Kirchheim

Industrie feilt an RoboternInterview

Mindestlohn und Wetter risiken – ob Spargel in diesem Jahr teurer wird, kann im Moment noch niemand sagen. Simon Schumacher vom Verband ­Süddeutscher Spargel- und ­Erdbeeranbauer rechnet aber mit stabilen Preisen.

Simon Schumacher
Simon Schumacher

Herr Schumacher, müssen Spargelfreunde in diesem Jahr tiefer in die Tasche greifen?

SCHUMACHER: Das wissen wir nicht. Der tariflich ausgehandelte Mindestlohn in der Landwirtschaft liegt in diesem Jahr um 60 Cent höher. Seit seiner Einführung Anfang 2015 haben wir um 20 Prozent höhere Produktionskosten. Daraus zu schließen, dass der Verkaufspreis weiter steigt, wäre zwar schön, aber zu einfach gedacht. Angebot und Nachfrage bestimmen den Markt. Bisher sieht das Wetter ganz gut aus. Ich gehe davon aus, dass sich der Preis am Vorjahr orientieren wird, auch wenn die Lohnkosten um acht Prozent gestiegen sind.

Stehen kleinere Erzeuger mehr unter Preisdruck?

SCHUMACHER: Ja und Nein. Die Produktionskosten von kleineren Betrieben sind in der Regel höher. Es hängt aber davon ab, ob direkt vermarktet wird, und das wird heute jede zweite Stange. Das heißt kleinere Direktvermarkter haben zwar höhere Personalkosten, sind aber unabhängig vom Preisdiktat der Einzelhändler und Discounter.

Ist maschinelle Ernte eine Alternative?

SCHUMACHER: Es gibt Vollernter, die sind in Baden-Württemberg momentan aber noch kein Thema, weil sie nicht wirtschaftlich sind.

Inwiefern?

SCHUMACHER: Sie unterschneiden den Spargel und holen alle Stangen raus, egal wie lang sie sind. Dadurch sinken die Verkaufserlöse bei Spargel der Handelsklasse eins, die eine Mindestlänge von 22 Zentimetern vorschreibt. Dies zu trennen, vermag nur die menschliche Hand. Die Industrie arbeitet zwar an selektiv erntenden Robotern, die sind aber noch nicht marktreif. Allein die Tatsache zeigt, wie groß der Lohnkostendruck in dieser Branche ist.

Wie hat sich die Rolle des Spargels in der Landwirtschaft generell entwickelt?

SCHUMACHER: Die letzten zehn Jahre rasant. Es gab enormen Flächenzuwachs. Der Spargel nimmt inzwischen den breitesten Raum im gesamten Gemüseanbau ein. Zum Vergleich: Möhren und Zwiebeln, die täglich auf den Tisch kommen, werden auf weniger als der Hälfte der Fläche angebaut. Bei keinem anderen Gemüse ist die Wertschöpfung so hoch wie beim Spargel.

Welche Rolle spielt der Klimawandel?

SCHUMACHER: Der spielt eine Rolle, aber eine andere, als man vermuten würde. Spargel braucht Winterruhe. Dazu benötigt er zwei bis drei Wochen Temperaturen unter fünf Grad. Nur wenn er die hat, treibt er im Frühjahr kräftig aus. Mehr Sonne und höhere Temperaturen sorgen vor allem dafür, dass früher geerntet werden kann, Dafür kommt es vermehrt zu Sonnenschäden. Unterm Strich könnte man sagen, ein milderes Klima führt zu früheren Ernten und geringeren Erträgen.

Warum ist das in europäischen Südländern kein Problem?

SCHUMACHER: Dort erreicht man die Winterruhe indem weniger bewässert wird. Der Spargel stammt ursprünglich aus Steppenregionen Asiens mit starken Temperatur- und Niederschlagsschwankungen. Deshalb lässt sich sein Wachstum über Temperatur oder Wassermenge steuern.