Es gibt Berufsgruppen, die in der Corona-Pandemie andauernd im Rampenlicht stehen. Intensivmediziner und -pflegekräfte, Hausärzte und Altenpfleger. Viel weniger Aufmerksamkeit erhalten dagegen jene, ohne die weder die Teststrategie der Länder noch das Impfen in den Hausarztpraxen und erst recht nicht die Versorgung von Covid-Patienten mit milderen Verläufen funktionieren würde: medizinische Fachangestellte, im Volksmund auch Arzthelferinnen genannt.
Lisa-Marie Mall und Mareike Hieber sind zwei von ihnen. Junge Frauen, die seit zehn beziehungsweise sechs Jahren im Hausärztehaus in der Max-Eyth-Straße arbeiten, einer Gemeinschaftspraxis, die sich schwerpunktmäßig um Covid-Patienten kümmert. In den letzten 14 Monaten hat sich ihr Beruf stark verändert. „Das Alltagsgeschäft, die Behandlung von Patienten mit verschiedenen Krankheitsbildern, ist sehr zurückgegangen“, sagt Lisa-Marie Mall. Corona dominiert den Praxis-Alltag. Verlässlichkeiten gibt es wenige. „Teilweise ändern sich mitten im Quartal die Abrechnungsmodalitäten. Wir müssen immer auf dem neuesten Stand sein“, nennt Mall ein Beispiel.
Dr. Angela Schweizer, eine der Vorgesetzten der beiden, kann das bestätigen. „Die Helferinnen mussten sich in den letzten Monaten in die unterschiedlichsten Verfahren einarbeiten, vom PCR-Test bis zur Impfkampagne“, sagt die Hausärztin, die große Stücke auf ihr Team hält. Sie riskierten bei der Behandlung von Covid-Patienten ihre Gesundheit. Hinzu kommt Stress. Viel Stress. „Die Helferinnen stehen in der Mitte“, sagt Schweizer. „Wenn die Zahlen so steigen wie momentan, machen wir Ärzte Druck, weil wir mehr impfen wollen. Von den Patienten bekommen die Helferinnen aber ebenso Druck“, beschreibt die Ärztin die unbequeme Situation der Fachangestellten in der Pandemie.
Von diesem Druck kann auch Mareike Hieber ein Lied singen. Das Telefon klingelt nahezu ununterbrochen, seit auch die Hausärzte impfen dürfen. Im Schnitt sind es 2000 Anrufe am Tag, die das Team entgegennehmen muss. „Viele Patienten sind sehr forsch und fordernd. Jeder denkt im Moment nur an sich“, sagt Mareike Hieber. Um ihre eigene Impfung hat die medizinische Fachangestellte, die immerhin nahezu täglich mit infizierten Personen zu tun hat, kämpfen müssen. „In den Impfzentren habe ich die Antwort erhalten, dass ich mich zu jung anhören würde“, sagt sie. An ihrem Arbeitsplatz hat sie kürzlich den schützenden ersten Pieks erhalten.
Die Zahl der Überstunden, die Mall, Hieber und ihre Kolleginnen vor sich herschieben, ist in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Das liegt an den komplexen Abrechnungen, die Corona mit sich bringt, den Impfungen und nicht zuletzt an den Abstrichen, die das Team vor den Osterferien an Schulen und Kitas gemacht hat. „Wir haben Lehrer, Erzieher und Schüler getestet, und deshalb ist vieles andere liegen geblieben“, sagt Mareike Hieber. Gezwungen wird niemand zu solchen Aktionen, „wir haben als Team entschieden, mitzumachen“, sagt Lisa-Marie Mall. Beweggrund war unter anderem, dass Kollegen Kinder an den Schulen haben, an denen sie im Einsatz waren. „Wir haben tolle Chefs und Kollegen und kommen gerne zur Arbeit“, sagt Mareike Hieber. „Aber abends ist man platt.“