Kirchheim
Im Corona-Lockdown auf den Hund gekommen

Tierhaltung Der Notzinger Hundetrainer Tom Elvers kennt das Phänomen der „Corona-Hunde“. Er kann Herrchen und Frauchen wertvolle Tipps geben, auch für die Zeit nach dem Homeoffice. Von Thomas Zapp

Wenn man so will, hat Tom Elvers auch einen „Corona-Lockdown-Hund“. Mocca ist im April vergangenen Jahres zu ihm und seiner Freundin Fabienne gekommen. Die Mischlingshündin stammt aus einem rumänischen Tierheim – und gehorcht mittlerweile aufs Wort. Der Zeitpunkt war aber eher dem Zufall geschuldet. Tierische Gesellschaft hatte das Paar bereits durch den Chihuahua Kaio.  

Dennoch kennt der Notzinger das Phänomen des „Corona-Haustiers“ gut, das sich in Zeiten des Lockdowns und Homeoffice als Mitbewohner und „Vor-die-Tür-geh-Begleitung“ angeschafft wurde. Die typischen Eigenschaften des vierbeinigen Gefährten sind: Es ist ein Ersthund, somit ein Einzelprinz oder eine Einzelprinzessein, die viel Aufmerksamkeit bekommt, und kann dementsprechend nur schwer alleine sein. „Hunde-Homeschooling“ nennt es Tom Elvers. Ähnlichkeiten zur Situation mit Schulkindern sind beabsichtigt.

Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterscheid: Als die Arbeit nach längerer Zeit im Homeoffice wieder „im Normalbetrieb“ lief, öffneten auch die Schulen, wenn auch mit Verzögerung, wieder ihre Türen. Der Hund bleibt dagegen im „Home“, auch wenn Frauchens oder Herrchens Office wieder an die Arbeitsstelle wechselt, und hat dann Probleme mit dem Alleinesein. „Den Übergang muss man vorbereiten“, rät Tom Elvers, nicht bis zum „Tag X“ zu warten, wenn man schon weiß, dass der Hund in naher Zukunft länger alleine bleiben muss. „Man kann in kleinen Schritten vorangehen. Bringen Sie ihm bei, im Raum zu bleiben, wenn Sie zum Beispiel in die Küche gehen. Dann weiten Sie es aus und verlassen die Wohnung oder das Haus, zunächst nur kurz, dann für längere Zeiträume“, erklärt der 27-Jährige. Dazu brauche es aber Geduld. „Das Training geht nicht nur eine Woche“, sagt er. Bei seinem anderen Hund Kaio hat er selbst erlebt, was Veränderungen ausmachen: Nach einem Umzug hat er eine Kamera aufgestellt, um zu be­ob­achten, was sein Hund macht, wenn Herrchen nicht da ist. Nach einer Zeit war die Kamera zerkaut.

Die Corona-Zeit hat noch ein weiteres Problem gebracht: Es fand kein Training statt, bei dem das Tier mit Artgenossen zusammengekommen wäre, und viele Hundebesitzer hätten Zeiten zum Gassigehen gewählt, in denen sie niemandem begegnet sind. „Die Tiere müssen sich erst mal wieder an andere gewöhnen“, stellt der Trainer fest. Dabei respektiert er auch seine Hunde, wenn sie keinen Kontakt zu anderen haben wollen. „Man muss nicht jeden fremden Hund schnüffeln lassen“, sagt er. Auch das sei wichtig, um Vertrauen zum Tier aufzubauen.

Bevor man sich ein Tier holt, egal ob aus einer Zucht oder dem Tierheim, sollte man einige grundsätzliche Fragen klären, meint Tom Elvers. Am besten wäre eine Liste mit Dingen, die man für sich und seinen Hund will: Wo soll er seinen Schlafplatz haben, darf er ins Bett oder aufs Sofa, welche Grenzen will man ziehen? Denn ist das Tier erst einmal da und die neuen Herrchen und Frauchen sind sich noch unsicher, wo sie den Verhaltensrahmen für ihren neuen Mitbewohner setzen wollen, wird es schwierig. „Unsicherheit in Auftritt und Haltung spürt der Hund sofort“, sagt der zertifizierte Hundetrainer. Grundsätzlich spräche auch nichts dagegen, einen Hund auf dem Sofa sitzen zu lassen. „Aber er muss akzeptieren, wenn er weggeschickt wird“, betont Tom Elvers. Wichtig sei Konsequenz: „Hunde lernen personenbezogen besser, wenn alle an einem Strang ziehen.“ Dabei können die Bezugspersonen durchaus unterschiedliche Rollen einnehmen: „Hunde können unterscheiden, bei wem sie was dürfen.“ Und noch ein Vorurteil klärt er auf: „Der soziale Kontakt mit dem Menschen und Action sind entscheidend“, sagt er. Ein weit verbreiteter Irrtum vieler Hundebesitzer sei es, mit einem gro­ßen Garten allein sei es getan – das gilt ganz unabhängig von Corona und Homeoffice.

Infos zu Tom Elvers gibt es auf www.toms-hundetraining.de

 

Bundesweit starke Zunahme

Die Stadt Kirchheim verzeichnet bei der Anmeldung für die Hundesteuer zwar keine spektakuläre, aber doch eine deutliche Steigerung im Jahresvergleich. Waren im Dezember 2019 noch 1349 Hunde gemeldet, waren es im Dezember 2020 immerhin 1409, also 60 Vierbeiner oder vier Prozent mehr.

Die Tierschutzorganisation Tasso, die das größte Haustierregister Europas betreibt, verzeichnet bundesweit einen deutlichen Anstieg der Neuregistrierungen von Hunden im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Wurden im Juni 2019 rund 31 400 Hunde dort neu registriert, waren es im Juni 2020 mehr als 39 000, was einen Zuwachs von rund 25 Prozent bedeutet. Normal sei ein Wachstum von rund vier Prozent pro Jahr. Zu den beliebtesten Rassehunden gehören die Labrador Retriever mit mehr als 22 300 Neuregistrierungen im gesamten vergangenen Jahr, gefolgt vom Deutschen Schäferhund mit 13700 Einträgen und der Französischen Bulldogge (13 600).

Auffällig sei, dass die Zahl der Registrierungen im März und April 2020 weniger stark gestiegen ist als üblich oder sogar zurückging. Auch dafür gibt es eine Erklärung: Auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie konnten viele Tierheime nur eingeschränkt arbeiten, und die Grenzen waren geschlossen. Im Mai stabilisierte sich die Zahl auf eine etwa fünfprozentige Steigerung, bevor sie im Juni, als die Grenzen zu den Nachbarländern wieder geöffnet wurden, geradezu explodierte. pm