Kirchheim
Hörgenuss zwischen Grünpflanzen

Erlebnis Das Trio „Muddy What?“ begeistert in der Bastion sein Publikum und demonstriert endlos scheinende ­Liebe zum Blues. Der eigene Tour-Teppich kam in Kirchheim aber nicht zum Einsatz. Von Sabine Ackermann

Wer auch immer für diesen Programmpunkt in der Bastion verantwortlich war, es war mal wieder ein Glücksgriff. „Muddy What?“ – für Kenner des Blues keine Unbekannten, für alle anderen dafür Grund genug, nun diese Art der Musik zu lieben. Zwei Männer, eine Frau, deren Bandname aus einer Frage besteht. Ganz bewusst ausgewählt in Wertschätzung an Muddy Waters, der einer der einflussreichsten US-amerikanischen Bluesmusiker war.

Was macht das Trio so besonders? Vieles. Es sorgt beim Publikum für Staunen, weil man die Mitglieder angesichts ihres Alters mit diesem Musikgenre nicht in Verbindung bringt. Dabei haben sie „Muddy What?“ bereits 2006 gegründet: die Geschwister Ina (Leadgitarre, Mandoline) und Fabian Spang (Gitarre, Gesang), 34 und 36 Jahre alt, und deren „seelenverwandter“ Freund Michael Lang (Schlagzeug, Bass), der mit 31 Lenzen das Küken ist. Sie machen es sich gemütlich, bevor sie spielen. Drapieren „handgerissene und zusammengenähte Stofffetzen“, wo immer auch Platz ist, bringen zwischen ihrem Instrumenten-Equipment pflegeleichte und langlebige Grünpflanzen in Position, und, liegt er wie in der Bastion nicht schon da, sorgt ihr Tour-Teppich für warme Füße.

Apropos Tour – von A wie Ansbach bis Z wie Zirndorf geht es mit Zwischendrin-Auftritten in Belgien, Gouvy, Niederlanden, Breda, Schweden, Malmö, und das Highlight Memphis, Tennessee. Anfang Oktober vor einem Jahr gewannen die sympathischen Drei in Eutin die German Blues Challenge und wurden somit zur besten deutschen Bluesband des Jahres gekürt. Im Vordergrund steht stets der Blues und die Verneigung vor unterschiedlichen Legenden. Neben Muddy Waters mischen außerdem Eric Clapton, Bob Dylan, Son House, Robert Johnson, Rolling Stones oder Jimi Hendrix mit, indem sie deren Songs ihren ureigenen Stempel aufdrücken nach dem Motto: Ich mach mir die Blues-Welt, wie sie mir gefällt. Nicht minder aufhorchen lassen ihre eigenen Kompositionen wie „Sad Smile“, „Blue Trailer Blues“, „Gone from Mississippi“, „Spider legs“ oder das orientalisch angehauchte „Mandorient“. Nahezu jeder Song wird von Fabian Spangs entfesseltem Gesang getragen. Mal leidend-schwermütig, mal rauchig-kraftvoll, beschreibt er die Gefühlswelten mit seiner markanten und energetischen Stimme und zeigt sich parallel dazu als versierter Gitarrist. Völlig gleich, ob er die zwölfsaitige Western-Variante, das Dobro-Resonator-Modell oder eine seiner selbst gebauten E-Gitarren aus Walnuss-Holz benutzt, es bleibt immer ein Hörgenuss.

Wie ein Düsenjäger

Allerdings legt seine Schwester Ina, was das Tempo betrifft, noch einen drauf. Man schaut ihr gerne zu, wenn sie mit beseeltem Lächeln tiefenentspannt auf ihrem Drehhocker sitzt und dabei lässig aus der Hüfte raus die Saiten ihrer Mandoline zum Klingen bringt. Fast „hälenga“, wie der Schwabe sagen würde, steigert sie sich wie ein Düsenjäger und durchbricht dabei mehrmals die Schallmauer. Was für eine begnadete Musikerin! Ein zierlicher Hingucker mit authentischer Lockenmähne, zu der sie pragmatisch sagt: „Ich lass die Locken sein, wie sie fallen.“ Last, but not least – Taktgeber Michi. Sein etwa sechs Minuten dauerndes Schlagzeug-Solo namens „Fire“ beweist mal wieder, dass sich auch in der zweiten Reihe außergewöhnliche Talente verbergen.

Was „Muddy What?“ neben ihrer musikalischen Virtuosität und offensichtlicher Spielfreude auszeichnet, ist außerdem ihre nette und erdig gebliebene Natürlichkeit, mit der sie dem Publikum gegenübertreten. Auch dafür gebührt dem Trio Respekt.