Kirchheim
Im Finale entfaltet sich die volle Fingerfertigkeit

Meisterkonzert Der VHS-Kulturring schließt die Reihe mit einem Auftritt des Pianisten Johannes Gaechter.

Kirchheim. Zum Abschluss der diesjährigen Meisterkonzerte hat der VHS-Kulturring zu einem Klavierabend in die Kirchheimer Stadthalle eingeladen. Mit Johannes Gaechter saß ein aus dem Elsass stammender Pianist der jüngeren Generation am Flügel, der sich derzeit beim ukrainischen Pianisten Andrej Jussow, der an der Karlsruher Musikhochschule lehrt, den Feinschliff holt.

Mit Ludwig van Beethovens „Klaviersonate op. 2, Nr. 3“ eröffnete der im Raum Göppingen lebende Gaechter das Recital. Dieses Werk des 25-jährigen Beethoven ist in Form und Inhalt recht ungewöhnlich, weist in seiner komplexen musikalischen Substanz jedoch bereits auf die Genialität der Spätwerke von Beethovens 32 Klaviersonaten hin.

Nach den spielerischen Figurationen der Einleitung ließ Gaechter die Läufe perlen, wobei er mit markanten Akzenten für klare Konturen sorgte. Und da er auch den Notentext technisch sauber absolvierte, hätte das Ganze eine runde Sache werden können. Doch in puncto Anschlagskultur vermisste man die letzte Finesse, und dynamisch wagte sich der Pianist nicht in die heiklen Grenzbereiche des Pianissimo vor. So bewegte sich alles in einem mittleren Bereich, und zudem tönten bei Forte-Attacken reichlich harte Klänge aus dem Flügel. Besser gelang das mit feiner Agogik servierte Adagio, dem ein tänzerisches Scherzo folgte, in dem sich feine Klangspiele mit pulsierenden Arpeggien abwechselten. Dann das furiose Finale: Hier spielte Gaechter seine Fingerfertigkeit voll aus. Er sorgte für energetisch aufgeladene, brillante Tastenaktionen und gab dem ruhigen Mittelteil klangliche Tiefe, um sich dann in der Coda mit hämmernden Oktaven dem finalen Höhepunkt entgegenzuspielen.

In eine völlig andere Klangwelt tauchte der Pianist mit Frédéric Chopins „Nocturne op. 9, Nr. 1“ ein. Dem Klangcharme dieser sensiblen Musik spürte Gaechter mit wunderschön phrasierten Kantilenen und nobler Zurückhaltung in der dynamischen Formung nach. Robuster ging es hingegen im „Scherzo op. 31“ zu. Hier standen harte Schläge neben spielerischem Laufwerk, und die virtuos vorwärts stürmenden Klangwellen kulminierten in einer gewaltigen finalen Klimax.

Das Programm schloss mit einem Gipfelwerk spätromantischer Klaviermusik: Sergeij Rachmaninows „Sonate Nr. 1 d-Moll“. Hier war Johannes Gaechter ganz in seinem Element. Bei der Interpretation des 1908 entstandenen Klavierwerks kam romantisches Pathos ebenso zum Tragen wie Leidenschaft und glänzendes Virtuosentum. Rachmaninows programmatische Leitidee, die Faust-Tragödie von Johann Wolfgang von Goethe, setzte Gaechter in der Charakterisierung der Protagonisten Faust, Gretchen und Mephisto treffend um. Zündende Feuerwerke brillanter Tonkaskaden wechselten mit romantisch verwobenen Klangspielen.

Gegen Ende des Konzerts gab es dann kein Halten mehr: Die Töne rasten ungestüm vorwärts, und ein wilder finaler Hexenritt über die Tasten steigerte die Musik zur Raserei. Das war so recht nach dem Geschmack des Publikums in der Stadthalle. Für den begeisterten Applaus des Auditoriums bedanke sich Johannes Gaechter mit einer Zugabe. Rainer Kellmayer