Kirchheim
In göttlicher Mission

Kirche Bevor er Priester wurde, hat Clemens Knorpp Geschichte, Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaften studiert und als Finanzberater gearbeitet. Jetzt liegt sein Pfarrbüro gleich neben Maria Königin. Von Peter Dietrich

Im Oktober 2022 ist Clemens Knorpp, Jahrgang 1973, als Pfarrer nach Kirchheim gekommen. Sein Pfarrbüro ist direkt neben Maria Königin, doch er ist an insgesamt neun Gottesdienstorten tätig, die Pflegeheime noch gar nicht mitgerechnet – also auch in St. Ulrich, Ötlingen, Schlierbach, Notzingen, Ohmden, Dettingen und Jesingen sowie in größeren Abständen auch in Bissingen. Natürlich kann er am Wochenende keine acht Gottesdienste leiten, in der Regel sind es drei – es gibt zum Glück auch Wort-Gottes-Feiern ohne Priester. „Das Kennenlernen dauert länger“, sagt der Pfarrer angesichts der großen Seelsorgeeinheit. Genau genommen ist seine Stelle die eines Pfarrvikars, seine für ihn erste unbefristete Stelle nach der Ausbildung. Leitender Pfarrer der Seelsorgeeinheit ist Franz Keil.

„Die Stadt Kirchheim kannte ich mehr aus dem Radio“ sagt der in Stuttgart Aufgewachsene mit Blick auf die Verkehrsmeldungen. Und er kannte die Stadt beim Blick vom Albtrauf herunter, bei Wanderungen. Als er sich dann Kirchheim das erste Mal bei einem Spaziergang ansah, gefiel ihm, was er sah. Wie er die Kirchheimer Katholiken inzwischen kennengelernt hat, mag er ebenfalls: „Sie haben ein Selbstbewusstsein in gutem Sinne, eine Vielfalt der Ideen und des Engagements und die Bereitschaft, für andere etwas zu tun.“ Natürlich habe der Bischof das letzte Wort, wohin er einen Priester entsende. „Aber vorher gibt es Gespräche, damit es für alle passt.“

„Das konnte nicht alles sein“

Clemens Knorpps Vater war evangelisch, doch die katholische Mutter war das kirchlich engagiertere Elternteil. So wuchs er in der katholischen Kirchengemeinde auf. Er studierte Geschichte, Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaften auf Magister und arbeitete als Finanzberater. Doch in Gesprächen mit einem guten Freund, der Priester ist, wuchs mit der Zeit die Erkenntnis, dass das noch nicht alles ist. Mit Mitte 30 begann er am Ambrosianum in Tübingen ein Jahr lang Hebräisch und Griechisch zu büffeln – Latein konnte er vom Gymnasium schon. Danach studierte er in Tübingen und Würzburg katholische Theologie. Er wurde zum Diakon geweiht, ging als Großstädter ins kleine Rechberghausen, seiner Ausbildungsgemeinde, und nach der Priesterweihe im Juli 2018 ging er als Vikar nach Ulm, dann nach Schorndorf.

„Ich habe das Gefühl, dass mir die anderen Erfahrungen helfen“, sagt er heute zum Studium und vorigen Beruf. Freundschaften außerhalb der Kirche, teils aus Schulzeiten, pflegt er bis heute, bleibt so an der ganzen Gesellschaft dran. Er begleitet gerne Menschen, etwa bei Hochzeiten und Taufen. „Ich freue mich, wenn es Menschen wichtig ist, dass da Gott dabei ist. Auch bei Beerdigungen erlebe ich, dass ich am richtigen Platz bin.“ Gottesdienste feiert er gerne, schätzt dabei verschiedene Formate. „Mein Ideal ist, dass alle etwas mitnehmen können, egal, ob ein gerade fröhlicher oder ein gerade trauriger Mensch in den Gottesdienst gekommen ist.“

Mancher Gedanke für die Predigt kommt ihm bei der Bewegung an der frischen Luft, am liebsten in einer schönen Gegend. „Aber auch ein Gewerbegebiet kann interessant sein.“ Unterwegs fotografiert er, Pfarrhausbesucher sollten unbedingt seinen Naturkalender im Flur genießen. Der Sinn für Ästhetik zeigt sich auch in der Liebe zu Kunstbildbänden, Büchern über Architektur und Automobildesign, überhaupt zu Büchern: „Ich war ein Lesekind.“ Er mag Krimis mit guten Charakterzeichnungen und Titel zu Politik und Geschichte. Für den Mann in „göttlicher Mission“ darf es auch mal ein James Bond-Film sein: „Die Filme waren immer am Puls der Zeit, von der Weltraumexpedition bis zum Zerfall der Sowjetunion.“