Kirchheim

Jeder vierte Jugendliche ist gefährdet

Sucht Bei Kindern und Jugendlichen nimmt der Gebrauch von Internet- und Computerspielen oft krankhafte Formen an.

Foto: Kai Sonntag
Foto: Kai Sonntag

Kirchheim. Welche Extremformen Internet- und Computerspielsucht bei Kindern und Jugendlichen annehmen kann, zeigte sich schnell beim Vortrag der Therapeutin Isabel Brandhorst, die auf Einladung des „Lebensraums“ der Freihof-Realschule in die voll besetzte Aula gekommen war. Die promovierte Diplom-Psychologin weiß, wovon sie spricht. So berichtete sie beispielsweise über Jugendliche, die nicht mehr auf die Toilette gehen und stattdessen eine Trinkflasche benutzen, weil sie sich nicht vom PC losreißen können, und von weiteren Extremfällen aus ihrer Praxis.

Studien zufolge sind etwa 4,5 Prozent der Jungen und rund sieben Prozent der Mädchen internetsüchtig, und etwa 22 Prozent gelten als gefährdet. Im Durchschnitt verbringt ein Jugendlicher etwa dreieinhalb Stunden pro Tag heute im Internet. Doch ab wann ist die Nutzung krankhaft. Symptome sind gedankliche Vereinnahmung, Kontrollverlust, Entzugserscheinungen, Lügen und Verheimlichen oder auch Stimmungsveränderungen bis hin zu depressivem Verhalten. Nach Schilderung der Therapeutin geraten die Jugendlichen in einen Teufelskreis. Durch die Internetnutzung isolieren sie sich, verbringen damit noch mehr Zeit im Internet und isolieren sich immer mehr.

Einen großen Einfluss haben aus Sicht der Psychologin die Eltern. Dementsprechend appellierte sie an deren Vorbildfunktion. „Man kann einem Jugendlichen nicht vorwerfen, wenn er am Frühstückstisch das Handy nutzt, man selbst aber den Kopf in die Zeitung steckt.“ Interessant auch, dass viele Jugendliche, die zu ihr mit den Eltern in die Sprechstunde kommen, äußern, dass sie gerne mehr gemeinsam mit den Eltern unternehmen würden, „aber eben nicht immer nur wandern oder spazieren gehen“.

Ihre Empfehlung an die Eltern ist daher auch, das Smartphone oder den Computer nicht als „Gegner“ zu betrachten. Viel wichtiger sei es, klare Regeln aufzustellen, vor allem aber im Gespräch zu bleiben und bei Bedarf professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Es stimmt mich traurig, wenn ich Eltern bei mir habe, die sich aus Sorge um das Kind mehr oder weniger selbst aufgegeben haben.“ Sie verwies hierbei auf Beratungslehrer und Beratungsstellen. Kai Sonntag