sie entwickelt ein Konzept zur Ausbildung von Frauen mit Unterstützung italienischer Nonnen, den „Madres Doroteas“ in Guasmo.

Eine Nähwerkstatt wird reaktiviert und modernisiert. Es entstand ein Bildungszentrum, das inzwischen in einheimische Hände gegeben wurde und die Erfolgsgeschichte weiterträgt.

Ganz neu dazugekommen ist die Förderung von 20 Schülerinnen und Schülern seit dem Schuljahr 2022/23 in Christo de Consuelo, einem Viertel, das zu Guasmo gehört. In La Aurora, das im Norden der Millionenstadt von Guayaquil liegt, unterstützte „Hilfe für Guasmo“ eine kleine Pfarrei beim Ausbau eines Kindergartens und Kinderkrippe. Es entstand ein weiteres Ausbildungszentrum für Stipendiaten und deren Familien.

Mit den Jahren dehnte sich das Hilfsprogramm auf das Amazonasgebiet Oriente nach Puerte Napo aus. Der Verein baut Schulen, Kindertagesstätten und andere Ausbildungseinrichtungen und finanziert Lehrkräfte, Mobiliar und digitale Ausstattung.

Das neueste Projekt ist ganz im Norden von Ecuador, in Chamanga. 2016 zerstörte dort ein großes Erdbeben Infrastruktur und Wohnraum. Mit Unterstützung aus Europa, Ecuador und China wurde alles wieder aufgebaut. Für die wiederaufgebaute Schule übernimmt „Hilfe für Guasmo“ die Finanzierung einer Lehrkraft.

Der Verein sammelt weiter Spenden und bietet sowohl persönliche Patenschaften als auch Projektbezogene Patenschaften an. Einzelspenden seien jederzeit herzlich willkommen. Jeder einzelne Euro fließt in Bildungseinrichtungen oder Ausbildungsplätze vor Ort und erhöht die Chancen auf ein menschenwürdigeres Leben in Ecuador. Der Verein erbittet Überweisungen auf das Konto: BW Bank, IBAN DE50 600 501 010 008 486 46. his