Kirchheim
Kirchheim bekommt seinen eigenen Soundtrack

Kulturregion Für ihre Klanginstallation hat die Künstlerin Michaela Melián Bewohner der Teckstadt eingebunden.

Kirchheim. Wie der legendäre „Rattenfänger" geht die Künstlerin Michaela Melián einer Gruppe von Menschen voraus. Der Kurator der Projektreihe „KulturRegion Stuttgart“, Julian Warner trägt dabei einen Stab, an dessen Spitze ein schneckenartiger Schalltrichter eine wunderliche, halblaute Chillout-Musik in den Stadtraum erklingen lässt.

Der Schalltrichter bezieht sich auf einen der ältesten Ammoniten, der in der Nähe von Kirchheim auf der Schwäbischen Alb gefunden wurde. Meliáns Zeichnung dieser versteinerten Schnecke wurde gescannt, digital zerlegt und in die Länge gezogen. Anschließend wurden die Teile als 3D-Print ausgedruckt und zu einer neuen Form zusammengesetzt, die an ein Horn erinnert. Die südamerikanisch anmutenden Rhythmen, die aus ihm ertönen, sorgen trotz des kühlen Herbstwetters für eine fröhliche Stimmung bei dieser Klang-Prozession durch die Kirchheimer Innenstadt.

Die Musik dieses "Teck-Tracks" wurde von Michaela Melián speziell für Kirchheim produziert. Die Künstlerin studierte Cello an der Hochschule für Musik in München und London und war Bassistin und Sängerin der Kultband F.S.K., die zu Beginn der 1980er Jahre in der neuen deutschen Welle, aber auch als deren Vertreterin in England und den USA erfolgreich war. Melián lehrt heute als Professorin an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg, lebt aber auch in München.

Ihre Klanginstallation für Kirchheim ist im Rahmen des Festivals „ÜBER:MORGEN“ der Kulturregion Stuttgart entstanden. „Auf die Idee für den TeckTrack kam ich, als ich erfuhr, dass ein Sohn der Familie Kaim, die Inhaber der Kirchheimer Klavierfirma Kaim waren, der eigentliche Gründer der Münchner Philharmoniker ist. Und da ich ja in München wohne, fand ich das eine wunderschöne Verbindung. Und da war klar, ich versuche einen Track zu machen, wo alle, die in Kirchheim wohnen, ein Lieblingslied haben oder selbst Musik machen, Teil davon sein können", erklärt die Künstlerin bei der Eröffnungsaktion am Samstag, die als Klang-Prozession vom Rathaus zu den beiden weiteren Stationen auf den Club Bastion und in den Bürgerpark führt.

Viele Lieblingsstücke vereint

Das Stück besteht aus Kompositionen Franz Kaims, die als handgeschriebene Noten im Stadtarchiv liegen. Auch „The Entertainer" auf einem Klavierautomaten der Kirchheimer Firma Kaim wurde für das Projekt noch einmal eingespielt. Ebenso ist das „Katzenklo" des Musikkomikers Helge Schneider verarbeitet, der vom Verkäufer eines Kirchheimer Imbissstandes gewünscht wurde. Zu hören sind Fragmente eines Stücks des Kirchheimer Blasorchesters, ebenso wie Michaela Meliáns Aufnahme einer Blaskapelle, die in den Straßen von Kirchheim einen Marsch spielte. Hinzu kommen außerdem die Lieblingsstücke von bis zu sechzig Kirchheimerinnen und Kirchheimern, die die Kunstbeiräte der Städtischen Galerie Steffen Schlichter und Stef Stagl gesammelt haben. „TeckTrack" ist also ein partizipatives Projekt, bei dem allerdings diejenigen, die etwas beigetragen haben, ihren Anteil nicht wieder erkennen werden: alle Elemente wurden so miteinander amalgamiert, dass eine eigenständige Musik entstehen konnte. „Das ist vielleicht die Idee von ,Über:Morgen’, sich gut aufeinander einzuspielen und zusammen zu arbeiten", erklärt die Künstlerin.  Kai Bauer

Info: Der „TeckTrack“ ist im Bürgerpark, neben der Städtischen Galerie und auf dem Dach des Clubs Bastion bis zum 16. Oktober zu hören. Link: www.staedtische-galerie-kirchheim-teck.de/