Kirchheim
Jahresmiete liegt bei gut 760 000 Euro

Büroflächen Die Stadt Kirchheim legt die Planungen für das neue Verwaltungsgebäude in der Marktstraße trotz Kostensteigerungen nicht auf Eis. Von Andreas Volz

Fast stand es auf der Kippe, das Verwaltungsgebäudekonzept für Kirchheim: Dessen Kernpunkt ist der Neubau eines Bürokomplexes zwischen Marktstraße und Rollschuhplatz. Wegen der Inflation und der allgemeinen Kostenexplosion durch die Pandemie und durch den Ukraine-Krieg hatte der Gemeinderat nun über drei mögliche Vorgehensweisen zu entscheiden – die Planung umzusetzen, sie vorübergehend auszusetzen oder aber komplett zu beenden. Letztlich haben sich die Ratsmitglieder mit deutlicher Mehrheit fürs Weitermachen entschieden.

Vor der Abstimmung ging es ins Detail. Die Detailtiefe war so extrem, dass danach nahezu alle Redner bereitwillig zugaben, dass sie nicht alles verstehen konnten. Kompliziert sind bereits die Grundstücksverhältnisse. Neueste Idee: Die Stadt kauft dem Investor den entscheidenden Teil des Grundstück ab, um ihm zugleich ein Erbbaurecht einzuräumen. Die Reihenfolge von Kauf- und Erbpachtvertrag wiederum spielt eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Grundsteuer.

Stadt mietet auf eigenem Grund

Wenn das Gebäude fertiggestellt ist, tritt die Stadt Kirchheim in ein Mietverhältnis ein: Sie mietet also das Gebäude an, das der Investor auf seinem ehemaligen Grundstück in Erbpacht-Regelung auf ihrem eigenen Grundstück baut. Die Mietausgaben sind alles andere als gering: Es geht um gut 760 000 Euro im Jahr – Tendenz steigend. Das liegt auch daran, dass die Mieteinnahmen des Investors ausreichen müssen, um seine Kosten zu decken. Wegen der immensen Preissteigerungen bei Baumaterialien, die sich nach der Pandemie noch zusätzlich durch den Ukraine-Krieg verstärkt haben, war der vorgesehene Mietpreis von monatlich 13,25 Euro pro Quadratmeter bereits im Vorfeld der Gemeinderatssitzung auf 18,50 Euro angehoben worden.

Bei einem Mietzins von mehr als einer dreiviertel Million Euro pro Jahr scheint die Frage berechtigt zu sein, ob es nicht günstiger wäre, das gesamte Gebäude in Eigenregie zu erstellen. In diesem Fall aber kamen die Gutachter des Büros Drees und Sommer zu dem Ergebnis, dass das Modell der öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) trotzdem günstiger ist.

Demnach liegt der finanzielle Vorteil der ÖPP-Variante im konkreten Fall bei fast sechs Prozent, wenn eine Nutzungsdauer von zehn Jahren zugrundeliegt. Bei 30 Jahren ist die Prozentzahl niedriger, liegt aber immer noch bei knapp unter drei. In konkreten Zahlen beträgt die Einsparung – nach derzeitigen Kosten – knapp 1,1 Millionen Euro in 30 Jahren und 1,6 Millionen Euro in zehn Jahren.

Was die Stadt Kirchheim mit dem Neubau sonst noch an Vorteilen bekommt: Im Untergeschoss soll es öffentliche Toiletten geben, die auch für Veranstaltungen auf dem Rollschuhplatz zur Verfügung stehen. Und auch sonst soll es nicht nur um Arbeitsplätze für die Stadtverwaltung gehen: Im Erdgeschoss entsteht ein Raum für Veranstaltungen – Vorträge, Podiumsdiskussionen oder Konzerte. Diesem Raum vorgelagert ist eine Terrasse, die sich auch als Bühne für den Rollschuhplatz eignet.

Gewöhnungsbedürftig sind dagegen die Dimensionen des neuen Verwaltungsgebäudes, dessen First über das benachbarte Vogthaus hinausragen wird. Der Neubau wird doppelt so hoch als das bestehende Gebäude in der Marktstraße. Dessen First wiederum liegt nur unwesentlich höher als die Traufe des neuen Gebäudes. 

Das Bestandsgebäude mit der roten Fassade soll eines Tages abgerissen werden, wenn das bestehende Nutzungsrecht ausläuft. Nach dem Abbruch wird an dessen Stelle der Neubau vollendet, in einem zweiten Bauabschnitt. CDU-Stadtrat Dieter Franz Hoff hatte Bedenken gegen dieses Konzept, das er fast für einen Schildbürgerstreich hält: „Wir reißen nach einer gewissen Zeit einen neu erstellten Giebel ab und erweitern das Gebäude, nur um 20 Prozent mehr Raum zu erhalten.“ Sein Antrag, den Verwaltungsneubau deswegen gleich kleiner zu planen und ihn in nur einem Bauabschnitt zu erstellen, fand allerdings keine Mehrheit.

Sabine Bur am Orde-Käß (Grüne) und der SPD-Fraktionsvorsitzende Marc Eisenmann zeigten sich besorgt über die steigenden Baukosten. Sie wollten entweder über eine „Notbremse“ nachdenken oder aber über generelle Einsparmöglichkeiten im Haushalt sowie über Möglichkeiten, die Einnahmen zu erhöhen. Wie sich solche Aussagen in die Tat umsetzen lassen, darüber können sich die Fraktionen im neuen Gebäude Gedanken machen: Sie erhalten dort eigene Räume für ihre Sitzungen.