Kirchheim

Käfer sorgen für kahle Flächen

Natur Zuerst kam ein verheerender Gewittersturm, dann der Borkenkäfer. Wegen des heißen, trockenen Sommers konnten sich die Fichten nicht gegen die Schädlinge wehren, deshalb wurden sie abgeholzt. Von Iris Häfner

Die Kirchheimer Revierförsterin Carla Hohberger mit ihrer jungen Brandlbracke Mila in einem abgeholzten Fichtenbestand. Fotos: M
Die Kirchheimer Revierförsterin Carla Hohberger mit ihrer jungen Brandlbracke Mila in einem abgeholzten Fichtenbestand. Fotos: Markus Brändli

Nein, weder der Revierförsterin noch den Waldarbeitern macht es Spaß, Käferholz zu machen und damit die Bäume vor der Erntezeit abzusägen. Aber was sein muss, muss einfach sein, um wenigstens den weiteren Befall von Fichten in Grenzen halten zu können. „Was hier gerade im Talwald passiert, hat mit normaler Forstwirtschaft nichts zu tun“, stellt Försterin Carla Hohberger klar.
Verständnislose Blicke kennt sie schon. Auch Anfragen gab es, weshalb so sinnlos im Wald gewirtschaftet wird. „Das hier sieht selbst für uns schlimm aus. Da blutet auch uns das Herz“, sagt die Revierleiterin, als sie in Richtung der Kahlfläche geht, in der noch einzelne Fichten in den tristen Himmel ragen. Zwei Faktoren haben die Bäume zur leichten Beute für den Borkenkäfer gemacht. Die Misere begann im Juni, als ein schwerer Gewittersturm punktuell Löcher in die Bestände riss. In Kombination mit dem heißen, trockenen Sommer sind dadurch ideale Bedingungen für die Käfer entstanden, die auch unter dem Namen Buchdrucker bekannt sind. Wenn sich die Larven dieser Art durchs Holz nagen, entstehen dabei Gänge, die an Drucklettern und damit an das Handwerk des Buchdruckers erinnern. „Die gestressten Fichten senden einen Duft aus, den die Käfer riechen. Je schwächer ein Bestand ist, desto attraktiver riechen sie für die Insekten – und die Käfer sind massiv gekommen“, musste die Försterin feststellen. Durch ihren Befall schwächen die Tiere zum einen den Baum in seiner Vitalität, zum andern bedeutet es eine Qualitätsminderung des Holzes.
„Sind die Bäume durch äußere Umstände wie extreme Trockenheit und starke Sonneneinstrahlung geschwächt, können sie sich gegen den Borkenkäfer nicht mehr wehren“, erklärt die Försterin. Im Umkehrschluss heißt das: Die Käfer fanden ideale Bedingungen vor. Wäre dem Sturm ein feuchter und kühler Sommer gefolgt, hätten die Fichten genügend Harz produzieren können. Das wiederum hätte zur Folge gehabt, dass die Käferbrut verpilzt wäre und damit tot. Doch dieser Schutzmechanismus der Fichten kam mangels Wasser nicht in Schwung.

Wald, Bäume, Forst, Borkenkäfer, Sturmschäden
Wald, Bäume, Forst, Borkenkäfer, Sturmschäden


„Ein Tag macht alles kaputt“, sagt Carla Hohberger bezüglich des heftigen Gewitters. Wie sie, ist auch Waldarbeiter Siegfried Rau deprimiert. Gemeinsam mit seinem Vater hat er vor zig Jahren die kleinen Bäumchen gepflanzt und sie regelmäßig gehegt und gepflegt. Jetzt musste er vorzeitig zur Motorsäge greifen, um die weitere Verbreitung der Schädlinge zu verhindern. Große Polter sind neben den Kahlflächen sichtbare Zeichen dieser Aktivitäten. Damit die Käfer ihre wertmindernde Fortpflanzung nicht fortsetzen können, liegt das Holz entrindet neben den Forstwegen – und wird es wohl auch noch ein Weilchen bleiben, denn der Markt ist wegen der vielen Stürme im Land gesättigt. Insgesamt sind durch Sturm- und Käferschäden rund 1 000 Festmeter Holz im Talwald angefallen.
Nichtsdestotrotz blickt die Revierleiterin in die Zukunft. „Die Aufforstung können wir nicht auf einmal stemmen“, will sie keine falschen Hoffnungen wecken. Herbst und Frühjahr sind die Pflanzzeiten. Für den Herbst ist es zu spät, denn die Arbeitskapazität ist mit Holzeinschlag verplant. Sollte der Winter den Grundwasserspiegel nicht genügend auffüllen, sieht Carla Hohberger auch für den kommenden Frühling schwarz. Im Herbst 2019 würde dann der erste Schwung Bäumchen gepflanzt. Je nach Baumart sind es etwa zwischen 3 000 und 3 300 Stück je Hektar. „Ein paar Teile Fichte sind mit dabei, denn sie gehört zu Kirchheim“, sagt die Försterin. Weil der Laubholzanteil in der Teckstadt traditionell hoch ist, will sie die Fläche wieder mit Nadelholz aufforsten, um weiterhin einen Mischwald zu haben. Dabei setzt sie auf die heimische Weißtanne, die mit den schweren Böden ebenso zurechtkommt wie mit dem Klimawandel. Die schnell wachsende Douglasie aus den Rocky Mountains und dem westlichen Nordamerika ist aus einem einfachen Grund nicht ihr Favorit: „Sie ist hier nicht heimisch.“


Wald, Bäume, Forst, Borkenkäfer, Sturmschäden
Symbolbild

Wenn im Sommer die Blätter fallen

Wald, Bäume, Forst, vertrocknetes Laub durch heißen Sommer

Ja ist denn schon Herbst im Hochsommer, hat sich heuer so mancher Waldspaziergänger Anfang August gefragt, als er über frisch gefallene braune Blätter marschierte. „Es gibt in der Tat einen frühen Herbst. Das hat mit der Trockenheit zu tun. Dazu haben wir dieses Jahr noch eine Vollmast bei vielen Baumarten“, erklärt Carla Hohberger. Das heißt, nicht nur die Obstbäume auf den Wiesen hängen voll mit Früchten, sondern auch Buchen, Eichen und Co. Etwa alle sieben Jahre ist dieses Phänomen bei den Waldbäumen zu beobachten. „Der Baum kann entscheiden, ob aus einer Knospe eine Blüte oder ein Blatt wird. Wenn er sich für viele Blüten entscheidet, gibt es weniger Blätter. Extrem ist mir das dieses Jahr bei den Linden aufgefallen“, sagt die Försterin.

Sorgen bereitet ihr jedoch eine weitere Beobachtung: „Die Eichen lassen grüne, also unreife Eicheln fallen - und lassen dadurch im wahrsten Sinn des Wortes ihre Nachkommen fallen.“ Teilweise seien die Früchte total vertrocknet. Das zeigt, dass selbst die tief wurzelnde Eiche nicht mehr ausreichend an Wasser gelangt.

Weniger Blätter bedeutet auch weniger Beschattung der Bäume und in dessen Folge mehr Sonnenbrand auf den Stämmen. Deshalb ist die Försterin auch über die vermehrten Astbrüche nicht verwundert. Hängen die Äste voll mit Früchten und der Wassernachschub fehlt, reicht ein Klacks oder eine Böe, um den Zweig abbrechen zu lassen.

„Wenn zu wenig Wasser vorhanden ist, haben alle weniger, denn die Bäume teilen es sich“, erklärt Carla Hohberger. ih