Kirchheim
In der Bastion gibt’s Explosives zur klimatischen Erwärmung

Kabarett Die „Klima-Ballerina“ Anny Hartmann nimmt in der Kirchheimer Bastion die vielen Ungereimtheiten in Politik und Gesellschaft aufs Korn. Von Sabine Ackermann

Es wird ums Klima gehen, nicht ums Wetter“, klärt Anny Hartmann gleich zu Beginn auf und schiebt nach: „Ich mag den Regen eh nicht, der kommt immer so von oben herab.“ Dass die Kölnerin, Jahrgang 1970, einen nur scheinbar leichten Umgang mit anspruchsvollen Themen an den Tag legt und insbesondere diejenigen ins Visier nimmt, die vor dem Ernst der Lage die Augen verschließen, liegt wohl daran, dass sie de facto genau weiß, wovon sie spricht. In Summe sei es ja eine „Geschichte voller Missverständnisse“ – deshalb fungiere sie heute Abend als „Miss Verständnis“.

Ein Fall von Doppelmoral

Ganz aktuell haut sie raus, dass die Vorsitzende von Bündnis90/Die Grünen wiedergewählt wurde, „es ging ja auch um eine Frau mit Gewicht.“ Fortan liegt das „menschengemachte CO2“ im Fokus. Ihrer Auffassung nach sei die „mediale Aufmerksamkeit für Klimaleugner viel zu groß“ – Grund genug, deren Thesen unter der Parallelbezeichnung „Miss Verständnis“ zu sezieren. Und weil die Welt ja eh bald untergeht, wäre doch in den Schulen mehr „Schwimmunterricht sinnvoll“, so Anny Hartmann und schiebt mit Blick auf den ständigen Unterrichtsausfall nach: „Achtung Wortspiel: fällt ins Wasser!“

Sei es die Verharmlosung fossiler Rohstoffe wie Öl und Gas oder die Behauptung, dass mittlerweile kaum CO2 ausgestoßen werde – Anny Hartmann lebt das Motto eines bekannten Kollegen: „Weißte Bescheid?!“ Nachdem deutsche Unternehmen seit Jahren nicht nur ihre Produktion, sondern damit auch die Verantwortung für etwaige Umweltschäden, ins Ausland verlagern, ist das für „Miss Verständnis“ ein typischer Fall von: Doppelmoral.

Generell lässt Anny Hartmann in ihre intensiven Recherchen auch mal einen mehr oder weniger erhellenden Gag einfließen, wie zum Beispiel: „Heizen ist schlimmer als Furzen.“ Selbst dann, wenn es nicht zuletzt den bayrischen Ministerpräsidenten betrifft, der gegen den Uran-Abbau und für die Rückkehr zur Atomenergie ist. „Immer wenn man denkt es geht nicht blöder, dann kommt Markus Söder.“ Nicht genug, bei ihm setzt sie noch einen drauf: „Permanentes Versagen ist auch eine Form von Verlässlichkeit.“ Sorry, falsch platziert, denn eigentlich hat sie damit die Deutsche Bundesbahn gemeint.

Fehlerfrei und ohne Manuskript

Es ist aber auch nicht einfach, Anny Hartmann zu folgen. Kein Geheimnis, die rothaarige Powerfrau haut binnen weniger Sekunden all das raus, was ihr auf der Seele liegt. Und das fehlerfrei und ohne Manuskript: Respekt. Mit dezenten Bewegungen und reduzierter Mimik, ist sie mit ihrem Publikum – auch in den oberen Bereichen – fortwährend im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe.

Selbst die Pandemie ließ sie kurz Revue passieren, erinnert daran, dass die Pflegeeinrichtungen keine Besucher empfangen durften, aber für die WM in Katar sämtliche Fußballer durchgetestet wurden. Richtig wahnsinnig mache sie die Tatsache, dass es „noch immer nicht ein Tempolimit gebe“, regt sie sich auf und betont: „Die Würde des Rasers ist unantastbar.“ Logisch, dass darauf nicht zuletzt Andreas Scheuer sein Fett abbekommt: „Der Mann war Verkehrsminister, da funktioniert bei ihm der Rücktritt nicht.“

Doch die Kabarettistin hatte in der Bastion noch sehr viel mehr auf Lager. Sei es das Spiel einer imaginären provokanten Pressekonferenz zum Thema Krieg oder der Brief von der Staatsanwaltschaft Kassel, der eine „Anzeige wegen einer öffentlichen Aufforderung zur Straftat“ beinhaltete. Ihr Verbrechen? Auch darüber spricht Anny Hartmann: „Ich hatte für die letzte Generation im politischen Kabarett Solidarität gezeigt.“