Kirchheim
„Jeder hat sein Glück selbst in der Hand“

Ratgeber Die Kirchheimer Ärztin Caroline Bialon hat ein Buch über Wege zur Zufriedenheit geschrieben – vor allem, aber nicht nur für ihre Berufskollegen. Von Andreas Volz

Glück lässt sich nur schwer fassen. Das gilt für das Glück als solches wie auch für den Begriff vom „Glück“. Jeder versteht etwas anderes darunter. Die einen sind im größten Luxus unglücklich - weil sich ihre innere Leere eben doch nicht übertünchen lässt oder weil sie nach noch mehr streben, wie Fischers Frau im Märchen. Die anderen macht bereits die Tatsache glücklich, dass sie jeden Tag aufstehen können - Sorgen, Problemen oder Schmerzen zum Trotz.

Die Kirchheimer Ärztin Dr. Caroline Bialon hat sich dem Glück schreibend genähert, indem sie Definitionen, Chancen und Methoden fürs Glücklichsein beschreibt. Dem Titel nach wendet sich ihr Buch an eine vergleichsweise begrenzte Personengruppe: „Glücklich im Arztberuf - werden, sein und bleiben“. Und auch im Text selbst schreibt sie über viele spezifische Themen, die sich speziell an Ärzte wenden. Und dennoch lassen sich zahlreiche Analogien zu anderen Berufen herstellen. Auch außerhalb des Berufslebens gibt das Buch wichtige Tipps, wie sich das „Streben nach Glück“, das schon in der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung als Menschenrecht festgeschrieben ist, erfolgreich angehen lässt.

Vorab schon einmal so viel: Glück als Zustand dauerhafter Euphorie ist nicht das, was angestrebt werden sollte. Damit wäre jeder überfordert. Vielmehr geht es darum, einen Zustand dauerhafter Zufriedenheit zu erreichen - und zu bewahren. Das funktioniert über die erfolgreiche Suche nach dem Sinn des eigenen Lebens. Wichtig sind aber immer wieder auch Elemente der Selbstfürsorge, die in den Alltag eingestreut werden sollten.

Im Gespräch über ihr Buch sagt Caroline Bialon: „Für andere da zu sein, ist das Ideal, auch und gerade für Ärzte. Aber für sich selbst etwas zu tun, das wird abgewertet, das gilt als uncool. Allerdings habe ich das Gefühl, dass das bei der jüngeren Generation immer mehr kommt.“ In dieser Hinsicht teilt sie also nicht das Bild von der Jugend, die nichts mehr taugt. Eine stärkere Beachtung der eigenen Bedürfnisse ist schließlich ein erster Schritt auf dem Weg zum Glück: „Ich darf nicht darauf warten, dass die Zeit kommt, in der ich was für mich tun kann. Ich muss mir diese Auszeiten nehmen, ich muss sie mir schaffen.“ Dafür könne schon die Mittagspause ausreichen. Wer es da schaffe, in kurzer Zeit den eigenen Reset-Knopf zu drücken und etwas für sich selbst zu tun, könne danach „wieder rausgehen und auch im zweiten Teil der Zwölf-Stunden-Schicht wieder uneingeschränkt für andere da sein“.

Kleine Auszeiten bewusst planen

Selbst abends könne es - unabhängig vom jeweiligen Beruf - hilfreich sein, für eine ­Viertelstunde allein um den Block zu gehen. Es gelte, entsprechende Rituale in den Alltag einzubauen: „Man muss sich immer wieder klar machen, dass man es selbst in der Hand hat. Das heißt nicht, dass jeder gleich selbst schuld sein muss an seinem Unglück. Aber etwas selbst anzupacken, hilft schon einmal, aus der Opferrolle rauszukommen.“

Wichtig fürs Glück und für den Sinn des Lebens sei es auch, breit aufgestellt zu sein, möglichst mehrere Standbeine zu haben. „Als der zweite Teil der ,Bestatterin‘ in und um Kirchheim gedreht ­wurde, habe ich die Corona-Tests für das Team gemacht. Das war eine schöne Gelegenheit, auch einmal aus der Routine des Berufsalltags ausbrechen zu können.“

Auch private Aktivitäten, Hobbys, Familie und Freunde können helfen, einen Ausgleich zu finden und dadurch zufrieden und glücklich zu sein: „Da muss aber jeder seinen eigenen Weg finden und darauf achten, was für ihn das Passende ist.“ Positives Denken führe zu einer positiven Ausstrahlung - und dazu, dass man mit positiver Emotion an die tägliche Arbeit gehen kann: „Bei einem Arzt leuchtet das dann weiter und wirkt sich auf die Patienten aus.“ Nicht zu vergessen seien die Mitarbeiter, die sich in jeder Branche durch ein positives Vorbild motivieren lassen.

Ebenfalls wichtig, um runterzukommen: „Man muss lernen, nicht perfekt sein zu müssen. Es reicht, gut genug zu sein. Wir müssen es schaffen, Begrenztheiten anzunehmen.“ Im Idealfall geht es allen Lesern wie Caroline Bialon, die von sich sagt: „Mein Beruf ist sehr erfüllend.“ Doppeldeutig fügt sie hinzu: „Man muss für sein Glück arbeiten.“ So gesehen, ist ihr Buch eine passende Arbeitsanleitung.