Kirchheim
In Kirchheim ist jetzt„große Kehrwoche“

Sturm  Stadt, Firmen und Privatleute ziehen an einem Strang, um die Folgen des Unwetters vom gestrigen Mittwoch zu beseitigen. Hart getroffen hat es Notzingen, Ötlingen und Lindorf sowie die Innenstadt. Von Irene Strifler

Wer jetzt durch Kirchheim läuft, traut seinen Augen kaum: An etlichen Stellen und in vielen Senken liegen immer noch bergeweise Hagelkörner. Viele Straßen sind von Blättern überzogen, etliche Bäume zeigen sich völlig entlaubt.  Hobbygärtnern stehen die Tränen in den Augen angesichts zerschmetterter Rosenblüten und völlig verwüsteter Gärten. Wer Tomaten und Salat liebevoll gepäppelt hat, kann vielerorts die Ernte vergessen.

All dies sind Folgen des verheerenden Gewitters, das gestern über die Region zog und vor allem in Kirchheim und Notzingen gewütet hat. Sogar die Tagesthemen berichteten über den Fluss aus Schlamm und Hagel, der sich am Mittwochabend durch die Markstraße schob. „Bis alles aufgeräumt ist, wird es noch eine ganze Weile dauern“, macht Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader klar. Doch die wichtigste Botschaft lautet: Personen kamen nicht zu Schaden. Der Stadtchef setzt jetzt darauf, dass alle miteinander zupacken, wo Not am Mann ist.

 

Bis alles aufgeräumt ist,
wird es noch
eine ganze Weile dauern.
Oberbürgermeister Bader über die Sturmschäden

Das hat schon am Abend des Sturms gut funktioniert. Das Spiel der Fußball-Europameisterschaft, bei dem sich „Jogis Jungs“ gerade so ins Achtelfinale spielen konnten, interessierte in den stark gebeutelten Regionen keinen. Die Feuerwehr war mit 29 Fahrzeugen und 172 Kräften bei der Arbeit. Die Kirchheimer erhielten Unterstützung aus Weilheim, Owen und Nürtingen. Das Technische Hilfswerk half ebenfalls bei der Bekämpfung der Sturmfolgen.170 Einzeleinsätze verzeichnet die Statistik der Feuerwehr. Zunächst wurden große Objekte wie zum Beispiel das Krankenhaus, und Firmen mit Gefahrgut gesichert beziehungsweise deren Keller abgepumpt. Etliche Privatleute, die ihre Keller und Tiefgaragen unter Wasser vorfanden, werkelten mit der ganzen Familie die halbe Nacht mit Eimern, Lappen und Schaufeln.

Die Bauhofmitarbeiter durften auf drei große Kehrmaschinen örtlicher Firmen zurückgreifen, um die wichtigsten Straßen zu säubern. Außerdem mussten sie etliche Bäume, die entwurzelt die Straßen sperrten, zersägen. Haupteinsatzorte waren der Marstallgarten, die Notzinger Steige und der Waldfriedhof, aber auch am Ötlinger Bahnhof hatte der Sturm einem Baum den Garaus gemacht. Auch in den nächsten Tagen ist bei Waldspaziergängen mit abbrechenden Ästen zu rechnen.

Die Stadtspitze schlug sich mit dem Traktor zum Duppiggraben durch

„Der Duppiggraben ist die kritischste Stelle in Kirchheim“, betont der Oberbürgermeister. Deshalb hat er sich schon am Mittwochabend um 19 Uhr gemeinsam mit Bürgermeister Günter Riemer dorthin aufgemacht. Die kurze Fahrt gestaltete sich als Odyssee: Zwischen Lindorf und Ötlingen war die Autobahnunterführung zu dieser Zeit bereits komplett dicht. Bader und Riemer kurvten zunächst über Feldwege, mussten dann aber sogar auf einen Traktor umsteigen, um überhaupt noch durchzukommen. Die kleine Unterführung am Ortsende von Ötlingen war komplett überflutet, von einem Auto war nur noch das Dach zu sehen. „Offensichtlich wird der Duppiggraben in der Praxis den Anforderungen nicht gerecht“, bilanziert Bader und kündigt an, das Thema mit Ingenieuren erneut zu beleuchten.

Grund für die schnelle Eskalation der Situation waren nicht etwa die Wassermengen, sondern die Mischung aus Laub, Hagel und Wasser: Sämtliche Abflüsse und Laubrechen verstopften im Nu durch die vielen Blätter, die vom Wind und vom Hagel von den Bäumen geschlagen wurden. Wasser und Schlamm stauten sich in der Folge und überfluteten die Umgebung. Die Bauhofmitarbeiter entfernten vielerorts die Rechen. Auch jetzt sind sie zum großen Teil noch nicht wieder eingesetzt, denn laut Wetterbericht ist mit weiteren Unwettern zu rechnen. Der Oberbürgermeister hat sicherheitshalber schon mal die Wanderstiefel mit ins Büro genommen, um bei weiteren Erkundungsrundgängen im Laufe des Tages auf der sicheren Seite zu sein.

Fürs Wochenende ist wieder Wetterbesserung angesagt. Freuen dürfen sich da auf jeden Fall die Wasserratten. Das Schwimmerbecken im Kirchheimer Freibad ist bereits jetzt gereinigt und kann wieder genutzt werden. Das Nichtschwimmerbecken soll am Freitag soweit sein. Gebuchte und nicht nutzbare Tickets werden erstattet.

Das kann Unwettergeschädigten nutzen

Die Grünschnittsammelstelle in der Kirchheimer Saarstraße hat nach Mitteilung von Oberbürgermeister Bader, der sich mit dem Abfallwirtschaftsbetrieb des Kreises kurzgeschlossen hat, ihre Öffnungszeiten erweitert, damit die Bürger ihren sturmbedingten Grünmüll loswerden können: Am Freitag, 25. Mai, kann von 9 bis 12 und von 14 bis 17 Uhr angeliefert werden, am Samstag, 26. Juni, ist von 9 bis 16 Uhr offen. Das Kompostwerk ist zu den üblichen Zeiten geöffnet.

Sperrmüll aus überfluteten Kellern, also keine Elektrogeräte, Problemstoffe oder Bauschutt, kann unkompliziert entsorgt werden, denn der Abfallwirtschaftsbetrieb startet Sonderabfuhren: Betroffene Bürger müssen ihren Sperrmüll einfach ohne exakte Mengenangabe online über das Formular auf der Seite www.awb-es.de mit dem Stichwort „Hochwasser“ anmelden und dann vor die Tür stellen. Vielleicht schon am Samstag, spätestens nächste Woche, erfolgt die Abholung. Notfalls kann man auch die Sperrmüllkarte verwenden.

Trocknungsgeräte dürften in naher Zukunft für feuchte Keller sehr gefragt sein. Das DRK lässt aus Berlin eine große Anzahl liefern, wie der Stadtchef mitteilt. Diese können dann gegen eine Nutzungsgebühr von 150 Euro pro Gerät und Einsatz abgeholt werden, vermutlich im DRK-Zentrallager. Details gibt die Stadt noch bekannt. ist