Beides zusammen geht nicht: Die Sternsinger müssen sich diesen Winter mit dem ersten Bestandteil ihres Namens begnügen. Den Stern dürfen sie durch die verschneiten Straßen tragen. Singen dagegen ist verboten - zu gefährlich in Zeiten der Corona-Pandemie. Auch die direkte Begegnung mit den Menschen wäre zu riskant. Sie muss unter allen Umständen vermieden werden. Wie aber funktioniert kontaktloses Sternsingen, noch dazu ohne Gesang?
„Die Kinder laufen als Sternsinger mit ihren Gewändern und werfen Zettel in die Briefkästen“, erklärt Winfried Hierlemann, Pfarrer der Kirchengemeinde Maria Königin, auf Anfrage. „Es ist toll, was die Kinder da auf die Beine stellen.“ Dass die Sternsinger nur in ganz kleinen Gruppen unterwegs sein können - am besten sind Geschwister dran, ansonsten dürfen es eben nur Kinder aus maximal zwei Haushalten sein -, ist für Winfried Hierlemann eine Frage der Vernunft: „Die Gesundheit geht in diesem Fall vor.“
Das galt auch für die zentrale Aussendungsfeier. Normalerweise geht sie kurz nach den Weihnachtsfeiertagen über die Bühne, die speziell zu diesem Zweck vor dem Kirchheimer Rathaus aufgebaut wird. „Wir wollten die Aussendung zunächst auf den Kirchheimer Marktplatz verlegen, weil es dort mehr Platz gibt, sodass sich der Mindestabstand besser einhalten lässt.“ Letztlich aber siegte auch hier die Vernunft über die langjährige Tradition, denn auch zur Aussendungsfeier gehört das gemeinsame Singen.
Anna Bernau koordiniert als Gemeindereferentin der katholischen Gesamtkirchengemeinde das Sternsingen in Sankt Ulrich und Maria Königin sowie in den dazugehörigen Filialgemeinden in Bissingen, Dettingen, Jesingen, Nabern, Notzingen, Schlierbach, Ohmden und Ötlingen. Auch sie bedauert die ausgefallene Aussendungsfeier, die zum Auftakt so viele Sternsinger an einem Ort zusammenführt wie sonst nie: „Wir hatten uns dafür extra ein Hygienekonzept überlegt und das auch mit dem Ordnungsamt besprochen. Und dann mussten wir leider alles in die Tonne kloppen.“
Trotzdem ist nicht wirklich „alles“ umsonst: Wenn auch die persönlichen Begegnungen untersagt sind, dürfen die Kinder wenigstens an die Briefkästen gehen. Für viele sind die Kästen zwar in kaum erreichbaren Höhen angebracht. Aber alle (Klein)-Gruppen haben ja eine erwachsene Begleitperson dabei, die im Zweifelsfall aushelfen kann. Wer von den Sternsingern besucht wurde, findet im Briefkasten ein Faltblatt mit Informationen zur Spendenaktion und mit Segenswünschen.
„Wichtig ist der Segen“
Als Beilage gibt es ein Spendentütchen, das bei den Pfarrämtern abgegeben werden kann. Es geht auch mit noch weniger Kontakt: Auf den Faltblättern ist die Kontonummer der Gesamtkirchengemeinde angegeben, ebenso der Betreff „Sternsingeraktion 2021“. Anna Bernau verweist aber darauf, dass die Spende kein Muss ist: „Wichtig ist der Segen, den wir den Menschen bringen wollen. Eine Spende im Gegenzug wäre schön, aber niemand soll sich dazu gezwungen fühlen.“
Der „Segen“ wiederum befindet sich schriftlich auf dem Grußblatt. Er ist aber auch Teil der Beilage: Die Aufkleber, die die Kinder schon seit einigen Jahren alternativ zum Kreidespruch über die Türen kleben, werden nun eben über die Briefkästen verteilt. Die Buchstaben „C + M + B“ stehen volkstümlich für „Caspar, Melchior und Balthasar“, kürzen aber eigentlich den lateinischen Segensspruch „Christus mansionem benedicat“ ab: „Der Herr segne dieses Haus“. Anna Bernau sagt dazu: „Gerade in der Coronazeit ist uns dieser Segen besonders wichtig.“
In Sankt Ulrich haben die Sternsinger sogar ein eigenes Corona-Gedicht auf ihre Faltblätter gedruckt, denn gereimte Sprüche gehören seit jeher zum Repertoire der frommen Weihnachts- und Neujahrsbotschafter: „Wir wären gerne wie jedes Jahr bei euch mit dem Segen gewesen. Nun seht ihr und hört ihr uns leider nicht. Dafür könnt ihr von uns was lesen: Der Segen kommt diesmal auf ganz neuem Weg, und doch bleibt er bei euch dies Jahr. Wir wünschen ein gutes, gesundes und keins, das ist, wie das vorige war. So helft uns zu helfen den Kindern der Welt; nie war das so wichtig wie heut‘! Bleibt in Gottes Liebe und in Seiner Hut! Bis nächstes Jahr, Ihr lieben Leut!“