Kirchheim
Kirchheimer Hochzeitssängerin spendet Knochenmark

Medizin Vanessa Schnizler hat sich entschieden, einem unbekannten Menschen zu helfen. Nun will sie andere zum Spenden ermuntern. Von Sabine Ackermann

Die Vorurteile gebe es auf jeden Fall, bestätigt eine junge Frau in dem Video der DKMS. „Ich höre immer wieder von Leuten, die sagen, ach ja, da wird was aus dem Rückenmark entnommen. Das ist einfach falsch.“ Nicht belehrend, sondern aufklärend, verbessert Vanessa Schnizler dann die Menschen. Wer, wenn nicht sie, muss es wissen: Die Angestellte im öffentlichen Dienst, die sich parallel dazu „aus ihrem größten Hobby“ ein zweites Standbein als Hochzeitssängerin aufbaut, hat mit ihrer Knochenmarkspende ein junges Leben gerettet. Als Kind hatte sie ihre Eltern bei einer Typisierungsaktion begleitet und fand es damals schon toll, wie viele Menschen sich bei der DKMS registrieren ließen. 2014 wurde sie wieder auf die gemeinnützige Organisation aufmerksam und bestellte online ein Registrierungsset. Kurz bevor sich die gemeinnützige Organisation bei der 27-Jährigen aus Kirchheim meldete, durchlebte sie mit ihrer Freundin Aline, die einer 60-jährigen Frau aus Kalifornien ihr Knochenmark spendete, eine sehr emotionale Zeit. „Für mich war immer klar, wenn ich die Chance bekomme, einem Menschen zu helfen, werde ich nicht zögern, das zu tun.“

 

„Mein genetischer Zwilling ist ein Junge aus Großbritannien im Schulkindalter.
Vanessa Schnizler

 

Nach der Beantwortung unzähliger Fragen und einer gründlichen Untersuchung, war es schließlich im Februar 2020 soweit. Ängstlich war sie deswegen nicht, auch weil ihre Freundin Aline diese Art der Spende schon hinter sich hatte und vom Ablauf erzählen konnte. „Zwei Ärzte haben mir unter Vollnarkose mit Punktionsnadeln das Knochenmark-Blutgemisch aus dem Beckenkamm in Nähe des Steißbeins entnommen“, berichtet die Sängerin und ergänzt: „Die ersten paar Stunden musste ich auf dem Rücken auf einem flachen Sandsack liegen, damit Druck aufgebaut wird.“ Nicht schmerzhaft, eher etwas unangenehm, beschreibt sie die kleine OP, die in etwa zwanzig Prozent der Fälle angewendet wird. „Ich war von vornerein eigentlich total entspannt, erst im Narkoseraum kam ein bisschen Aufregung hinzu“, sagt Vanessa Schnizler, die sich in der Uni-Klinik Tübingen gut aufgehoben und versorgt fühlte.

„Der Tag meiner OP war auf jeden Fall das emotionalste Ereignis für mich im ganzen Prozess“, zieht die Kirchheimerin Resümee. Aufgrund des Blutverlustes von 900 Millilitern noch etwas schwach, blieb sie zur Sicherheit zwei Nächte in der Klinik. „Anfangs durfte ich erst mal nichts trinken und essen, habe dafür aber eine Infusion bekommen.“ Für einige Tage nach der OP wurde sie freigestellt, die DKMS bezahlt diesen Ausfall beim Arbeitgeber.

Kontakt nach zwei Jahren

In der Regel kann man nach einer gewissen Frist bei der DKMS Informationen zum Genesungsverlauf des Empfängers erfragen, doch die Spenderin hat bislang nichts gehört. „Ich erfuhr nur, dass mein genetischer Zwilling ein Junge aus Großbritannien im Schulkindalter ist, mehr nicht.“ Sie würde sich aber „riesig über einen persönlichen Kontakt freuen“. Dieser ist in Deutschland erst zwei Jahre nach der Spende möglich, bereits davor sollte ein anonymer Briefwechsel stattgefunden haben. Allerdings wird der Inhalt von der DKMS geprüft und gegebenenfalls geschwärzt. „Man darf gewisse persönliche Dinge nicht schreiben und auch keine Erwartungshaltung an den Empfänger haben“, klärt die 27-jährige Sängerin auf.

Das Singen begleitet sie schon ihr ganzes Leben. Mit ihrem Vater hat sie vor einigen Jahren zusammen auf Hochzeiten im familiären Umkreis gesungen. Die Resonanz war äußerst positiv: „Du bist ein Rohdiamant, mach da mehr daraus“, motivierten sie Familie und Freunde. Vanessa Schnizler kam schließlich zu dem Entschluss, sich als Hochzeitssängerin nebenher selbstständig zu machen. „Als bekennende Romantikerin bin ich in solchen Momenten wie bei einer Hochzeit so richtig drin“, bekräftigt die Kirchheimerin.

In diesem Zuge hat sie vor einiger Zeit entschieden, dass von jeder Buchung als aktive Hochzeitssängerin 35 Euro direkt an die DKMS überwiesen werden. „Das sind die Kosten, die bei einer Registrierung und Übernahme in die dortige Datenbank entstehen.“ Doch Vanessa Schnizler liegt nicht nur die Unterstützung der auf Spenden angewiesenen DKMS am Herzen: „Ich möchte damit auch die Menschen, Brautpaare wie Hochzeitsgäste, darauf aufmerksam machen, dass eine Typisierung keine große Sache ist. In erster Linie geht es darum, Menschenleben zu retten.“

Infos gibt es im Zentralen Knochenmarkspender-Register Deutschland unter der Telefonnummer 07 31/1 50 70 00 oder auf der Website.