Kirchheim

Keine Angst, zu handeln

Lebensrettung Kinder experimentieren gerne und halten täglich Überraschungen bereit. Ein Kurs in Erster Hilfe hilft Eltern, Unfälle zu vermeiden und im Notfall richtig zu reagieren. Von Daniela Haußmann

Erste Hilfe ist kein Hexenwerk: Jeder kann in Kindernotfällen Hilfe leisten und Leben retten. Kurse dafür bietet das DRK im Lenn
Erste Hilfe ist kein Hexenwerk: Jeder kann in Kindernotfällen Hilfe leisten und Leben retten. Kurse dafür bietet das DRK im Lenninger Tal an. Foto: Daniela Haußmann

Verschluckte Gegenstände, Stürze, Verbrennungen oder Vergiftungen – die Liste der Gefahren für Kinder ist lang. Auch wenn die Kleinen nicht in Watte gepackt werden können, lässt sich doch manche böse Überraschung vermeiden. Das gilt laut Hans-Jürgen Jung gerade für Arzneimittel und Giftstoffe. Ob die Herztabletten des Großvaters, die Pille der Mutter oder das Substrat für Pflanzen – all diese Dinge müssen laut dem Leiter der DRK-Bereitschaft Lenninger Tal für Kinder unerreichbar sein. Selbstredend, mag mancher denken, doch die Realität sieht oft anders aus.

Ein Beispiel: Die eigenen Kinder sind erwachsen, die frischgebackenen Großeltern hatten lange keine Kinder mehr bei sich, die durchs Haus getollt sind. „Manche Dinge, die früher selbstverständlich erscheinen, müssen erst wieder ins Bewusstsein gerückt werden“, sagt Hans-Jürgen Jung. Nicht nur Eltern sollten ihm zufolge ihren Haushalt kindersicher machen, sondern auch Oma, Opa, Onkel, Tante und Co. „Nicht selten werden giftige oder ätzende Flüssigkeiten wie Benzin oder Verdünnungsmittel in Flaschen aufbewahrt, auf denen vielleicht Früchte abgebildet sind.“ So was animiert Kinder, den Inhalt zu trinken. Eine gefährlicher Fehler.

„Hat das Kind ätzende Substanzen zu sich genommen, darf es nicht zum Erbrechen gebracht werden.“ Nur so lässt sich laut Jung vermeiden, dass der Stoff in die Lunge gerät und Schaden anrichtet. Stattdessen soll man ihm Wasser geben und den Notruf 112 wählen. Wichtig ist, dass Erwachsene Ruhe bewahren und besonnen reagieren. Das gilt auch in punkto Pseudokrupp. „Viele Eltern haben Angst, dass das Kind erstickt“, berichtet Anita Dropulic. „Der kleine Patient muss beruhigt werden, das löst Verkrampfungen und senkt den Atemwiderstand.“ Ein offenes Fenster, die kalte Luft des Kühlschranks oder Gefrierfachs sorgen dafür, dass die Schleimhäute im Bereich von Stimmbändern und Kehlkopf wieder abschwellen, wie die Ausbilderin der DRK-Bereitschaft Lenninger Tal betont. Sie warnt davor, bei Pseudokrupp ins Bad zu rennen und mit dem Wasserhahn feuchte Luft oder gar einen warmen Wasserdampf zu erzeugen. Das sei kontraproduktiv.

Doch was tun, wenn Atmung und Kreislauf bei Säugling oder Kind stillstehen? Viele Erwachsene wollen Maßnahmen ergreifen. Gleichzeitig sind manche Helfer verunsichert. „Sie haben Angst, etwas falsch zu machen, und befürchten deshalb, dem Kind mehr zu schaden als zu helfen“, berichtet Dropulic .„Man kann die Situation nicht verschlechtern, sondern nur verbessern.“ Das Gehirn kommt nur drei bis fünf Minuten ohne Sauerstoff aus. Die Reanimation muss daher so schnell wie möglich erfolgen. „Durch Beatmung und Herzmassage lässt sich ein Kreislauf lange Zeit am Laufen halten“, erklärt Dropulic. „Viele hören mit dem Reanimieren auf, sobald sie den Notruf gerufen haben. Doch solange sich am Zustand des Betroffenen nichts ändert, müssen Helfer die Wiederbelebung fortführen, bis der Rettungsdienst kommt.“

Laut Hans-Jürgen Jung muss niemand Sorge tragen, dass er dem Kind mit einer Herzdruckmassage die Rippen bricht. „Die Knorpelschicht zwischen Brustbein und Rippe ist bei Säuglingen und Kindern noch sehr elastisch“, sagt Jung. Ein Bruch sei äußerst unwahrscheinlich. Die Blockade Angst im Kopf zu überwinden, kann Leben retten. Ruhig bleiben, besonnen reagieren – das fällt schwer, wenn das eigene Kind betroffen ist. Aus diesem Grund sollten sich Eltern unbedingt das nötige Wissen aneignen.

Info Wo liegen Gefahrenquellen im Haushalt und wie lassen sie sich beseitigen? Auf diese und andere Fragen gibt der eintägige Kurs „Erste Hilfe am Kind“ Antworten. Der nächste Kurs findet am 10. Dezember ab 8 Uhr bei der DRK-Bereitschaft Lenninger Tal statt. Weitere Termine sind der 4. März und der 29. April 2017. Die Anmeldung erfolgt online. Das Angebot richtet sich an Schwangere, Eltern, Verwandte, Lehrer und alle, die regelmäßig mit Kindern zu tun haben. Für Gruppen ab 12 bis maximal 20 Personen können auch individuelle Termine vereinbart werden.