Kirchheim
Kirchheimer Cosplayerin entflieht mit Kostümen dem Alltag

Freizeit Bunte Gestalten vor, während und nach Fasching: Cosplay erobert den Mainstream langsam aber sicher. Auch Kirchheim ist schon mittendrin. Von Elise Czaja

Ist denn heute wieder Fasching?“ Ein Satz, den sicher viele Cosplayer schon gehört haben. So manch einer fragt sich nun, was denn das wieder sei. Cosplay, ein Anglizismus, der sich aus den Worten „Costume“ und „Roleplay“ zusammensetzt, ging zwar schon in die hiesige Popkultur über, verursacht aber noch immer Fragezeichen in den Köpfen.

 

Mach dein Ding. Lass es dir nicht schlecht reden.
Jasmin
Cosplayerin

 

Bei den kurios angezogenen Gestalten, die man in Bus, Bahn und zwischen Tür und Angel erwischt, müssen viele dann doch mal nachfragen: Fasching – oder doch was anderes? Der Trend kommt ursprünglich aus Japan, nahm aber im Westen schon beachtliche Größe an. Der Kick ist ganz einfach: Man schlüpft in seine fiktive Lieblingsfigur mit allem, was dazu gehört. Für einige Stunden kann man jemand anderes sein – und kehrt danach umso lieber in die bequemen Jeans des Alltags zurück. Dazu treffen sich Gleichgesinnte mehrmals im Jahr auf Messen und Veranstaltungen, wie zur „ComicCon“ in Stuttgart. Die Kostüme, oft selbst gemacht, haben sich auch hierzulande inzwischen zu einer Kunst erhoben und finden immer mehr Fans. Seit 2007 kürt die Deutsche Cosplay-Meisterschaft ihre Gewinner. Es geht aber noch größer: Die Europäischen Meisterschaften folgen dem deutschen Wettbewerb und am Ende winkt die Weltmeisterschaft in Japan. 2021 konnte das deutsche Team mit Kostümen aus Final Fantasy VII in Japan abräumen und den Sieg nach Hause holen. Auch dieses Mal ist Deutschland wieder dabei.

Auch im Ländle ist Cosplay schon längst eingekehrt. Die Kirchheimerin Jasmin ist seit über zehn Jahren mit Begeisterung dabei. Serien, die sie in der Kindheit gesehen hat, inspirierten sie damals, ihre ersten, eigenen Cosplays anzufertigen. „Es begann tatsächlich alles an Fasching“, lacht sie. Zu Fasching ging sie in einem Outfit, das einem Charakter aus der japanischen Serie „Detektiv Conan“ nachempfunden war – im Grunde genommen, ein erstes Cosplay. Das war ihr damals aber noch nicht klar. Erst als eine Freundin sie dann zum örtlichen Cosplay-Treff mitgenommen hat, ist ihr ein Licht aufgegangen. 2012 hat sie angefangen, ihre eigenen Kostüme anzufertigen, denn Cosplay lässt viel Raum für Kreativität und Freiheit. Nähen, basteln, 3D-Druck und viele andere Fertigkeiten lassen sich bestens einbringen.

Der Kreativität freien Lauf lassen

Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt und die Interpretationen vielfältig. „Ich bin sehr stolz auf meine Kostüme, wenn sie fertig sind“, sagt Jasmin. Denn von Schuhen, zu Kleidung, Make-up, bis hin zu oft extravaganten Frisuren und Accessoires wird alles selbst gemacht. Zwei linke Hände sind allerdings keine Ausrede mehr: Inzwischen gibt es online viele Anlaufstellen für Anleitungen oder Shops. Das Gefühl, das man bekommt, wenn man ein langes Projekt zu Ende führt, ist allerdings nicht käuflich, findet Jasmin. Neben neuen Fertigkeiten und neuen Freunden öffnet Cosplay aber auch andere Türen. Eine Zeit lang war Jasmin Teil einer Tanzgruppe, die gemeinsam Tänze aus Animes einstudiert hat. Bevor Corona der Gruppe ein Ende setzte, waren die Mädels ein begehrter Showact auf Veranstaltungen gewesen. Das Hobby hat Jasmin aber nicht ganz aufgegeben. „Als Kind habe ich tanzen gehasst, durch Cosplay und Anime kam ich aber doch auf den Geschmack“, meint sie grinsend. Für Neulinge in der Szene hat sie vor allem einen Rat: „Mach dein Ding. Lass es dir nicht schlecht reden.“

Natürlich ist nicht alles rosarot in der Cosplay-Community. Die Kostümierten stoßen reihenweise auf Unverständnis und anderes Übel. „Leben und leben lassen“ ist ein Motto, das vielen noch fremder ist als Cosplay selbst. Besonders ärgerlich sind Schaulustige, die auffällig das Handy zücken. „Ich glaube, die meisten wissen gar nicht, dass wir gerne posieren, wenn man uns darum bittet“, erklärt Jasmin. Sie versteht die Neugierde an den bunten Gestalten, bedauert aber das Verhalten vieler. Am Ende wollen Cosplayer nur schöne Bilder von ihren Kostümen haben – und ein paar Stunden den Sorgen des Alltags entkommen.