Was will die Jugend in Kirchheim? Dieser Frage ist die Stadt auf den Grund gegangen: Im Frühjahr gab es eine groß angelegte Umfrage, an der sich 429 Teilnehmer beteiligt haben. Über die Hälfte von ihnen sind jünger als 14, fast alle gehen noch zur Schule. Die häufigsten Rückmeldungen kamen mit 157 vom Schlossgymnasium und mit 83 von der Teck-Realschule. Die wichtigste Antwort: Sie wünschen sich Räume und Plätze, wo sie sich treffen können.
Im Ausschuss für Bildung. Soziales und Bürgerdienste stellte Eva Küssner, Kirchheims kommunale Kinder- und Jugendreferentin, die Ergebnisse der Umfrage vor. Der wichtigste Ort, an dem Kinder und Jugendliche ihre Freizeit verbringen, ist demnach das Zuhause In Pandemie-Zeiten mag diese Aussage nicht sonderlich überraschen, aber Eva Küssner fügte hinzu: „Das war auch schon vor Corona so.“
Wenn sie Kirchheims Jugend irgendwo draußen trifft, spielt sich das meistens in der Innenstadt ab. Der Trend zum Individualismus in der gesamten Gesellschaft spiegelt sich auch beim Nachwuchs wider: Vereine und Verbände werden weniger oft als Treffpunkt angegeben. Wünsche gibt es nach Aufenthaltsorten im Grünen, nach bestimmten Sportangeboten und nach bestimmten „Konsumräumen“ – also nach bestimmten Läden oder nach bestimmten jugendtypischen Angeboten der Gastronomie. Aber auch hier gilt: „Gewünscht sind spontane Angebote.“ Eine längerfristige Bindung schreckt also eher ab. Trotz aller Wünsche heißt es aber auch: „Eigentlich gibt es genügend Angebote.“
Zwei Drittel aller Teilnehmer sehen keine Möglichkeit zum Mitbestimmen in Kirchheim. Bei unterschiedlichen Formen der Beteiligung wie Jugendforen, Jugendkonferenz oder Jugendrat wird ebenfalls der Trend zum Individuellen und Unverbindlichen erkennbar: „Besonders die digitalen Formate sind attraktiv.“ Auch in diesem Fall unterscheidet sich die Welt der Jugend nicht groß von der Welt der Erwachsenen. Alle haben sich in der Pandemie an den virtuellen Austausch gewöhnt, der normalerweise auch deutlich weniger Zeit in Anspruch nimmt als die direkte, persönliche Begegnung. Die Umfrage als solche immerhin empfanden die meisten Teilnehmer bereits als eine Form der Beteiligung und als eine Möglichkeit, gehört zu werden.
Ein festes Programm ist weniger wichtig
Die Räume, die sich die Jugend wünscht, sollen aber eher nicht für organisierte Treffen mit festem Programmpunkt zur Verfügung stehen. Auch hier geht es um spontane Begegnungen. Sport hat einen hohen Stellenwert, aber ebenfalls als reines Freizeitangebot, ohne Training und ohne organisierten Wettkampf. Im Sommer wünschen sich die Jugendlichen beispielsweis mehr Möglichkeiten, die Grünflächen in der Bohnau, gleich an der Bundesstraße nutzen zu können. Im Winter hätten sie gerne offene Sportangebote in städtischen Hallen.
Die Stadt will ihrerseits versuchen, die vielen Angebote für Kinder und Jugendliche zu sammeln und über eine Plattform weiterzugeben, auf die die Zielgruppe auch tatsächlich zugreift. Zur Begegnung von Schülern mit der Politik ist vorgesehen, dass die Fraktionen und Gruppierungen des Gemeinderats Ansprechpartner für die Jugend benennen. Auch „Be part“ im Mehrgenerationenhaus Linde ist eine Möglichkeit zur Mitbestimmung. Die Organisation will sich künftig in allen fünften Klassen vorstellen. Für die achten Klassen soll ab 2022/23 der „8er-Rat“ greifen, für den sich fünf Kirchheimer Schulen bereits gemeldet haben. Was die Jugendlichen in Kirchheim direkt beschäftigt, sind die Verkehrslage und die Sicherheit. Nicht zu jeder Zeit fühlen sie sich an jedem Ort in der Stadt sicher. Auch dieses Gefühl teilen sie wohl mit vielen Erwachsenen.