Kirchheim

Jäger, Bauern und Behörden können nur gemeinsam den Wildschweinbestand reduzieren

Matthias Meyer
Matthias Meyer

Landauf und landab sorgen wachsende Wildschweinbestände zunehmend für Kopfzerbrechen. Seit Mitte der Neunzigerjahre nimmt die Zahl der Wildschweine im Bundesgebiet stetig zu. „Bezogen auf den Gesamtbestand im Frühjahr werden in manchen Jahren beim Schwarzwild Zuwachsraten von bis zu 300 Prozent registriert“, sagte Matthias Meyer von der fürstlichen Forstverwaltung Oettingen-Spielberg.

Wo liegen die Ursachen für diese Entwicklung? Ein Grund liegt für den Berufsjäger im Anstieg der Waldmast, also von Früchten, die dem Wild als Nahrung dienen. „Früher gab es alle sieben Jahre eine Vollmast, heute alle zwei bis drei Jahre. Dabei verzeichnen wir Erträge von bis zu 15 Tonnen pro Hektar“, gab Matthias Meyer zu bedenken. „Hinzu kommt, dass der Maisanbau bundesweit von unter 100 000 Hektar im Jahr 1960 auf über 2,5 Millionen Hektar im Jahr 2017 angestiegen ist.“ Allerdings fällt der Mais als Nahrungsangebot nach Meinung des Berufsjägers gar nicht so sehr ins Gewicht, wenn es um Bestandszahlen bei Schwarzwild geht. Viel gravierender ist aus seiner Sicht, dass nachwachsende Rohstoffe, zu denen auch Raps zählt, auf zunehmend größeren Flächeneinheiten angebaut werden. „In Verbindung mit den langen Wachstumsphasen erhalten die Wildschweine in der Feldflur so eine absolut sichere Deckung“, sagte Matthias Meyer.

Die intelligenten Tiere haben ein hohes Sicherheitsbedürfnis, dem der beschriebene Strukturwandel in der Landwirtschaft entgegenkommt. „Daher verlassen die Schwarzkittel verstärkt ihren traditionellen Lebensraum, den Wald, um in der Flur Schutz zu suchen“, erklärte der Berufsjäger.

Die Jagd kann ein Teil der Problemlösung sein, allerdings weist sie in der Praxis Mängel auf. „Einzeljagden eigenen sich nicht, um die Zuwachsraten abzuschöpfen“, sagte Matthias Meyer, der darauf hinweist, dass auch erwachsene Bachen abgeschossen werden sollten.

Denn die Weibchen sind an der genannten Reproduktionsrate mit einem Anteil von 19 Prozent beteiligt. Der Anteil der Überläuferbachen, also von femininen Tieren unter zwei Jahren, liegt bei 33 Prozent, während die jüngeren Frischlingsbachen mit 48 Prozent zum Populationszuwachs beitragen. Auch die Geschlechterstruktur ist Teil des Problems. Rund zwei Drittel der Tiere sind Bachen und lediglich ein Drittel machen die Keiler aus.

Dieses Verhältnis muss sich Matthias Meyer zufolge deutlich verändern. Das ist aus seiner Sicht aber nur mit der richtigen Jagdstrategie möglich. Dazu gehört für den Fachmann, dass revierübergreifend vorgegangen und vermehrt zu Gesellschaftsjagden übergegangen wird. Bei Jagden auf landwirtschaftlichen Flächen müssen Bejagungsschneisen so angelegt werden, dass sie quer zur Bewirtschaftungsrichtung verlaufen. Bei der Aussaat mit dem Traktor ergeben sich zwangsläufig größere Abstände zwischen den Pflanzreihen.

In diesen Zwischenräumen halten sich die Sauen auf. Um sie abschießen zu können, ist deshalb ein drei bis fünf Meter breiter Querstreifen nötig, bei dessen Überquerung die Tiere dann erlegt werden. Dazu ist laut Matthias Meyer ein enger Kontakt mit dem Landwirt nötig. Aber letztlich kann aus seiner Sicht nur mit ganzheitlichen Strategien der Wildschweinbestand reduziert werden. Dazu sei eine Zusammenarbeit von Jägern, Bauern, aber auch Behörden nötig.

Er plädierte für eine kostenlose Unterstützung bei Verkehrsregelungen. Aber auch eine Aufwandsentschädigung bei frühem Frischlingsabschuss oder die kostenfreie Bereitstellung von Bejagungsschneisen seien Maßnahmen, die Jäger dabei helfen, ihre Arbeit zu tun.Daniela Haußmann