Kirchheim

„Im Gegensatz zu Berlin reicht bei uns das Geld“

Rathaussturm Kirchheims Oberbürgermeisterin lässt sich vor dem Narrengericht der Kloster-Deifel nicht festnageln. Von Andreas Volz

Rathaussturm, Fasnet, Fasching, Kloster Deifel,
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Die Kloster-Deifel beherrschen seit gestern Abend wieder das Kirchheimer Rathaus. Sichtbares Zeichen ihrer Macht: An der Fachwerkfassade prangt das Banner der Narrenzunft. Weder die Barrikaden unter den Arkaden noch die Konfetti-Kanonen konnten den Sturm der Deifel aufs Rathaus verhindern. Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker musste sich schließlich von den Kindern der Kloster-Deifel aufs Narrengerüst führen lassen.

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Sie erschien als Baumstamm, und zwar in der Tannhäuser-Version: mit grünenden Ästen. Was diese Verkleidung genau besagen sollte, konnte sie jedoch nicht erklären. Zunftmeister Holger Böhm hatte nämlich eher mit einer Busfahrerin gerechnet und nagelte sie als oberster Narrenrichter gleich auf den Busverkehr in Kirchheim fest. „Die Geli“ parierte den Hieb aber sofort, indem sie auf ihre Nichtzuständigkeit verwies: „Die Busverkehre werden vom Landkreis vergeben, und darauf haben wir überhaupt keinen Einfluss.“

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Weiter ging die strenge „Prüfung“ des Zunftmeisters mit dem Dauerbrenner „Freibad“. Vergangenes Jahr sei dort ständig Baustelle gewesen, monierte er und fragte deutlich nach: „Ist unser Freibad etwa dein Berliner Flughafen?“ Auch hier hatte „die Geli“ sofort die richtige Antwort parat: „Im Gegensatz zu Berlin reicht bei uns das Geld.“ Diesen Sommer werde das Freibad außerdem pünktlich zum 1. Mai öffnen - „dann fehlt höchstens noch eine Küche oder so“.

Über das Geld musste der grüne Baum aus dem Rathaus den Zunftmeister noch zusätzlich belehren - bei der Frage nach dem Radweg zur Teck-Grundschule: „Für 2019 ist dafür Geld im Haushalt eingestellt. Das musst du eben noch lernen: Erst wenn das Geld da ist, können wir etwas bauen.“

Manchmal wird allerdings schneller wieder ab- als aufgebaut. Das galt zumindest für die Sichtschutz-Bretterwand am unteren Ende der Notzinger Steige. Aber auch für diese Panne konnte sich „die Geli“ wunderbar entschuldigen: „Als ich aus dem Urlaub zurückkam, habe ich das Ding sofort beseitigen lassen.“

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Dasselbe galt für das Parkverbot auf dem Radweg am Alleenring, das die Stadtverwaltung Anfang Januar quasi über Nacht erlassen hatte. Nach drei Jahren als Ersatz für die Parkdecks, die bei der Sanierung der Tiefgarage Schweinemarkt jeweils weggefallen waren, sollten die Autos wieder vom Radweg verschwinden. Was die Stadt allerdings vergessen hatte, war die rechtzeitige Information der Autofahrer. Nicht einmal die Markierungen auf dem Radweg waren übermalt worden.

Letzteres durfte die Oberbürgermeisterin dann an einem Holzbalken nachholen: Fachmännisch malte sie ihn an, um sich kurz darauf einen Auftrag von Holger Böhm einzuhandeln: „Geh auf den Marktplatz und überlege dir in aller Ruhe, ob du nicht auch die Balken am neuen Waldhorn streichen willst. Wir hätten noch Farbe übrig.“

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Das einzige Versprechen, das die Kloster-Deifel aber wirklich aus der Oberbürgermeisterin „herausholen“ konnten, war ihre Zustimmung zum nächsten Faschingsumzug in Kirchheim: Am Sonntag, 16. Februar 2020, soll es so weit ein. Das Publikum vor dem Rathaus zeigte sich begeistert.Fotos: Markus Brändli