Größere Zusammenhänge statt kleinlicher Pfennigfuchserei: Üblicherweise wird in den Kirch- heimer Gemeinderatsausschüssen Anfang Dezember um einzelne Euro-Beträge gefeilscht. Im Ausschuss für Bildung, Soziales und Bürgerdienste (BSB) war das jetzt ganz anders. Im Vordergrund standen weniger die Auswirkungen der Fraktionsanträge auf die Haushaltszahlen, sondern mehr die grundsätzlichen Fragestellungen. Ein ganz großes Thema seit Jahren ist die Jugendbeteiligung. Hier hatten die Grünen den Antrag gestellt, in Kirchheim einen „8er-Rat“ einzuführen.
Der 8er-Rat hat nichts mit einem närrischen Elferrat zu tun. Die Schreibweise verrät bereits, dass es sich bei der „8“ nicht um die Zahl der Mitglieder handelt. Vielmehr geht es um „8er“, also um Achtklässler. Nach dem Vorbild einiger anderer Städte sollen also auch in Kirchheim „mehrmals im Jahr“ alle Achtklässler gemeinsam eingeladen werden, „um sich über laufende, für Jugendliche interessante Projekte zu informieren und darüber zu diskutieren“.
Mit dabei sind außer den Jugendlichen auch die Stadtverwaltung, der Gemeinderat und die Organisation „Be Part“. Musterbeispiel für die gelungene Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Kirchheim ist derzeit der Bike-Park am Schlossgymnasium. Viele junge Biker waren mit großem Interesse und großer Begeisterung dabei, ihren „Sportplatz“ gemeinsam umzugestalten - in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und mit „Be part“.
Diese Begeisterung soll nun möglichst auch auf andere Projekte übertragen werden, und dazu soll vor allem auch der 8er-Rat dienen. Die Stadtverwaltung sieht allerdings die Gefahr von Parallelstrukturen, wenn mit „Be Part“ bereits eine geeignete Form der Jugendbeteiligung existiert.
Stadträtin Lena Weithofer (Grüne) kann diese Bedenken nicht verstehen. Sie macht sich stark dafür, dass alle Achtklässler zusammenkommen können, um - über Schulartengrenzen hinweg - in Kleingruppen über genau die Themen diskutieren zu können, die jeden einzelnen am meisten bewegen.
Ralf Gerber (Freie Wähler) zeigt sich dagegen „völlig desillusioniert“ von solchen Veranstaltungen. Er schlägt stattdessen vor: „Politische Bildung gehört zwingend in den Schulen verankert.“ Wilfried Veeser (CDU) haut in dieselbe Kerbe: „Gerne unterstützen wir das, wenn es aus den Schulen kommt, als Pflichtunterricht.“
Auch Tonja Brinks (SPD) sieht eine gewisse Gefahr im Format eines 8er-Rats: „Wenn das nur deshalb gemacht wird, weil der Gemeinderat es will, dann bringt das nichts.“ Trotzdem hält sie die Idee prinzipiell für sehr gut - „weil in Kirchheim eine Kultur der Jugendbeteiligung über einen Jugendrat fehlt“. Statt Achtklässlern würde sie allerdings lieber die Siebtklässler einladen, um sie über jugendspezifische Themen der Kommunalpolitik diskutieren zu lassen.
Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker berichtete von einem anderen - ebenfalls prinzipell guten - Format und mangelndem Interesse: „Bei ,Schule trifft Rathaus‘ sind Schulklassen vier Stunden lang ins Rathaus eingeladen. Es gibt aber nur eine einzige Schule, die das Angebot bisher wahrgenommen hat.“
Trotz allem aber will der Ausschuss den 8er-Rat einführen.