Kirchheim

Jung, wild, gefährlich

Sicherheit Jugendliche Fahrer gelten als Hochrisikogruppe im Verkehr. Erschreckende Zahlen belegen das. Sie sind nicht nur Täter, sondern auch häufiger Opfer. Von Daniela Haußmann

Nur kurz Whatsapp checken: Handys sind eine der Risikoquellen, die junge Autofahrer so gefährlich machen. Foto: Mirko Lehnen
Nur kurz Whatsapp checken: Handys sind eine der Risikoquellen, die junge Autofahrer so gefährlich machen. Foto: Mirko Lehnen

Am meisten gefährdet und gleichzeitig am gefährlichsten: männliche Fahrer zwischen 18 und 24 Jahren. Beinahe jeder vierte tote Autofahrer gehört dieser Altersgruppe an. Die Zahlen der von der Allianz veröffentlichten Unfallstudie von 2014 „Jung und urban“ sind erschreckend. Laut Markus Lorenz vom Referat für Prävention des Polizeipräsidiums Reutlingen sind die 18- bis 24-jährigen Fahrer sechsmal häufiger an Kollisionen beteiligt als andere Altersgruppen. Gleichzeitig sind sie dem Beamten zufolge mit einem Anteil von rund 28 Prozent überproportional oft in schwere Unfälle verwickelt - und das, obwohl sie insgesamt gerade einmal acht Prozent aller Führerscheinbesitzer ausmachen, wie es in der Allianz-Studie heißt.

Männer sind schlimmer als Frauen

Hohe Risikobereitschaft, Selbstüberschätzung und ein geringerer Erfahrungsschatz sind für Markus Lorenz die Hauptursachen für ein auffälliges Verkehrsverhalten junger Erwachsener. Dass in dieser Altersgruppe gerade Männer hervorstechen, begründet der Präventionsbeamte mit „Imponiergehabe, das zwar nicht alle, aber doch viele junge männliche Erwachsene“ auch hinterm Lenkrad zeigen.

Fabian Mayer, Leiter des Kirchheimer Polizeireviers, sind zwar weder illegale Rennszenen noch beliebte Raserstrecken oder gefährliche Stellen rund um Kirchheim bekannt. Allerdings regis-triert der Revierleiter, dass es junge Männer in der Region gebe, die ihr „hochmotorisiertes oder aufgerüstetes Auto in der Stadt stark abbremsen, um anschließend entlang einer Strecke von 40 bis 50 Metern rasant zu beschleunigen“. Eine gefährliche Grauzone: Auch wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit einhält, müsse das Tempo grundsätzlich an die jeweilige Verkehrssituation anpassen. Wer im Stadtgebiet rasant auf 50 Stundenkilometer beschleunigt, muss sich im Klaren sein, dass er eine Gefahrensituation möglicherweise nicht mehr ohne Unfall bewältigen kann. Er kann auch die Fahrfehler anderer - falsche Vorfahrt, zu schnell gebremst oder eine Ampel übersehen - nicht mehr ausgleichen. Nach Angaben der baden-württembergischen Verkehrssicherheitsaktion „Gib acht im Verkehr“ zählen riskante Fahrmanöver und eine unangepasste Geschwindigkeit zu den Hauptunfallursachen bei jungen Fahrern. Auswertungen haben laut Fabian Mayer ergeben, dass in Kirchheim jeder vierte Crash das Resultat von zu hohem Tempo ist.

Eine weitere Risikoquelle ist das Handy am Steuer. Laut Markus Lorenz vom Polizeipräsidium Reutlingen sind es gerade die 18- bis 24-Jährigen, die während der Fahrt nicht nur telefonieren, sondern sogar Nachrichten tippen. Nach Angabe von „Gib acht im Verkehr“ ist die Ablenkung durch das Smartphone mit der häufigste Grund für einen Crash. Auch wenn es darum geht, den Sicherheitsgurt anzulegen, sind es im Vergleich zu anderen Altersgruppen gerade die 18- bis 24-Jährigen, die am häufigsten auf die Sicherheitsmaßnahme verzichten, den „Lebensretter Nummer eins“.

Die Unfallfolgen sind in diesen Fällen umso schwerwiegender. Wer auf den Gurt verzichtet, verzichtet auch auf eine zehnfach höhere Überlebenschance, teilt „Gib acht im Verkehr“ mit. Unabhängig vom Alter zählte das Kirchheimer Revier bereits in den ersten drei Monaten dieses Jahres 208 Gurt- und 150 Handyverstöße. Darüber hinaus sind es die Mitfahrer, von denen sich junge Autofahrer oftmals ablenken lassen.

Fabian Mayer appelliert an alle Fahrzeuglenker, grundsätzlich defensiv und vorausschauend zu fahren. „Die Höchstgeschwindigkeit sollte nicht überschritten werden“, betont der Polizist. Ob Regen, Nebel, Schnee, Glätte oder eine unübersichtliche Situation - ein Fahrzeug solle stets mit einem an die Verhältnisse angepassten Tempo gefahren werden. Wer am Wochenende mit Wagen oder Motorrad in die Stadt fährt, müsse sich bewusst sein, dass in Ballungsräumen viele Menschen auf den Beinen sind. „Besonders die Zahl der Radfahrer hat sich in den vergangenen Jahren in Kirchheim erhöht“, sagt Fabian Mayer. Alleine 2017 hätten sich in Kirchheim 105 Unfälle mit Radlern ereignet. 95 von ihnen trugen leichte bis schwere Verletzungen davon.

Um Kollisionen zu vermeiden, sollten Autofahrer Rücksicht zeigen und die gängigen Sicherheitsmaßnahmen nicht vergessen: Beim Abbiegen den Schulterblick machen, stets schauen, ob nicht ein Radler oder ein Fußgänger unvorhergesehen kommt. Sollte es krachen, kann es teuer werden.

Sicherer dank Training

Ein Fahrsicherheitstraining ist eine Möglichkeit, mangelnde Erfahrung auszugleichen. Der ADAC bietet für Fahrer im Alter von 17 bis 25 Jahren speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Kurse an. Auf dem Programm stehen Vollbremsung, schnelles Ausweichen auf nasser Fahrbahn und richtiges Gegenlenken sowie das Befahren von engen Kurven.

Im Training wird auch darauf eingegangen, was die Konzentration mindert und wie sich der Fahrer bei Ablenkung durch Mitfahrer durchsetzt. Verdeutlicht wird zudem der Einfluss von lauter Musik, der Umgang mit Mobiltelefonen und was bei schlechten Wetterverhältnissen zu beachten ist. So lernen die Teilnehmer, wo die Grenzen des Fahrzeugs und ihrer eigenen Fähigkeiten liegen. Weitere Infos gibt‘s unter www.adac.de. dh