Kirchheim
Inflation frisst die Mehreinnahmen auf

Etat Die Stadt Kirchheim hat für 2023 einen Nachtragshaushalt aufgestellt. Die Ausgaben galoppieren davon, weil unvorhergesehene Projekte viel Geld kosten. Dafür wird das Kornhaus zurückgestellt. Von Andreas Volz

Sie sieht nicht gerade rosig aus, die finanzielle Lage der Stadt Kirchheim. Das macht der Nachtragshaushalt für das Jahr 2023 deutlich. Die Eckdaten verschlechtern sich deutlich gegenüber dem, was im Doppelhaushalt 22/23 für das neue Jahr noch vorgesehen war: Das Minus im Ergebnishaushalt soll sich
 

Wir können nicht mit Sondervermögen in Schattenhaushalten arbeiten.
Pascal Bader
zum Unterschied zwischen Bund und Kommunen in der Finanzpolitik

mehr als verdoppeln. Das Defizit wächst von 6,1 Millionen auf 13,4 Millionen Euro. Und das liegt nicht etwa an sinkenden Einnahmen, ganz im Gegenteil: Bei Zuwendungen, Zuweisungen und Umlagen rechnet Kirchheims Stadtkämmerei mit Mehreinnahmen von 3,7 Millionen Euro. Davon entfallen allein 2,7 Millionen auf die steigenden Schlüsselzuweisungen aus dem Finanzausgleich.

Doppelt so hoch fällt bereits 2022 das Plus bei den Gewerbesteuereinnahmen aus: Sie steigen von geplanten 28 Millionen auf 34 Millionen Euro. Ein Problem bei den steigenden Einnahmen besteht allerdings in der Inflation. Diese führt einerseits zwar erst zu steigenden Steuer-Einnahmen. Andererseits aber frisst sie diese Mehreinnahmen auch gleich wieder auf. Dadurch steht nur auf dem Papier mehr Geld zur Verfügung. Weil die Ausgaben aber in weitaus stärkerem Maß steigen, bleiben der Stadt de facto weniger Mittel für ihre Ausgaben übrig.

Und noch an einer anderen Stelle beißt sich die Katze in den Schwanz. Die Ausgaben der Stadt steigen auch völlig unabhängig von der Inflation beständig: Das liegt daran, dass immer neue Aufgaben hinzukommen, die bei der Aufstellung des Doppelhaushalts im Jahr 2021 noch gar nicht zur Debatte standen. Zu den wichtigsten zusätzlichen Ausgaben zählen die sechs Millionen Euro, die die Stadt für Container ausgibt, in denen sie Flüchtlinge unterbringen will. Um der Misere der fehlenden Kinderbetreuungsplätze zu begegnen, baut die Stadt Kindergärten verschiedenster Art – für insgesamt mehr als 16 Millionen Euro.

Noch teurer ist der Neubau eines Verwaltungsgebäudes auf dem Grundstück Marktstraße 1 + 3  veranschlagt: Er soll 19 Millionen Euro kosten. Stadtverwaltung und Gemeinderat mussten hier umdenken, wie Oberbürgermeister Pascal Bader berichtet: „Das Mietmodell, mit dem wir geplant hatten, funktioniert nicht. Es lässt sich wirtschaftlich nicht darstellen. Deswegen planen wir jetzt mit einem Bauträgermodell: Der Investor baut für uns, und wir erwerben das Gebäude hinterher.“

Die Verschuldung steigt enorm

Zusammengerechnet, belaufen sich allein die Kosten für Container, Kindertagesstätten und Verwaltungsgebäude auf mehr als 41 Millionen Euro. Diese Summe belastet allerdings nicht nur den Nachtragshaushalt für 2023. Sie wirkt sich auch auf die Folgejahre aus: In der mittelfristigen Finanzplanung wächst der Schuldenstand enorm an. Sind zum Jahresende 2023 „nur“ knapp 30 Millionen Euro Schulden vorgesehen, verdoppelt sich diese Summe auf über 60 Millionen Euro Ende 2024. Im Jahr darauf wären es bereits knapp 70 Millionen Euro. Erst für den Jahreswechsel 2026/27 ist wieder eine leichte Senkung des Schuldenstands vorgesehen: Er soll dann bei rund 67 Millionen Euro liegen. Das sind keine sonderlich erfreulichen Aussichten, weswegen der Fokus der städtischen Finanzpolitik auch auf dem Einsparen liegen soll.

Erstes „Opfer“ der Sparmaßnahmen ist das Kornhaus. Dessen Sanierung soll auf den nächsten Doppelhaushalt verschoben werden. Außerdem steht mittlerweile das Heizkraftwerk nicht mehr ernsthaft zur Debatte, das zwischen Max-Eyth- und Kornhaus hätte entstehen sollen. Inzwischen sind andere Alternativen im Gespräch. Die 2,5 Millionen Euro, die sich die Stadt durch den Verzicht auf dieses Kraftwerk sparen kann, tragen aber sicher nicht zu einer nennenswerten Senkung des Schuldenstands bei.

Im Gemeinderat übte sich Oberbürgermeister Pascal Bader deswegen in Sarkasmus, indem er auf den Unterschied zwischen Kommunalpolitik und großer Politik verwies: „Wir können im Gegensatz zum Bund nicht mit Sondervermögen in Schattenhaushalten arbeiten.“